Samstag, 25.05.2019 10:15 von Klaus Stopp | Aufrufe: 861

Wunder dauern bei der EZB etwas länger

Nein, die Geldpolitik hat nichts von ihrer Durchschlagskraft verloren. Aufgrund der gestiegenen Bedeutung des Dienstleistungssektors benötigt es aber mehr Zeit, bis sich geldpolitische Schritte auf die Inflation auswirken. Dies betonte diese Woche EZB-Direktor Benoit Coeure auf einer Konferenz in Genf. Oder zugespitzt gesagt: Es dauert eben nur etwas länger, bis die EZB Wunder vollbringen kann.

Ist die Notenbank an ihre Grenzen angelangt?

Bei allem Respekt vor Coeures Expertise seien hiermit aber ein paar Zweifel an dieser Analyse erlaubt. Nicht nur aufgrund des Umfangs des fast 2,6 Bill. € schweren Anleihekaufprogramms der EZB könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Notenbank an ihre Grenzen gelangt ist, zumindest an eine Glaubwürdigkeitsgrenze. Aber auch die jahrelange Dauer der Nullzinsphase lässt die Fachleute über die Wirkung der expansiven Geldpolitik rätseln. Denn noch immer verharrt die Teuerungsrate im Euroraum deutlich unter dem 2%-Ziel der EZB. Diesbezüglich äußerte sich auch das niederländische Ratsmitglied Klaas Knot, der in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" auf die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Höhe der Inflation und dem angestrebten Ziel hinwies. Zwar lag im April die Inflation in der Eurozone bei 1,7% nach 1,4% im März, aber dies hängt sicherlich mit dem Preissprung für Pauschalreisen infolge der späten Osterferien zusammen.

Was versteht Coeure unter mittelfristig?

Als eine mögliche Ursache hat Coeure die starren Preise im Dienstleistungssektor ausgemacht, die sich aus dem geringen internationalen Wettbewerb und dem relativ hohen Lohnanteil an den Produktionskosten ergäben. Daher brauche es eben seine Zeit, bis sich geldpolitische Maßnahmen auf die Teuerungsrate niederschlagen. Mittelfristig jedoch, wenn immer mehr Firmen ihre Preise im Zuge der verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen anpassen, würde die Inflation „mit mehr Kraft antworten“, ist er überzeugt. Da fragt sich nur, was Coeure unter mittelfristig versteht. Schließlich datiert die letzte Leitzinserhöhung der EZB aus dem Jahr 2011 und mit dem Ankauf von Anleihen wurde bereits im März 2015 begonnen.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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