Die Millionen von Morgen. Energie-Revolution durch Brennstoffzellen

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Skippi:

Die Millionen von Morgen. Energie-Revolution durch Brennstoffzellen

 
05.03.00 02:23
Großkraftwerke werden weitgehend überflüssig, die meisten Hoch-
spannungsleitungen können abgebaut werden. Der Strom wird in Zukunft
einfach genau dort produziert, wo er gerade benötigt wird. Durch sogenannte
Brennstoffzellen. Auch wenn diese Vision möglicherweise noch 50 Jahre in der Zukunft liegt: Bereits in den kommenden fünf bis zehn Jahren wird die Brennstoffzelle den Energiemarkt revolutionieren.
Eine Scheibe fein strukturierter Kohlenstoff, eine Scheibe Plastikfolie mit
hauchdünnem Platinüberzug und Kohlepapier: Zusammen ergibt das eine
PEM Brennstoffzelle und soll, so versprechen verschiedene Hersteller, bald
schon ein Pfennigartikel sein. Einige hundert, zu einem Stapel zusammengesteckt, können problemlos ein Auto antreiben oder ein großes
Wohnhaus mit Strom und Wärme versorgen.Als Brennstoff dient Wasserstoff. Zusammen mit Sauerstoff verbrennt er zu Wasser. Der Trick der Brennstoffzelle liegt nun darin, diesen sehr energiereichen Vorgang ohne wirkliche Verbrennung auf nahezu kaltem Weg zu vollziehen. Trotzdem werden die Zellen allerdings auch warm, je nach Typ 80 bis 800 Grad Celsius. Daß dies sogar ausgesprochen nützlich sein kann, wird sich noch zeigen.

Als teures High-Tec-Produkt mit vielen Edelmetallen ist diese Technologie seit Jahrzehnten in Satelliten und U-Booten im Einsatz. Die Revolution wird
nun ermöglicht, weil zum einen preiswertere Materialen entwickelt wurden,
zum anderen mit der Automobilindustrie ein echter Massenabnehmer gefunden wurde.
Die kanadische High-Tec-Schmiede Ballard schloß sich 1992 mit Daimler,
später Ford und schließlich Chrysler zusammen, um für den kanadischen
Markt die geforderten emissionslosen Fahrzeuge zu entwickeln. Vor knapp

vier Wochen wurde nun der Produktionsstart für das Jahr 2004 angekündigt.
Gleichzeitig wurde „Necar 4“ präsentiert: Ein A-Klasse-Benz mit Elektroantrieb, der seinen Strom von einer Brennstoffzelle bezieht. Die
gesamte Technik ist bereits in den Motorraum des Kleinwagens integriert.
Das Ganze wäre noch keine Sensation, wenn für den Betrieb des abgaslosen
Autos ein komplett neues Netz von Wasserstofftankstellen nötig wäre - ist es
aber nicht. Bereits in „Necar 3“, dem vorherigen Prototypen, fand im Kofferraum ein sogenannter Reformer Platz. Und der produziert den Wasserstoff.

Egal ob Benzin, Erdgas, oder Methanol, selbst Diesel besteht aus Kohlenwasserstoffen. Und schon heute können in den Raffinerien Kohlenstoff
und Wasserstoff fast beliebig auseinandergenommen und zusammengesetzt
werden. Für Erdgas ist die Formel besonders einfach: Methan, Wasser und
Sauerstoff werden vom Reformer zu sechsmal Wasserstoff und zweimal Kohlendioxyd neu zusammengesetzt. In „NECAR 5“ soll dieser Reformer auch unter den Wagen gewandert sein und dort Methanol in Wasserstoff umwandeln.
Shell arbeitet mit Hochdruck an einem Reformer, der auch Benzin oder gar
Diesel verarbeiten kann. Der Mineralölkonzern erwartet, daß die Brennstoffzellenfahrzeuge in zehn Jahren schon den Marktanteil der heutigen
Diesel erreicht haben könnten. Wegen Ihrer Vorteile würden Brennstoffzellenantriebe den Verbrennungsmotor langfristig sogar ganz ersetzen.
Und egal ob Shell, Daimler Benz, Opel, Ford, Toyota, oder wer bisher sonst
noch Brennstoffzellenfahrzeuge angekündigt hat, eines versprechen sie alle:
Der Benzinverbrauch und damit der Ausstoß des Klimagases Kohlendioxyd
wird selbst bei Verwendung von Benzin deutlich geringer sein als bei heutigen Fahrzeugen - sonstige Schadstoffe fallen erst gar nicht an.

