News - 14.01.07 13:50
Investoren umzingeln westfälische Balda
Beim ostwestfälischen Mittelständler Balda herrscht große Aufregung. Einerseits feiert man den Liefervertrag für das neue iPhone von Apple. Andererseits schreckt die Nachricht, dass der US-Investor Guy Wyser-Pratte sich gerade mit Balda-Aktien eingedeckt hat. Dem Unternehmen machen bereits hochaggressive Hedge-Fonds und der "Zerleger von Mallorca" zu schaffen.
DÜSSELDORF. Der Chef des Handy-Zulieferers Balda, Joachim Gut (44), sucht das Gespräch mit seinem neuen Großaktionär Guy Wyser-Pratte. "Ich werde auf ihn zugehen, um seine strategischen Ziele zu verstehen", sagt der Balda-Vorstandsvorsitzende dem es Handelsblatt. Er selbst habe erst am Donnerstagabend aus der Online-Ausgabe des Handelsblattes von dem Einstieg des Amerikaners erfahren. Guy Wyser-Pratte gab am Freitag offiziell bekannt, dass er 5,39 Prozent an dem Unternehmen hält.
Der amerikanische Finanzinvestor ist dafür bekannt, selbst mit relativ kleinen Aktienpaketen hohen Druck auf das Management auszuüben. Beim Karlsruher Anlagenhersteller IWKA kaufte Wyser-Pratte im Oktober 2003 ein Aktienpaket von 5 Prozent. Er stieg nach eigenen Angaben zu einem Kurs von 10 Euro ein, heute steht die Aktie 90 Prozent höher. In der Zwischenzeit allerdings verließen fünf Vorstände und sieben Aufsichtsräte das Unternehmen, zuletzt der erst im September 2005 angetretene Vorstandsvorsitzende Wolfgang-Dietrich Hein. Er hatte sich von Beginn an mit nicht Wyser-Pratte verstanden.
Sowohl der Aufsichtsrat als auch die Mitarbeiter von Balda stärken ihrem Vorstandsvorsitzenden den Rücken. "Das Jahr 2006 war mit der Pleite unseres Großkunden BenQ nicht einfach", sagt Richard Roy, der Vorsitzende des Kontrollgremiums. "Aber das Management macht einen sehr guten Job. Der Aufsichtsrat hat ein hohes Maß an Vertrauen in Herrn Gut." Helmut Kunz, der Betriebsratsvorsitzende der mit 540 Mitarbeitern größten deutschen Gesellschaft Balda Solutions, stimmt zu: "Herr Gut hat den Konzern sehr nach vorn gebracht."
Bislang haben weder der Aufsichtsrat noch der Vorstand Kontakt zum neuen Großaktionär Wyser-Pratte. Der Amerikaner sagte dem Handelsblatt, Balda sei ein Unternehmen mit sehr viel Potenzial, es müsse aber ein bisschen umgesteuert werden. Details nannte er nicht. Aus dem Umfeld das Amerikaners ist zu hören, diesmal könnte es selbst für die Verhältnisse von Wyser-Pratte hart zugehen.
Das Balda-Management hatte bereits in der Vergangenheit mit aggressiven Investoren zu kämpfen. Die Investmentgesellschaft Cycladic Capital hält 8,5 Prozent und fordert Einsicht in die Bücher. Der Hedge-Fonds Audley Capital besitzt 4,3 Prozent an Balda und will gar das ganze Unternehmen von der Börse nehmen. Der Vorstandsvorsitzende Gut ist strikt dagegen. "Audley kann über die Bundesanstalt für Finanzaufsicht ein Angebot an unsere Aktionäre machen, das steht ihnen frei", sagt der Balda-Chef. "Aber es hat ja immer nur Absichtserklärungen gegeben, mehr nicht."
Audley hatte einen möglichen Übernahmepreis von 7 bis 8 Euro pro Aktie genannt. Gut hält diesen Preis für viel zu gering. Er selbst besitzt 50 000 Aktien von Balda, davon erwarb er 40 000 Stück im Juli 2006 zu einem Kurs von 7,77 Euro. Zuvor kaufte der Vorstandschef zu Kursen von 9,20 Euro und 10,55 Euro.
Unklar ist, ob Audley und Wyser-Pratte nun gemeinsam vorgehen wollen. Die Finanzinvestoren kennen sich aus einem zeitgleichen Engagement beim sauerländischen Bahntechnikhersteller Vossloh. Dort machte Wyser-Pratte innerhalb von drei Monaten einen Gewinn von 50 Prozent.
Auch ein vierter Anleger könnte bei Balda für Unruhe sorgen. 4,5 Prozent der Aktien liegen bei Florian Homm. Der Hedge-Fonds-Manager hat sich durch sein Vorgehen beim Finanzdienstleister MLP und der Immobiliengesellschaft WCM einen Ruf als "Kurskiller" und "Plattmacher" zugelegt, und trägt - wegen seines Wohnsitzes - den Titel "Zerleger von Mallorca". Seine Aktivitäten bei der Sixt AG brachten Homm 2004 eine Geldbuße wegen Kursmanipulation ein.
Balda, 1908 in Dresden gegründet, wurde als Kamerahersteller groß. Das Unternehmen erlebte den Niedergang der Branche, Mitte der 80er Jahre wurde die letzte Maschine nach China verkauft. Dann folgte eine Zeit als Lieferant von Kunststoffteilen für Haushaltsgeräte. Ende der 90er begann das Handygeschäft, das inzwischen 90 Prozent ausmacht. 2007 peilt Balda einen Umsatz von 650 bis 700 Mill. Euro und einen Vorsteuergewinn von 50 bis 55 Mill Euro an. Für 2006 rechnen Analysten bei 400 Mill. Euro Umsatz mit einem Vorsteuerverlust von 50 Mill. Euro. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Balda die berührungsempfindlichen Bildschirme (Touch-Screens) für das neue iPhone von Apple liefert.
Quelle: Handelsblatt.com