HRE-Aktionäre klagen an
Anleger fühlen sich durch Bankrettung betrogen
Viele Kleinanleger, die für ihre Rente sparten, und ein US-Investor haben bei der Verstaatlichung der Hypo Real Estate im Oktober 2009 viel Geld verloren. Jetzt kämpfen die Anleger gemeinsam im Gerichtssaal - und davor.
Aus der Sicht der Anleger war es ein ziemlich brutaler Vorgang, der sich im Oktober 2009 ereignete: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Bank zwangsverstaatlicht. Mit einem Squeeze-out wurden die Aktionäre aus der Hypo Real Estate (HRE) gedrängt. Der Bund übernahm 100 Prozent der Aktien. Gerade einmal 1,30 Euro zahlte er für eine HRE-Aktie. Drei Jahre zuvor war die Aktie das Fünfzigfache wert. Die Anleger fühlen sich noch immer betrogen.
Mehrere Prozesse haben sie bereits geführt, bisher erfolglos. Derzeit klagen 271 Kleinanleger gemeinsam mit dem US-Großinvestor Christopher Flowers vor dem Landgericht München, um doch noch einen Teil ihrer Anlagen zurückbezahlt zu bekommen. Sie sind sich sicher, dass die HRE-Aktie am 5. Oktober mehr wert war als 1,30 Euro.
Anleger werden zu Demonstranten
Flowers, der erst kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2008 bei der Bank eingestiegen war, beziffert seinen Verlust auf eine Milliarde Euro. Die Summen, die viele Kleinanleger verloren haben, sind deutlich niedriger - doch deswegen nicht weniger schmerzhaft.
Einige von ihnen haben sich am Mittag vor dem Gebäude des Münchner Landgerichts versammelt, um gegen die Verstaatlichung der HRE zu protestieren. Auf Transparenten vergleichen sie die Vorgänge im Jahr 2009 mit Methoden der DDR.
Im Gerichtssaal argumentiert vor allem der Anwalt von Investor Flowers. Er wirft dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin vor, bei der Bewertung der HRE falsche Maßstäbe angelegt zu haben: Bei der Planung für das Neugeschäft nach der Verstaatlichung sei von einer zu geringen Gewinnmarge ausgegangen worden. Damit will er sagen, dass der Staat sich auf Kosten der Anleger mit dem "Kauf" der HRE bereichert hat.
Gutachter im HRE-ProzessDas geschah im Oktober 2009
Nachdem der Staat über den Bankenrettungsfonds Soffin seine Anteile an der HRE zunächst auf 90 Prozent erhöht hatte, konnte er am 5. Oktober 2009 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung die verbliebenen zehn Prozent der HRE-Aktionäre per Squeeze-out aus dem Unternehmen drängen.
Ein Gutachter widerspricht im Gerichtssaal dieser Auffassung. Weil die HRE nach der Notrettung durch den Staat zu einer "stinknormalen" Hypothekenbank umgebaut wurde, seien Gewinnmargen wie zu vor nicht zu erwarten gewesen.
Im Verfahren vor dem Landgericht München wird mit einem Urteil erst in einigen Monaten gerechnet. Der derzeit laufende Prozess ist nur einer in einer ganzen Reihe von Prozessen nach der Fastpleite der HRE. Die Anleger haben vor dem Landgericht München im vergangenen Jahr gegen ihren Rauswurf aus dem Unternehmen geklagt - und verloren. Angesichts der Notlage der Bank sei das Squeeze-out gerechtfertigt gewesen, urteilten die Richter. Außerdem stehen noch eine Reihe von Schadenersatzklagen an, die in einem Musterprozess gebündelt werden sollen.
Prozessflut nach HRE-Desaster
Anleger fordern 320 Millionen Euro Schadenersatz, weil der frühere HRE-Vorstandschef Georg Funke sie 2008 verspätet und falsch über die Schieflage der Bank informiert habe. In diesem Verfahren wird ein Musterprozess vorbereitet.
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