Mobilcom steht kurz vor der Pleite
Großaktionär Schmid will den Vertrag zur Aktienübertragung nicht unterschreiben
Von Birger Nicolai
Hamburg/Berlin - Mobilcom steht direkt vor einer Insolvenz. Zwar existiert ein Vertrag zur Umschuldung und Rettung des hoch verschuldeten Mobilfunkanbieters. Nach der Auffassung von Firmengründer und Großaktionär Gerhard Schmid sind darin aber inakzeptable Forderungen enthalten. "Diesen Vertrag werde ich definitiv nicht unterschreiben. Das kommt einer Enteignung meines Vermögens gleich", sagte Schmid in Hamburg.
Sollte Schmid nun eine von der Bundesregierung bis Dienstagabend eingeräumte Frist verstreichen lassen, ist bereits für die nächsten Tage der Gang zum Insolvenzgericht unvermeidbar. Der Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums, Steffen Moritz, sagte der WELT, Schmid sei jetzt aufgefordert zu unterschreiben. Das sei der letzte Akt, der noch fehle. Moritz widersprach den Angaben Schmids, der Vertrag sei noch kurzfristig geändert worden. "Der jetzige Vertrag existiere seit Mitte vergangener Woche und dies in allen wesentlichen Details."
Um die Schuldenübernahme durch den zweiten Großaktionär, France Télécom, zu gewährleisten sowie um neue Kredite von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu bekommen, ist eine vertragliche Einigung aber innerhalb weniger Tage notwendig. Die zuletzt überwiesenen Finanzmittel von 50 Mio. Euro für Mobilcom sind nahezu aufgebraucht. "Wir reden hier über Tage und nicht über Wochen", sagte ein Unternehmenssprecher. Damit stehen die 4200 Arbeitsplätze des fünftgrößten deutschen Mobilfunkanbieters unmittelbar vor dem Aus.
Nach Schmids Angaben hat die Bundesregierung am Dienstagmorgen einen neuen Vertrag vorgelegt, der in wesentlichen Teilen geändert worden sei. Schmid wird in dem Vertragstext aufgefordert, rechtsverbindlich anzuerkennen, dass er der Mobilcom AG Gelder aus einem früheren Aktienoptionsprogramm schuldet. "Die Ausgleichsverpflichtung des Treugebers Gerhard Schmid wird am 1. Januar 2004 fällig", heißt es in dem Vertrag, der der WELT vorliegt. Würde Schmid diesen Punkt akzeptieren, müsste er bis dahin die geforderte Summe von 70 Mio. Euro überweisen.
Weiterer Streitpunkt ist die Person des Treuhänders. Schmid will den Debitel-Manager Joachim Dreyer durchsetzen. Die Bundesregierung favorisiere dagegen die Anwaltskanzlei Aderhold, von Dalwigk, Knüppel. "Ich werde doch nicht einer Person mein Vermögen übergeben, die ich überhaupt nicht kenne", sagte Schmid. Dreyer sei die Unternehmerperson seiner Wahl.
Ebenso besteht Schmid auf dem Recht, auch während der für zwei Jahre geplanten Phase einer Treuhänderschaft seine Aktien verkaufen zu dürfen. "Ich will einen Unternehmer als Treuhänder, ich werde keine Schuldanerkenntnis unterschreiben, und ich will die Verfügung über meine Aktien behalten", erklärte Schmid zusammenfassend.
Nach den von Schmid vorgelegten Vertragsentwürfen existieren zwischen den beiden Varianten vom 1. und 4. November eben diese Unterschiede. Ob die Veränderungen auf den Wunsch der France Télécom oder der Mobilcom AG selbst zurückgehen, ist unklar. Ein Aufsichtsrat der Mobilcom bestätigte, dass die Gefahr einer Insolvenz unmittelbar bevorstehe. "Es droht alles zu scheitern. 95 Prozent der Arbeit sind getan, es gibt jetzt nichts mehr zu verhandeln", sagte er. Die von Schmid geforderte Immunität gegen zukünftige gerichtliche Auseinandersetzungen könne man nicht gewähren.