Draghi prophezeit Aufschwung
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Europas Währungshüter sehen eindeutige Zeichen der Hoffnung: Die Angst vor dem Auseinanderbrechen der Währungsunion sei vom Tisch, heißt es aus Frankfurt. Das Vertrauen kehre an die Märkte zurück, die Konjunktur werde sich früher als erwartet stabilisieren. Das Patt in Rom sei für den Euro keine Gefahr.
Innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB) sehen Experten mehr und mehr Anzeichen für ein baldiges Ende der Krise in Europa. Noch sei die Lage fragil, aber es zeichne sich eine Erholung ab, sagte EZB-Präsident Mario Draghi bei der traditionellen Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid im geldpolitischen Rat der EZB.
"Das Vertrauen in die Finanzmärkte der Eurozone kehrt zurück", erklärte Draghi. Die Gefahr, dass Turbulenzen in einzelnen Staaten auf die gesamte Währungsunion übergriffen, sei deutlich gedämpft. Das sei ein weiteres positives Signal. Allerdings müssten die Regierungen ihren Reformkurs fortsetzen.
Zudem traut die EZB der Wirtschaft im Euroraum eine schnellere Erholung von der tiefen Rezession zu als bisher erwartet. "Die Wirtschaftsleistung sollte sich im ersten Halbjahr stabilisieren", sagte Draghi. Alle Stimmungsindikatoren seien ermutigend. In der zweiten Jahreshälfte 2013 erwartet die Notenbank eine schrittweise Konjunkturerholung.
Dass die EZB ihre Konjunkturprognosen für die 17 Euroländer dennoch erneut leicht senkte, erklärte Draghi vor allem mit dem schwachen Schlussquartal 2012. Nach der jüngsten Prognose wird die Wirtschaft im Währungsgebiet 2013 in einer Spanne von minus 0,9 Prozent bis minus 0,1 Prozent schrumpfen.
Bisher hatte die EZB ein Minus von im Mittel 0,3 Prozent vorhergesagt. Für 2014 erwartet die EZB nun ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum von 1,0 (0,0 bis 2,0) Prozent - nach 1,2 Prozent in der Dezember-Prognose. Die Inflationsprognosen wurden kaum verändert. 2013 dürften sich die Verbraucherpreise im Euroraum um 1,6 Prozent erhöhen. Für 2014 wurde die Rate leicht von 1,4 auf 1,3 Prozent gesenkt.
Die politische Blockade nach der Wahl in Italien zwingt die EZB zunächst nicht zu einem Kurswechsel. Draghi ließ wenig Bereitschaft für eine baldige Leitzins-Senkung erkennen, obwohl die Währungshüter nach seinen Worten bereits über diese Möglichkeit diskutiert haben. Letztlich habe die "vorherrschende Meinung" im Rat aber gegen einen derartigen Schritt gesprochen. Der Leitzins bleibt damit auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Seit Juli 2012 könnten sich Geschäftsbanken zu diesem Satz bei der Notenbank frisches Geld besorgen.
Für die Wirtschaft der Eurozone erwartet Draghi zwar noch ein hartes Jahr und in Summe sogar eine etwas schlimmere Rezession als ursprünglich erwartet. Allerdings dürfte seiner Einschätzung nach der Wind bald drehen. "Der Pfad der wirtschaftlichen Erholung bleibt unverändert und auch die Inflationserwartungen stimmen mit unseren mittelfristigen Zielen überein", begründete er, warum sich die Notenbanker letztlich gegen eine Zinssenkung entschieden. 2014 rechnen die Ökonomen der EZB wieder mit Wirtschaftswachstum in der Währungsunion - allerdings nur mit einem mageren Plus von einem Prozent.