Die Brennstoffzelle schien bisher ähnlich fern wie Kernfusion oder das
Solarzeitalter. Mit dem Serienstart der Brennstoffzellenautos wird sie
überraschend schnell zum Massenartikel. Und wer sollte eigentlich die
Heizungsbauer hindern, diesen künftigen Massenartikel auch in ihre Produkte
einzubauen?
Wenn die Brennstoffzelle im Auto wirtschaftlich eingesetzt werden soll, muß
sie den Strom (auf die Investitionskosten bezogen) für deutlich unter vier
Pfennig pro Kilowattstunde herstellen.
Natürlich kostet zusätzliche Heizungstechnik zusätzliches Geld, das jedoch für eine überschlägige Rechnung getrost den Heizkosten zugeschlagen werden
kann. Weil dann für Gas oder Öl zusätzliche fünf Pfennig pro Kilowattstunde
fällig werden, läge der Strompreis bei etwa zehn Pfennig. Das ist zwar etwas
teurer, als der Strom aus dem Großkraftwerk, dafür entfallen aber die
Gebühren für die Stromleitung. Im Schnitt zahlen Kleinverbraucher heute
noch für jede Kilowattstunde rund 28 Pfennig.

Fast zeitgleich mit der Vorstellung des „NECAR 4“ durch DaimlerChrysler
kündigte Vaillant die Produktion einer Brennstoffzellenheizung an. 15.000
Mark plus Installation soll das Gerät für ein fünf- bis sechs- Familienhaus
kosten. Dafür soll die Brennstoffzelle 15 Jahre lang rund um die Uhr bis zu
fünf Kilowatt Strom und etwa ebensoviel Wärme liefern. Für die kalten Tage,
an denen sehr viel mehr Wärme als Strom gebraucht wird, ist ein
konventioneller Zusatzbrenner in das Gerät integriert. Die
Brennstoffzellenheizung wird zwar - zumindest am Anfang - deutlich teurer als herkömmliche Heizungen, doch normale Heizungen verbrauchen sich,
während das Vaillant-Gerät seine Kosten nach rund sieben Jahren wieder
eingespielt hätte. Während Strom für Privatkunden noch längere Zeit mehr als
20 Pfennig kosten wird, ist Erdgas - pro Kilowattstunde - für unter fünf Pfennig zu haben.
Wer Erdgas in Strom verwandelt, macht mit dem Gerät also pro Kilowattstunde rund 15 Pfennig Gewinn.

