Beschwingt wollte die Union in Düsseldorf in die letzte Phase ihres Wahlkampfes starten. Doch zunächst wäre Edmund Stoiber fast gestürzt. Und dann warnte der Kanzlerkandidat seine Anhänger vor dem Glauben an einen bereits sicher gewähnten Sieg.
Kandidat Stoiber in Düsseldorf: Beim Gang auf die Bühne ins Rutschen gekommen.
Berlin - Der Satz fällt gleich zwei mal. "Dass es knapp werden wird, ist klar", ruft der Kanzlerkandidat in die Rheinhalle von Düsseldorf. Es ist, als wollte Edmund Stoiber seine Anhänger beschwören, jetzt bloß nicht nachzulassen. Jetzt, drei Wochen vor der Bundestagswahl. Jetzt, wo ein Sieg der Union nicht mehr so sicher erscheint wie noch in den Wochen zuvor. Der Kandidat weiß, dass die Stimmung im Lande zu kippen droht, dass die Irakkrise und das beherzte Agieren von Gerhard Schröder in der Hochwasserkatastrophe Rot-Grün hilft. Die Sozialdemokraten holen in Umfragen auf, und Stoibers möglicher Koalitionspartner FDP schwächelt.
Da kann der Kandidat noch so oft an diesem Sonntagnachmittag vor 10.000 Zuhörern rufen: "Das Spiel ist aus. Das Spiel ist aus." Immer wieder mischen sich in seinen Angriffen auf die Politik der rot-grünen Koalition dann doch die defensiven Untertöne. Es sei von Anfang deutlich gewesen, dass "das kein 3 zu Null werden wird", ruft er. Die Union sei dicht vor dem Ziel, nun gelte es noch einmal, "Kräfte zu mobilisieren".
Beim Gang auf die Bühne rutscht der Kandidat aus
An diesen Stellen erntet Stoiber schwächeren Applaus - so, als ob die Zuhörer irritiert wären, dass ihnen ihr Spitzenkandidat die Siegesgewissheit nehmen wollte. Fast symbolisch wirkte es da schon, dass Stoiber beim beherzten Gang auf die Bühne ausrutschte, mit den Händen zu Boden ging und sich nach einigen Schrecksekunden wieder fing. In diesem Augenblick sah man den Kandidaten ein wenig hilflos grinsen - die Medienberater um seinen Wahlkampfberater Michael Spreng werden die Szene hingegen weniger amüsiert beobachtet haben. Schließlich wissen sie: Für die Wahlkampfzentralen von SPD und Grünen dürften die Bilder eine schöne Beigabe bis zum 22. September sein.
Je länger der Christlichsoziale in Düsseldorf spricht, umso häufiger greift er zur Formel "40 plus X". Das müsse das Ziel sein, hämmert er seinen Zuhörern ein, "dann kann gegen uns nicht regiert werden - das ist der entscheidende Punkt, um den ich sie bitte". Die sprachliche Verneinung wirkt, als wolle der Kandidat die Anhänger, von denen manche mit Deutschlandfähnchen aus Papier und blauen Luftballons jubeln, schon auf eine Enttäuschung vorbereiten. Hier zeigen sich die Grenzen der stoiberschen Rhetorik, um die seine Berater wissen und die sie fürchten. Sobald Stoiber vom Manuskript abweicht, betritt er gelegentlich gefährliches Terrain.
Stoiber will keinen deutschen Weg
Der sozialdemokratische Kanzler, das wird bei aller Wahlkampfrhetorik deutlich, hat den christlichsozialen Kandidaten in den vergangenen Wochen aus dem Tritt gebracht. Vor allem Schröders Bekenntnis zum "deutschen Weg" in der Irakfrage hat Stoiber verstört. Erst am Freitag hatte er, zur Überraschung der politischen Beobachter in Berlin, den Abzug der deutschen Spürpanzer aus dem Kuweit in Aussicht gestellt, sollten die USA sich zu einem Alleingang gegen den Irak entscheiden. Stoiber wiederholt in Düsseldorf, was er seit Wochen betont: "Mit mir wird es keinen deutschen Weg geben, sondern einen europäischen". Und: "Deutsche Interessen, ja, aber deutsche Interessen in einem europäischen Verbund."
Der Kandidat ist an diesem Sonntag deutlich aggressiver als noch vor einer Woche beim Fernsehduell. Hier wird es von ihm schließlich auch erwartet - auch wenn der Hintergrund in Blau ähnlich unterkühlt wirkt wie das TV-Studio in Berlin. Stoiber tut das, was von einem Wahlkämpfer verlangt wird: Er greift die Koalition in Berlin an, lobt die Mitglieder seines Schattenkabinetts, hebt die Rolle Angela Merkels hervor, die als CDU-Bundesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen über starke Bastionen verfügt. Merkel sitzt da, mit verschränkten Armen, einem Schmunzeln auf den Lippen.
