In Deutschland wenig beachtet doch der Highflyer an der Nasdaq.
NASDAQ Süchtig nach Brombeere (EuramS)
11.01.2004 10:59:00
Blackberry - zu Deutsch Brombeere - ist Kult. Jedenfalls die Taschencomputer dieser Marke. An der Nasdaq war die Aktie des Herstellers Research in Motion der Gewinner 2003. Sind dieses Jahr wieder 400 Prozent drin?
von Stefan Beste
Bill Gates hat einen. Michael Dell auch. Und Jim Balsillie sowieso. Balsillie ist Chairman und Co-CEO von Research in Motion, kurz: RIM, einem kanadischen Unternehmen, das hinter den Taschencomputern der Marke Blackberry steckt. Der Blackberry - zu deutsch: Brombeere - macht süchtig, sagen sie in Amerika, weshalb sie ihn auch scherzhaft "Crackberry" nennen. In der Tat: Wer einmal beobachtet hat, wie Top- Manager mitten in einem Gespräch den kleinen Rechner aus der Hemdtasche ziehen, um E-Mails zu checken und kurze Antworten zu tippen, glaubt, dass da was dran sein könnte.
Der drahtlose Taschencomputer ist ein Kommunikationswunder. Der Clou: Sobald eine E-Mail-Nachricht die Mailbox im Unternehmen erreicht hat, taucht sie automatisch auch im Blackberry auf, wo sie sofort gelesen und beantwortet werden kann. Drahtlos, versteht sich, und von jedem Ort aus. Seine Bedienung ist denkbar einfach und sicher. Ach ja: Telefonieren kann man mit der Brombeere auch noch.
Möglich macht das eine spezielle Software auf dem heimischen E-Mail-Server, die dafür sorgt, dass die elektronischen Nachrichten sofort weitergeleitet werden. Push-Dienst nennt sich dieser Service im Fachjargon. Der Nachteil: Lange Zeit funktionierte die Technik nur im Zusammenspiel mit einem Unternehmensserver und einer SpezialSoftware von RIM. Der Blackberry, der in Deutschland mittlerweile von T-Mobile, Vodafone und O2 angeboten wird, war folglich bisher nur etwas für große Firmen, die zudem bereit waren, für die ständige Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter tief in die Tasche zu greifen. Hier zu Lande gehören etwa die Deutsche Bank, der Medienriese Bertelsmann oder die Handelskette Douglas zu den bekannten Kunden von Blackberry. Jetzt hat der Boom auch die Börse erreicht. Zusammen mit sieben anderen Unternehmen stieg RIM kürzlich in den Nasdaq-100-Index auf. Und dort war die Aktie mit einem Kursplus von sage und schreibe 409,38 Prozent prompt bester Wert des Jahres 2003. Pünktlich einen Tag vor Weihnachten präsentierte RIM-Chef Balsillie zudem ein weiteres Geschenk: die Zahlen des dritten Quartals. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg der Umsatz um 108 Prozent, der Gewinn legte auf 31 Cent je Aktie zu. Das war weit mehr, als die Analysten den Kanadiern bisher zugetraut hatten. Dazu kam, dass Balsillie nebenbei auch noch die Erwartungen für die folgenden Monate deutlich nach oben schraubte.
"Beeindruckend", befand die Investmentbank Merrill Lynch in einer Studie. Und die Kollegen von Lehman Brothers ergänzen: "RIM scheint sich als führender Player im Bereich der drahtlosen Kommunikation fest etabliert zu haben, die kurzfristig eine der spannendsten Anwendungen in der mobilen Datenkommunikation darstellt."
Spätestens jetzt wurde die breite Masse der Investoren brombeersüchtig. Die Aktie - im Internet-Boom 2001 auch schon mal bei 150 Euro - machte nach Bekanntgabe der Zahlen einen Satz um 50 Prozent nach oben und hat sich seither über der 50-Euro-Marke festgesetzt. Fast alle großen US-Investmentbanken stuften sie herauf oder bekräftigten ihre Kaufempfehlungen. Lediglich Morgan-Stanley-Analyst Arindam Basu rät zur Vorsicht. Mit dem Eintritt in den Massenmarkt könnten die Gewinnmargen unter Druck geraten, schreibt er in einer Studie. Zudem seien eine Reihe von Konkurrenten wie Palm oder der Computer-Billigheimer Dell drauf und dran, Blackberry Marktanteile abzujagen.