Kaufinteressenten müssen sich aber noch rund fünf Jahre gedulden. In zwei
Jahren soll erst einmal eine kleinere Vorserie an Testkunden erprobt werden.
Erst ab dem Jahr 2004 will Vaillant dann zunächst gut 10.000 Stück pro Jahr
herstellen. Nach und nach sollen dann verschiedene Größen ins Programm
genommen werden. Vom Einfamilienhaus aufwärts. In zehn Jahren will man
bereits hunderttausend Stück pro Jahr verkaufen. Buderus und Vissmann,
zwei weitere bedeutende Markenhersteller, haben bereits ähnliche Pläne
veröffentlicht.
Andere Hersteller entwickeln auch schon größere Geräte. Nicht nur Ballard,
der kanadische Brennstoffzellenlieferant von DaimlerChrysler auch
Siemens/Westinghouse, Avista und mindestens ein halbes Dutzend weiterer
Unternehmen arbeiten an Brennstoffzellen der 250-Kilowatt-Klasse, die ganze Wohnsiedlungen oder Gewerbebetriebe versorgen können. Von diesen
Geräten, die vor allem den bisherigen Blockheizkraftwerken Konkurrenz
machen, sind weltweit bereits einige hundert im Probebetrieb. Auch hier soll
die preisliche Schallmauer zur Konkurrenzfähigkeit in spätestens fünf Jahren durchbrochen sein. Der Vorteil der Brennstoffzelle ist dabei die hohe
Stromausbeute - auch bei geringerem Wärmebedarf kann mehr Strom erzeugt werden als in herkömmlichen Anlagen. Während klassische
Blockheizkraftwerke außerdem nur im gleichmäßigen Betrieb optimal arbeiten, können Brennstoffzellen innerhalb von Sekundenbruchteilen genau
soviel Energie liefern, wie gerade gebraucht wird. Ein Unterschied, der sie
nicht nur wirtschaftlicher macht. Obwohl es immer noch Vorteile bieten
würde, an das Stromnetz angeschlossen zu sein, kann eine Brennstoffzelle als
sogenannte Insellösung auch völlig eigenständig arbeiten.
Schon heute gibt es in Deutschland deutlich mehr Kraftwerke als nötig. Die
Folge ist ein Preiskampf, der durch den Markteintritt der Brennstoffzelle noch verschärft werden wird. Und spätestens jetzt muß man ernsthaft über die
Energiepolitik für die kommenden zehn bis zwanzig Jahre nachdenken.
1,4 Millionen Heizgeräte produziert allein Vissmann pro Jahr. 100.000 davon
sollen in zehn Jahren mit Brennstoffzellen bestückt sein. Und das allein
entspräche in der Gesamtleistung schon einem Großkraftwerk. Und jedes
Jahr würde ein weiteres Großkraftwerk vom Markt gedrängt.
Die Betreiber von Großkraftwerken werden da natürlich ihr Preislimit
ausreizen und vor allem im Gewerbe- und Industriebereich der Brennstoffzelle
den Einstieg so schwer wie möglich machen. Dadurch kann ihre Entwicklung
gebremst werden - aufgehalten wird sie dadurch jedoch mit Sicherheit nicht.
Im ungünstigsten Fall wird die Einführung der neuen Technik dadurch in
Deutschland deutlich langsamer erfolgen, als in den Teilen der Erde, in denen deutlich weniger abgeschriebene Alt-Kraftwerke vorhanden sind.

Wer heute die Stromkonzerne nach ihren Strategien im Zeitalter der
Brennstoffzellen fragt, wird nur hinter vorgehaltener Hand eine Antwort
bekommen. Der neue Vorstandsvorsitzende der RWE Energie AG, Manfred
Remmel, war bis vor kurzem noch Chef der Pkw-Sparte von Daimler Benz
und als solcher bestens mit der Brennstoffzellen-Entwicklung vertraut. Wir
wollten von ihm gerne erfahren, wie er die Zukunft seines Stromkonzernes im
Licht der Brennstoffzellen-Entwicklung sieht. Für ein solches Interview ist es laut RWE aber leider noch zu früh, da Herr Remmel seinen neuen Posten
gerade erst angetreten hat.
Der Verband der Stromversorgungsunternehmen, VDEW, verkündet offiziell,
es sei heute noch immer nicht absehbar, ob und wann die Brennstoffzelle
wirtschaftlich werde. Einige Stromkonzerne erklären immerhin, sie verfolgten
die Entwicklung mit großem Interesse, wollen aber noch abwarten. Nur wer
verspricht, die Aussage nicht zu zitieren, hört in Einzelfällen auch schon von konkreten Strategien und sogar Lizenzverhandlungen. Manches Stadtwerk
plant, die Brennstoffzellengeräte selber bei den Kunden aufzustellen und mit
einem Komplettvertrag Strom und Wärme zu verkaufen. Rund um die Uhr,
Wartungsservice inklusive.