Dann zählt der Bayer auf, was er landab, landauf in den vergangenen Wochen verkündet: Am 22. September ginge es um eine "Richtungsentscheidung", um "weiter abwärts mit Rot-Grün oder endlich wieder aufwärts mit CDU und CSU", ruft Stoiber und der Saal dankt es ihm mit kräftigem Applaus. Deutschland habe unter Schröder die höchste Neuverschuldung in Europa, sei Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum und beim Beschäftigungswachstum.
Der Kandidat hat ein Herz für den Springer-Verlag
Auch wiederholt er, was er am Freitag in Berlin vor der Presse bei der Präsentation seines Startprogramms betont hatte: Dem Ziel eines wirtschaftlichen Aufschwungs und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müssten sich alle anderen Entscheidungen unterordnen. Mit der Union werde es keine Steuererhöhung zum 1. Januar 2003 geben, auch vergieße die derzeitige Regierung "Krokodilstränen" wenn sie vor einer Verwendung der Bundesbankreserven für die Bezahlung der Hochwasserschäden warne. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Hochwasserhilfe durch die Verschiebung der Steuerreform zu finanzieren, sei hingegen "Gift für Wachstum und Arbeitsplätze. Als er schließlich den Kanzler frontal angeht, jubelt die Halle: "Eine zweite Chance für Schröder kann sich Deutschland nicht leisten."
Wenn es noch eines Zeichens bedurft hätte, dass der Wahlkampf nun wirklich entbrannt ist und alle innenpolitischen Themen aufzehrt, dann liefert es Stoiber mit seinem Angriff auf den WAZ-Konzern. Der genießt in Nordrhein-Westfalen auf dem Pressemarkt fast eine Monopolstellung und gilt in den Augen der Union als SPD-lastig. Nun hat der WAZ-Konzern in den vergangenen Tagen den Axel-Springer-Verlag, zu dem die mächtige "Bild"-Zeitung gehört, durch seine Beteiligungsabsichten verunsichert. Stoiber macht sich in Düsseldorf zum Anwalt des Springer-Konzerns. Der Kauf von Aktienanteilen durch den WAZ-Verlag würde nicht nur auf kartellrechtliche Bedenken,sondern auch "auf meinen politischen Widerstand" stoßen, ruft er und fügt hinzu: "Das Land braucht eine offene Presse." Die Zuhörer applaudieren verhalten - wie mag der Satz dagegen wohl in der Zentrale der "Bild"-Redaktion aufgenommen worden sein?
Kandidat Stoiber in Düsseldorf: Beim Gang auf die Bühne ins Rutschen gekommen.
Berlin - Der Satz fällt gleich zwei mal. "Dass es knapp werden wird, ist klar", ruft der Kanzlerkandidat in die Rheinhalle von Düsseldorf. Es ist, als wollte Edmund Stoiber seine Anhänger beschwören, jetzt bloß nicht nachzulassen. Jetzt, drei Wochen vor der Bundestagswahl. Jetzt, wo ein Sieg der Union nicht mehr so sicher erscheint wie noch in den Wochen zuvor. Der Kandidat weiß, dass die Stimmung im Lande zu kippen droht, dass die Irakkrise und das beherzte Agieren von Gerhard Schröder in der Hochwasserkatastrophe Rot-Grün hilft. Die Sozialdemokraten holen in Umfragen auf, und Stoibers möglicher Koalitionspartner FDP schwächelt.
Da kann der Kandidat noch so oft an diesem Sonntagnachmittag vor 10.000 Zuhörern rufen: "Das Spiel ist aus. Das Spiel ist aus." Immer wieder mischen sich in seinen Angriffen auf die Politik der rot-grünen Koalition dann doch die defensiven Untertöne. Es sei von Anfang deutlich gewesen, dass "das kein 3 zu Null werden wird", ruft er. Die Union sei dicht vor dem Ziel, nun gelte es noch einmal, "Kräfte zu mobilisieren".
Beim Gang auf die Bühne rutscht der Kandidat aus
An diesen Stellen erntet Stoiber schwächeren Applaus - so, als ob die Zuhörer irritiert wären, dass ihnen ihr Spitzenkandidat die Siegesgewissheit nehmen wollte. Fast symbolisch wirkte es da schon, dass Stoiber beim beherzten Gang auf die Bühne ausrutschte, mit den Händen zu Boden ging und sich nach einigen Schrecksekunden wieder fing. In diesem Augenblick sah man den Kandidaten ein wenig hilflos grinsen - die Medienberater um seinen Wahlkampfberater Michael Spreng werden die Szene hingegen weniger amüsiert beobachtet haben. Schließlich wissen sie: Für die Wahlkampfzentralen von SPD und Grünen dürften die Bilder eine schöne Beigabe bis zum 22. September sein.
