Zustimmung zur Staatsbeteiligung
Wie Paulson den Bankern die Pistole aufsetzte
Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen: Um die US-Wirtschaft im Zuge der Finanzkrise vor noch dramatischeren Folgen zu bewahren, zitierte Finanzminister Hank Paulson nicht nur die Chefs der neun größten Banken des Landes ohne weitere Informationen zu sich, er ließ den Top-Bankern auch nur drei Stunden Zeit, um die Staatsbeteiligung abzusegnen. Das Protokoll eines denkwürdigen Krisentreffens.
wsj/hus WASHINGTON. Auf einer Seite des Tisches sitzt Finanzminister Henry Paulson, neben ihm Notenbankchef Ben Bernanke und die Chefin der US-Einlagensicherung Sheila Blair. Gegenüber die Topbanker der Nation, eingeflogen aus allen Teilen des Landes, aufgereicht nach Alphabet – beginnend mit Bank of America, am Ende Wells Fargo.
Es ist Montag nachmittag, drei Uhr, im Gebäude der Finanzministeriums. Paulson und Bernanke hatten zu einem der wichtigsten Bankertreffen in der US-amerikanischen Geschichte gerufen. Eine Stunde lang hören die neun Vorstandschefs bei Kaffee und Mineralwasser den beiden Männer zu; hören, wie sie ein düsteres Bild der US-Wirtschaft zeichnen und die Entwicklung der Finanzkrise beschreiben. Gegen Ende des Treffens bekommt jeder Banker ein Vertrags-Formular in die Hand, dort steht im Detail, in welcher Höhe die Regierung sich mit der vorgesehenen Gesamtsumme von 125 Mrd. Dollar in jeder einzelnen Bank einkaufen will, wie die Institute ihre Managegehälter deckeln müssten und welche Dividende der Staat als Eigentümer erwartet.
Das Verhandlungsgeschick der Teilnehmer – unter ihnen die besten Investmentbanker der Nation – ist diesmal nicht gefragt. Paulson verlangt, dass jeder ohne Widerrede unterschreibt. Es sei für ihr eigenes Wohl und das der Nation. So schildert es später ein Augenzeuge.
Der heftigste Einwurf kommt vom Vorstandschef von Wells Fargo, Richard Kovacevic. Warum sei das überhaupt nötig, fragt er. Morgan-Stanley-Chef John Mack, dessen Bank die Spritze besonders nötig hat, unterzeichnet dagegen rasch. Kenneth Lewis, Bank of America, bringt zu Sprache, was allen ohnehin klar ist: alle würden hier unterschreiben. „Sollte hier jemand keine gesunde Angst vor dem Unbekannten haben, dann hat er nicht aufgepasst“, sagt Lewis.
Zuvor hatten die obersten Aufseher ihr Wochenende mit dem Entwurf des Plans verbracht. Er sollte endlich wieder Vertrauen in die Banken herstellen. Auslöser war der neue Absturz der Märkte, außerdem hatten die ausländischen Regierungen es schon vorgemacht. Mehrfache Treffen und Telefonkonferenzen am Samstag, am Sonntag großes Treffen hoher Regierungsbeamter, von morgens früh bis in den Abend, eine Sandwichkette liefert belegte Brote.
Immer wieder drehte sich alles um eine einzige Frage: Ist der Plan zu radikal? Es könnte Jahre dauern, bis die Regierungen sich wieder von den Banken gelöst haben. Es könnte sehr schwierig werden, den Schritt rückgängig zu machen.
Besonders knifflig: die Dividendenfrage. Ist die Gewinnausschüttung zu hoch, dann könnte das der Bank schaden, ist sie zu niedrig, würder Steuerzahler für sein Risiko nicht entsprechend belohnt. Außerdem: würde das Ganze nicht die Anleger noch mehr verschrecken? Sonntag nachmittag dann war in Paulsons Büro das Wichtigste festgezurrt. Es ist die radikale Kehrtwende für den früheren Investmentbanker Paulson. Noch wenige Wochen vorher hatte er direkte Kapitalspritzen des Staates als eine Bankrotterklärung für das US-System bezeichnet. Jetzt geht es nicht anders.
Wichtiger Teil des Plans: Die Banker würden wenig Zeit haben, ihn zu unterzeichnen. Nach dem Treffen um drei bleibt ihnen noch etwas Zeit bis zu einem zweiten Treffen um 18:30 Uhr, dann muss alles unter Dach und Fach sein. Keiner bekommt einen Informationsvorsprung. Auch John Mack von Morgan Stanley nicht. Als er Paulson nach dem Grund des Treffens fragt sagt der nur: „Komm her, jeder erfährt es zur gleichen Zeit, du wirst zufrieden sein.“
Um drei dann alle in Paulsons Büro. Mahagonistühle, antike Wandlampen und Kristallleuchter, dazu der Blick auf einen Innenhof.
Es scheint eine glückliche Wendung zu sein, dass Citigroup und Wells Fargo im Alphabet so weit auseinander liegen. Die beiden hatten sich noch bis letzte Woche bitter um die Wachovia Bank gestritten, am Ende hatte Wells Fargo gewonnen. Nun sitzen Citigroup-Chef Vikram Pandit und Kovacevich von Wells Fargo wenigsten nicht nebeneinander.
„Das Bankensystem braucht Geld, und jeder von Euch hätte einen Vorteil von frischem Kapital“, sagt Paulson. Dem zweifelnden Kovacevich sagt er, er könne versuchen auf eigene Faust an Kapital zu kommen. Sollte er scheitern, hätte er von der Regierung nicht mehr so viel zu erwarten wie heute.
Bernanke fügte hinzu, die Situation sei seit der Großen Depression nie mehr so ernst gewesen. Dann kommt der kühle Bescheid von New Yorks Notenbankchef Geithner: Der Staat würde sich mit 25 Mrd. Dollar an der Citigroup beteiligen, mit 10 Milliarden an Goldman Sachs... und so weiter.
Danach eine Salve von Fragen von den Bankenchefs. Wie würde die Übernahme ablaufen, welche Restriktionen würde der Staat auferlegen. Bernanke muss irgendwann für Ruhe sorgen. Jetzt sei nicht der Moment, um sich anzuschreien, die Märkte seien paralysiert und jeder im Raum sei davon bedroht. Außerdem würde die Regierung Vorzugsaktien kaufen, so würde der Wert der Stammaktien nicht verwässert. Die Dividende an den Staat betrage nur fünf Prozent. Um vier Uhr ist das Treffen beendet, um 6:30 Uhr sind alle Verträge unterschrieben.
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Der war nicht nett zu seinen früheren Kollegen. Verhunzt denen das Gehalt. Wird nie mehr ein Job in der Branche bekommen. Wenn Obama ihn aber übernimmt, wird er auf kurze Sicht jedoch Chef von allen sein und sie rausschmeißen können.
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