Ölpreis läßt Rentenmarkt kalt

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Ölpreis läßt Rentenmarkt kalt bammie

Ölpreis läßt Rentenmarkt kalt

 
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Inflation - Kolumne

von Dieter Wermuth

Anders als früher hat die jüngste Explosion der Ölpreise nur geringe negative Auswirkungen auf die allgemeine Inflation und damit auf die Bondrenditen. Die sind im Zehnjahresbereich inzwischen auf 3,2 Prozent gefallen.

In den OECD-Ländern lag die Inflationsrate zwölf Quartale nach der Ölkrise von 1973 um 40 Prozent über ihrem Ausgangswert, nach dem Schock Ende 1978 immerhin noch um 25 Prozent - diesmal sind es nur fünf Prozent, obwohl der Anstieg der Ölpreise mindestens so dramatisch war. Im Euroland beträgt die Kerninflationsrate, die ohne Energiekomponente berechnet wird, nur 1,4 Prozent. Es herrscht also Preisstabilität. Die gestiegenen Ölpreise haben noch keine Kettenreaktion ausgelöst. Ein Grund ist der Rückgang der Ölabhängigkeit: Seit Jahrzehnten nimmt das reale Sozialprodukt in den reichen Ländern Westeuropas stärker zu als der Ölverbrauch, weil zum einen der Anteil der energieintensiven Industrieproduktion an der Wertschöpfung zulasten der Dienstleistungen zurückgeht und zum anderen die Verbraucher angesichts der hohen Ölpreise sparsamer zu wirtschaften gelernt haben. Hinzu kommt, daß es der EZB gelungen ist, niedrige Inflationserwartungen fest zu verankern: Unternehmen und Gewerkschaften müssen jetzt damit rechnen, daß die monetären Zügel kräftig angezogen werden, sobald sie versuchen, den ölbedingten Verlust an Erträgen und Kaufkraft durch höhere Absatzpreise und Löhne wettzumachen, auch wenn es mit der Konjunktur nicht so gut stehen sollte. Erstaunlicherweise fluktuieren deshalb die langfristigen Inflationserwartungen, wie sie regelmäßig von der EZB ermittelt werden, seit Anfang 2002 unverändert in einem engen Band um zwei Prozent. Und das, obwohl die Rohölpreise seitdem auf Eurobasis um das 2,2fache gestiegen sind (auf Dollarbasis um das 3,2fache).

Die Inflationsaussichten haben sich auch deswegen nachhaltig verringert, weil der Wettbewerb auf den Gütermärkten immer schärfer geworden ist. Selbst die Märkte für Dienstleistungen sind zunehmend dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Das hat etwas mit den Aufwertungen des Euro von Anfang 2002 bis Dezember 2004 zu tun, langfristig aber vor allem mit der Öffnung der Märkte und der besseren Information darüber, welche Angebote es im Ausland gibt - Stichwort Internet. Es handelt sich um ein weltweites Phänomen. Der Anteil der Einfuhren am Sozialprodukt ist für die Wirtschaft von Euroland seit der ersten Ölkrise vor 30 Jahren von zehn auf über 20 Prozent geklettert, und der Anteil der Sektoren, die direkt oder indirekt mit dem Ausland konkurrieren, macht mehr als die Hälfte der gesamten Wertschöpfung aus.

Der scharfe Wind der Konkurrenz bläst längst auch den Arbeitnehmern ins Gesicht. Jobs, die ins Ausland verlagert werden können, werden transferiert, wenn der Kostenvorteil nur groß genug ist. Oft genügt die Drohung, die nächste Fabrik in Polen zu bauen, um Arbeitnehmer zu tariflichen Zugeständnissen zu bewegen. Alles spricht also dafür, daß die Inflation niedrig bleiben dürfte und die EZB angesichts der hohen Arbeitslosigkeit die Zinsen bei zwei Prozent belassen wird. Das wird den Bondmarkt zusätzlich stützen. In diesem Umfeld stellt die Ölpreisexplosion für die Rentenmärkte kein Risiko dar. Vielmehr ist es so, daß sie positiv reagieren, wenn die Ölpreise weiter steigen - weil dann die Wahrscheinlichkeit einer Rezession zunimmt.


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