In Holland, wo mit konventionellen Heizkraftwerken und Blockheizkraftwerken die gemeinsame dezentrale Erzeugung von Wärme und Strom schon lange einen weit höheren Marktanteil hat als in Deutschland,gehen die Stromversorger mit Aussagen zur Brennstoffzelle weit offener um.
Knapp 40 Prozent des Stromes stammt bei unseren Nachbarn bisher aus
herkömmlicher Kraft-Wärme-Kopplung. Der Verband der niederländischen
Stromversorgungsunternehmen geht davon aus, daß die Brennstoffzelle in den
kommenden Jahren einen großen Teil dieses Marktes erobert. Durch die
Brennstoffzelle würde der Marktanteil für dezentrale Energieerzeugung
gleichzeitig aber auch über die bisherigen 40 Prozent hinaus steigen.

Ein Ersatz für die Kernkraft ist also in Sicht - und wenn schon
Großkraftwerke überflüssig werden, warum sollten dann nicht bevorzugt die
Atomkraftwerke abgeschaltet werden? Immerhin ist die Kernenergie nicht nur
umstritten, sondern schafft pro erzeugter Kilowattstunde deutlich weniger
Arbeitsplätze als andere Kraftwerkstypen. Neuer Schwung für die Konsensgespräche?

Auf Sicht von fünf Jahren alle AG die aktiv an Brennstoffzellen arbeiten kaufen!

Gruß
Skippi


Links:

                      Daimler Benz, NECAR 3:
                      www-iwe.etec.uni-karlsruhe.de/lehre/weu/v7/sld014.htm

                      Daimler Benz, Forschung:
                      www.daimlerchrysler.com/index_g.htm

                      Ballard:
                      www.ballard.com/01in/in04.html (englisch)

                      Sulzer:
                      www.hexis.com

                      Vaillant:
                      www.vaillant.de


                 Gute Seiten über Brennstoffzellen:

                      Fuel Cell council:
                      members.aol.com/fuelcells/1.htm (englisch)

                      Deutscher Wasserstoff-Verband:
                      www.dwv-info.de/wss984.htm

                      OPET austria:
                      www.eva.wsr.ac.at/links/fuelcell.htm
Skippi:

Plug Power und Avista !

 
05.03.00 13:03
Plug Power
Im Gegensatz zu Ballard Power hat sich Plug Power ganz auf die Entwicklung von stationären Brennstoffzellen spezialisiert, mit deren Hilfe ganze Haushalte mit Energieversorgt werden können. Analysten erwarten, dass das Unternehmen, das im Oktober 1999 an die Börse gegangen ist, vor dem Jahr 2004 keine Profite erzielen wird. Ihrer Ansicht nach sei Plug Power jedoch vor allem deshalb so attraktiv, weil es mit General Electric (GE) über einen
starken Vertriebspartner verfüge und zudem wichtige Schlüsselpatente hält. GE ist, gemessen am Umsatz, das fünftgrößte Unternehmen der USA. Zudem besitzen der Messinstrumente-Hersteller Mechanical Technology und der Energieversorger DTE Energy je 32 Prozent der Anteile an Plug Power.
Plug Power zählt zu den wichtigsten Kunden von SatCon Technology. Das amerikanische Unternehmen stellt unter anderem Bauteile für Brennstoffzellen her. Erst kürzlich hat SatCon einen eigenen Geschäftsbereich für die Herstellung von Brennstoffzellen-Komponenten gegründet.

Avista
Auch Energieversorger, die sich auf dem Gebiet der Energiegewinnung durch Brennstoffzellen engagieren, finden zunehmend das Interesse der Investoren. Beispielsweise die Firma Avista , die in letzter Zeit vor allem dadurch auf sich aufmerksam machte, dass nach eigenen Angaben der Börsengang der Brennstoffzellen-Sparte "Avista Labs" bevorsteht. Zudem hat sich Bill Gates Mitte Januar mit rund fünf Prozent an dem Unternehmen beteiligt.

Gruß
Skippi
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