Keine Gefahr durch Italien
"Unsere Geldpolitik bleibt so lange wie nötig konjunkturstimulierend, vor allem, weil wir den Banken jederzeit so viel Geld zur Verfügung stellen, wie sie benötigen", sagte Draghi. Das ausbleibende Signal für mindestens eine weitere Zinssenkung in den nächsten Monaten, auf das einige Investoren gesetzt hatten, sorgte am Devisenmarkt zunächst für eine deutliche Aufwertung des Euro über die Marke von 1,31 Dollar. Diese wurde aber von der Erkenntnis gebremst, dass es im EZB-Rat offenbar einige Befürworter einer noch laxeren Geldpolitik gegeben hatte.
Draghi sagte, von Italien gingen trotz der überaus schwierigen Regierungsbildung keine zusätzlichen Belastungen für die Euro-Zone aus. "Die Märkte sind nach einiger Aufregung unmittelbar nach der Wahl wieder ungefähr da, wo sie vor der Wahl waren. Die Märkte verstehen, dass wir in Demokratien leben", sagte er. "Die Ansteckung anderer Länder ist diesmal unterblieben, anders als es vielleicht vor eineinhalb Jahren gewesen wäre." Ein gutes Zeichen für das zuletzt wieder gestiegene Vertrauen an den Finanzmärkten sei auch, dass immer mehr Banken Teile der langfristigen Hilfskredite vorzeitig tilgten.
Zweifel an der Zinsschraube
Auch die britische Notenbank, die Bank of England (BoE), lockert ihre hochexpansive Geldpolitik vorerst nicht weiter: Ihr Leitzins liegt seit mittlerweile vier Jahren auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent.
Volkswirte hatte bereits im Vorfeld damit gerechnet, dass Europas Währungshüter die Geldschleusen nicht noch weiter öffnen würden - obwohl die Unsicherheit nach den Wahlen in Italien wieder gestiegen war. Krisenstaaten wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien hätten unangenehme Sparmaßnahmen umgesetzt und müssten nur noch kleinere Einschnitte vornehmen, bilanziert Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Italien habe seine Hausaufgaben gemacht: "Es gibt immer mehr Hinweise darauf Zeichen, dass die Eurozone die Rezession im Herbst hinter sich lässt."
Lichtblick in Davos
Draghi erwartet Ende der Krise
Analysten und Ökonomen werteten die Aussagen Draghis als Enttäuschung für diejenigen Anleger, die auf eine Zinssenkung oder wenigstens ein entsprechendes Signal spekuliert hatten: "Die Hoffnungen der Anleger ruhen derzeit auf den Notenbanken und offenbar haben sich einige einfach mehr versprochen", sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Rainer Sartoris von der Privatbank HSBC Trinkaus in Düsseldorf glaubt, dass die Hoffnung auf noch niedrigere Zinsen bleiben wird: "Die Zinssenkungsfantasie dürfte noch lange nicht aus dem Markt verschwinden, denn immerhin ist die Möglichkeit von den Notenbankern ja diskutiert worden."
Experten bezweifeln zudem die Wirkung einer weiteren Zinssenkung. "Die konjunkturellen Effekte eines solchen Schrittes würden äußerst gering ausfallen", sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt der HSBC Trinkaus & Burkhardt. Die Mehrheit der Volkswirte der deutschen Privatbanken hält stattdessen eine Zinswende nach oben für möglich - allerdings frühestens Ende 2014.
Auch außerhalb der Eurozone setzen Investoren weiter auf die Feuerkraft der Zentralbanken. Vor der Zinsentscheidung der EZB hatten die Pendants in Japan und Großbritannien zwar ihren geldpolitischen Kurs jeweils bestätigt. Experten erwarten jedoch, dass in Japan nach dem in wenigen Tagen anstehenden Wechsel an der Spitze die Notenpresse bald noch deutlich schneller rotieren wird. Regierung und künftige Notenbankführung wollen mit massiven Anleihe-Käufen die seit mehr als einem Jahrzehnt andauernde Wirtschaftsmisere endlich beenden. Auch in Großbritannien zeichnet sich ab, dass die Bank von England in den kommenden Monaten unter dem Druck der Politik der lahmenden Konjunktur einen neuen Stimulus verpassen könnte.
Quelle: n-tv.de , mmo/dpa/rts