Je länger der Christlichsoziale in Düsseldorf spricht, umso häufiger greift er zur Formel "40 plus X". Das müsse das Ziel sein, hämmert er seinen Zuhörern ein, "dann kann gegen uns nicht regiert werden - das ist der entscheidende Punkt, um den ich sie bitte". Die sprachliche Verneinung wirkt, als wolle der Kandidat die Anhänger, von denen manche mit Deutschlandfähnchen aus Papier und blauen Luftballons jubeln, schon auf eine Enttäuschung vorbereiten. Hier zeigen sich die Grenzen der stoiberschen Rhetorik, um die seine Berater wissen und die sie fürchten. Sobald Stoiber vom Manuskript abweicht, betritt er gelegentlich gefährliches Terrain.
Stoiber will keinen deutschen Weg
Der sozialdemokratische Kanzler, das wird bei aller Wahlkampfrhetorik deutlich, hat den christlichsozialen Kandidaten in den vergangenen Wochen aus dem Tritt gebracht. Vor allem Schröders Bekenntnis zum "deutschen Weg" in der Irakfrage hat Stoiber verstört. Erst am Freitag hatte er, zur Überraschung der politischen Beobachter in Berlin, den Abzug der deutschen Spürpanzer aus dem Kuweit in Aussicht gestellt, sollten die USA sich zu einem Alleingang gegen den Irak entscheiden. Stoiber wiederholt in Düsseldorf, was er seit Wochen betont: "Mit mir wird es keinen deutschen Weg geben, sondern einen europäischen". Und: "Deutsche Interessen, ja, aber deutsche Interessen in einem europäischen Verbund."
Der Kandidat ist an diesem Sonntag deutlich aggressiver als noch vor einer Woche beim Fernsehduell. Hier wird es von ihm schließlich auch erwartet - auch wenn der Hintergrund in Blau ähnlich unterkühlt wirkt wie das TV-Studio in Berlin. Stoiber tut das, was von einem Wahlkämpfer verlangt wird: Er greift die Koalition in Berlin an, lobt die Mitglieder seines Schattenkabinetts, hebt die Rolle Angela Merkels hervor, die als CDU-Bundesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen über starke Bastionen verfügt. Merkel sitzt da, mit verschränkten Armen, einem Schmunzeln auf den Lippen.
Dann zählt der Bayer auf, was er landab, landauf in den vergangenen Wochen verkündet: Am 22. September ginge es um eine "Richtungsentscheidung", um "weiter abwärts mit Rot-Grün oder endlich wieder aufwärts mit CDU und CSU", ruft Stoiber und der Saal dankt es ihm mit kräftigem Applaus. Deutschland habe unter Schröder die höchste Neuverschuldung in Europa, sei Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum und beim Beschäftigungswachstum.
Der Kandidat hat ein Herz für den Springer-Verlag
Auch wiederholt er, was er am Freitag in Berlin vor der Presse bei der Präsentation seines Startprogramms betont hatte: Dem Ziel eines wirtschaftlichen Aufschwungs und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müssten sich alle anderen Entscheidungen unterordnen. Mit der Union werde es keine Steuererhöhung zum 1. Januar 2003 geben, auch vergieße die derzeitige Regierung "Krokodilstränen" wenn sie vor einer Verwendung der Bundesbankreserven für die Bezahlung der Hochwasserschäden warne. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Hochwasserhilfe durch die Verschiebung der Steuerreform zu finanzieren, sei hingegen "Gift für Wachstum und Arbeitsplätze. Als er schließlich den Kanzler frontal angeht, jubelt die Halle: "Eine zweite Chance für Schröder kann sich Deutschland nicht leisten."
Wenn es noch eines Zeichens bedurft hätte, dass der Wahlkampf nun wirklich entbrannt ist und alle innenpolitischen Themen aufzehrt, dann liefert es Stoiber mit seinem Angriff auf den WAZ-Konzern. Der genießt in Nordrhein-Westfalen auf dem Pressemarkt fast eine Monopolstellung und gilt in den Augen der Union als SPD-lastig. Nun hat der WAZ-Konzern in den vergangenen Tagen den Axel-Springer-Verlag, zu dem die mächtige "Bild"-Zeitung gehört, durch seine Beteiligungsabsichten verunsichert. Stoiber macht sich in Düsseldorf zum Anwalt des Springer-Konzerns. Der Kauf von Aktienanteilen durch den WAZ-Verlag würde nicht nur auf kartellrechtliche Bedenken,sondern auch "auf meinen politischen Widerstand" stoßen, ruft er und fügt hinzu: "Das Land braucht eine offene Presse." Die Zuhörer applaudieren verhalten - wie mag der Satz dagegen wohl in der Zentrale der "Bild"-Redaktion aufgenommen worden sein?