Echtzeit statt Langzeit
Von Jay Pelosky
Die Märkte bewegen sich mit blitzartiger Geschwindigkeit. Immer kürzere Anlagehorizonte, eine Flut von Informationen und eine zunehmend schnellere Reaktion der Aktienkurse haben sich zu wichtigen Einflussfaktoren im Investitionsprozess entwickelt.
Ich fühle mich oft vom Markt überrumpelt. Eine gute Anlageidee wird gespielt, bevor ich überhaupt Gelegenheit gehabt habe, sie in vollem Umfang für meine Kunden zu formulieren. Wir bewegen uns von einem langfristigen Prognoseansatz hin zu Schätzungen und Anlageentscheidungen in Echtzeit. Da der Fortschritt bei Kommunikationstechnologien rasant weitergehen wird, stellt sich die Frage, wie sich die Gemeinschaft der Anleger verhalten sollte. Dafür gibt es verschiedene Optionen.
Eine, die sowohl den Fondsmanagern und Börsenmaklern gleichermaßen zur Verfügung steht, ist die Kommunikation und Kooperation. Ich glaube, dass die Einzelkämpfer-Strategie in der Vermögensverwaltung, insbesondere auf der Makro-Ebene, inzwischen seine Bedeutung verloren hat. Je mehr Informationen es gibt, desto höher der Druck, sich zu spezialisieren. Inzwischen ist es für große Fondsgesellschaften und für Börsenmakler zu einer dringenden Notwendigkeit geworden, in ihrem Denken und Handeln die Grenzen zwischen verschiedenen Vermögensklassen und Anlageprodukten aufzulösen. Nur so kann der Börsenmakler den Kunden besser bedienen und der Fondsmanager das Ideenpotenzial voll ausschöpfen.
Andere Optionen sind besonders für die Käuferseite relevant. Eine ist die Nutzung von Derivaten, um schnell Positionen einzugehen. Für globale Aktienanleger kann man mit einem Portefeuille von etwa sechs Termingeschäften den MSCI-World-Index mit einem geringen Transaktionsaufwand nachbilden.
Im Laufe der nächsten Jahre wird sich die traditionelle Investmentfondsbranche zunehmend an der Hedge-Funds-Branche ausrichten. Diese hat bislang den Vorteil genossen, dass sie sich - anders als die Investmentfondsgesellschaften - an der absoluten Rendite orientiert. Dagegen haben sich große aktive Fondsmanager im Zuge der Aktienhausse von 1995-99 immer noch auf ihre Benchmarks verlassen. Diese Gruppe von Anlageprofis soll jetzt von den Hedge Funds lernen, das heißt, ihren Mehrwert feststellen und optimal nutzen. Ein Fondsmanager, der sich bei Finanzdienstleistungen sehr gut auskennt, aber von Technologieaktien keine Ahnung hat, sollte sich bei Technologie auf den Index verlassen und bei den Finanzdienstleistern seine Expertise gewinnbringend einsetzen.
Jay Pelosky ist globaler Aktienstratege bei Morgan Stanley, New York.