Das Risiko, dass Gerichte dem RIM-Boom bald ein Ende bereiten, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Seit Jahren streitet RIM mit dem US-Unternehmen NTP um wichtige Patente. Dazu kommt eine neue Patentklage der Luxemburger Firma Inpro II Licensing. Erst im August verurteilte ein Gericht in Richmond RIM zur Zahlung von 53,7 Millionen Dollar und ordnete in den USA ein Verkaufsverbot für Handhelds, Dienste und Software an. Die Entscheidung wurde aber bis zur endgültigen Klärung durch ein Berufungsgericht ausgesetzt. Diese steht voraussichtlich frühestens in einem Jahr an.
Brombeer-Fans unter den Börsianern schert das derzeit wenig. Ihr Kalkül: Bis es so weit ist, können die Kanadier auf jeden Fall noch einen guten Schnitt machen. Denn die Nachfrage nach dem Blackberry ist ungebrochen. Die Handheld-Verkäufe erreichten im abgelaufenen Quartal mit 237000 Stück einen neuen Firmenrekord. Auch die Zahl der registrierten Benutzer - derzeit 865000 weltweit - steigt weiter. Nicht zuletzt, weil der Blackberry seit kurzem auch für Mittelständler und Privatkunden zugänglich ist, die bereit sind, für ihren mobilen E-Mail-Zugriff ein wenig mehr Geld auszugeben. RIM kassiert dabei gleich mehrfach. Denn die Kunden müssen nicht nur für die Geräte bezahlen, sondern auch die Server-Software und die Übertragungsbox kaufen. Den Vertrieb der Blackberrys übernehmen Mobilfunk-Provider, die dafür die monatliche Gebühr kassieren und zusätzliche Umsätze durch den Datentransport der E-Mails generieren können. Zudem bietet das Unternehmen seine Blackberry-Software mittlerweile anderen Handy-Herstel-lern gegen Lizenz an. Dazu gehören neben Marktführer Nokia seit kurzem auch SonyEricsson sowie der Handheld-Spezialist Palm. Unterm Strich schafft RIM damit eine Bruttorendite von 47 Prozent.
Vorerst scheint somit die Gefahr, dass der Sucht nach der Brombeere ein schlimmer Kater folgt, gering. Konsensschätzungen gehen für das Geschäftsjahr 2004/05, das am 28. Februar 2005 endet, von 2,31 Dollar Gewinn je Aktie aus. Daraus errechnet sich selbst nach dem Kurssprung ein KGV von 30. Für einen Wert mit derart guten Aussichten ist das immer noch günstig. «
NASDAQ Süchtig nach Brombeere (EuramS)
11.01.2004 10:59:00
Blackberry - zu Deutsch Brombeere - ist Kult. Jedenfalls die Taschencomputer dieser Marke. An der Nasdaq war die Aktie des Herstellers Research in Motion der Gewinner 2003. Sind dieses Jahr wieder 400 Prozent drin?
von Stefan Beste
Bill Gates hat einen. Michael Dell auch. Und Jim Balsillie sowieso. Balsillie ist Chairman und Co-CEO von Research in Motion, kurz: RIM, einem kanadischen Unternehmen, das hinter den Taschencomputern der Marke Blackberry steckt. Der Blackberry - zu deutsch: Brombeere - macht süchtig, sagen sie in Amerika, weshalb sie ihn auch scherzhaft "Crackberry" nennen. In der Tat: Wer einmal beobachtet hat, wie Top- Manager mitten in einem Gespräch den kleinen Rechner aus der Hemdtasche ziehen, um E-Mails zu checken und kurze Antworten zu tippen, glaubt, dass da was dran sein könnte.
Der drahtlose Taschencomputer ist ein Kommunikationswunder. Der Clou: Sobald eine E-Mail-Nachricht die Mailbox im Unternehmen erreicht hat, taucht sie automatisch auch im Blackberry auf, wo sie sofort gelesen und beantwortet werden kann. Drahtlos, versteht sich, und von jedem Ort aus. Seine Bedienung ist denkbar einfach und sicher. Ach ja: Telefonieren kann man mit der Brombeere auch noch.
Möglich macht das eine spezielle Software auf dem heimischen E-Mail-Server, die dafür sorgt, dass die elektronischen Nachrichten sofort weitergeleitet werden. Push-Dienst nennt sich dieser Service im Fachjargon. Der Nachteil: Lange Zeit funktionierte die Technik nur im Zusammenspiel mit einem Unternehmensserver und einer SpezialSoftware von RIM. Der Blackberry, der in Deutschland mittlerweile von T-Mobile, Vodafone und O2 angeboten wird, war folglich bisher nur etwas für große Firmen, die zudem bereit waren, für die ständige Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter tief in die Tasche zu greifen. Hier zu Lande gehören etwa die Deutsche Bank, der Medienriese Bertelsmann oder die Handelskette Douglas zu den bekannten Kunden von Blackberry. Jetzt hat der Boom auch die Börse erreicht. Zusammen mit sieben anderen Unternehmen stieg RIM kürzlich in den Nasdaq-100-Index auf. Und dort war die Aktie mit einem Kursplus von sage und schreibe 409,38 Prozent prompt bester Wert des Jahres 2003. Pünktlich einen Tag vor Weihnachten präsentierte RIM-Chef Balsillie zudem ein weiteres Geschenk: die Zahlen des dritten Quartals. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg der Umsatz um 108 Prozent, der Gewinn legte auf 31 Cent je Aktie zu. Das war weit mehr, als die Analysten den Kanadiern bisher zugetraut hatten. Dazu kam, dass Balsillie nebenbei auch noch die Erwartungen für die folgenden Monate deutlich nach oben schraubte.
"Beeindruckend", befand die Investmentbank Merrill Lynch in einer Studie. Und die Kollegen von Lehman Brothers ergänzen: "RIM scheint sich als führender Player im Bereich der drahtlosen Kommunikation fest etabliert zu haben, die kurzfristig eine der spannendsten Anwendungen in der mobilen Datenkommunikation darstellt."
Spätestens jetzt wurde die breite Masse der Investoren brombeersüchtig. Die Aktie - im Internet-Boom 2001 auch schon mal bei 150 Euro - machte nach Bekanntgabe der Zahlen einen Satz um 50 Prozent nach oben und hat sich seither über der 50-Euro-Marke festgesetzt. Fast alle großen US-Investmentbanken stuften sie herauf oder bekräftigten ihre Kaufempfehlungen. Lediglich Morgan-Stanley-Analyst Arindam Basu rät zur Vorsicht. Mit dem Eintritt in den Massenmarkt könnten die Gewinnmargen unter Druck geraten, schreibt er in einer Studie. Zudem seien eine Reihe von Konkurrenten wie Palm oder der Computer-Billigheimer Dell drauf und dran, Blackberry Marktanteile abzujagen.
Das Risiko, dass Gerichte dem RIM-Boom bald ein Ende bereiten, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Seit Jahren streitet RIM mit dem US-Unternehmen NTP um wichtige Patente. Dazu kommt eine neue Patentklage der Luxemburger Firma Inpro II Licensing. Erst im August verurteilte ein Gericht in Richmond RIM zur Zahlung von 53,7 Millionen Dollar und ordnete in den USA ein Verkaufsverbot für Handhelds, Dienste und Software an. Die Entscheidung wurde aber bis zur endgültigen Klärung durch ein Berufungsgericht ausgesetzt. Diese steht voraussichtlich frühestens in einem Jahr an.
Brombeer-Fans unter den Börsianern schert das derzeit wenig. Ihr Kalkül: Bis es so weit ist, können die Kanadier auf jeden Fall noch einen guten Schnitt machen. Denn die Nachfrage nach dem Blackberry ist ungebrochen. Die Handheld-Verkäufe erreichten im abgelaufenen Quartal mit 237000 Stück einen neuen Firmenrekord. Auch die Zahl der registrierten Benutzer - derzeit 865000 weltweit - steigt weiter. Nicht zuletzt, weil der Blackberry seit kurzem auch für Mittelständler und Privatkunden zugänglich ist, die bereit sind, für ihren mobilen E-Mail-Zugriff ein wenig mehr Geld auszugeben. RIM kassiert dabei gleich mehrfach. Denn die Kunden müssen nicht nur für die Geräte bezahlen, sondern auch die Server-Software und die Übertragungsbox kaufen. Den Vertrieb der Blackberrys übernehmen Mobilfunk-Provider, die dafür die monatliche Gebühr kassieren und zusätzliche Umsätze durch den Datentransport der E-Mails generieren können. Zudem bietet das Unternehmen seine Blackberry-Software mittlerweile anderen Handy-Herstel-lern gegen Lizenz an. Dazu gehören neben Marktführer Nokia seit kurzem auch SonyEricsson sowie der Handheld-Spezialist Palm. Unterm Strich schafft RIM damit eine Bruttorendite von 47 Prozent.
Vorerst scheint somit die Gefahr, dass der Sucht nach der Brombeere ein schlimmer Kater folgt, gering. Konsensschätzungen gehen für das Geschäftsjahr 2004/05, das am 28. Februar 2005 endet, von 2,31 Dollar Gewinn je Aktie aus. Daraus errechnet sich selbst nach dem Kurssprung ein KGV von 30. Für einen Wert mit derart guten Aussichten ist das immer noch günstig. «