Aus der FTD vom 29.8.2003
IWF kritisiert asiatische Devisenmanöver
Von Mark Schieritz, Berlin
Vor einer künstlichen Aufrechterhaltung niedriger Wechselkurse in Asien warnt der Internationale Währungsfonds. Wenn die aufstrebenden Volkswirtschaften der Region ihre massiven Dollar-Käufe fortsetzten, könne dies den nötigen Abbau weltwirtschaftlicher Ungleichgewichte verhindern, heißt es im Entwurf des neuen Weltwirtschaftsausblicks des IWF.
Hinter der Warnung steckt die Sorge, dass niedrige Wechselkurse der asiatischen Länder und ein entsprechend starker Dollar negativ auf die US-Wettbewerbsfähigkeit wirken und damit die Probleme des ohnehin stark defizitären US-Außenhandels noch verschärfen könnten.
"Es wäre hilfreich, wenn Staaten mit flexiblen Wechselkursen weniger am Devisenmarkt intervenieren und solche mit festen Wechselkurssystemen - vor allem China - mehr Flexibilität erlauben würden", heißt es in der IWF-Analyse, die der FTD vorliegt. Dies würde die Reduzierung des US-Leistungsbilanzdefizits erleichtern und zur Lösung eines der zentralen Probleme der globalen Wirtschaft beitragen.
Unterbewertete Wechselkurse
Die Finanzorganisation stützt damit die Position der US-Regierung im aktuellen Streit um die Wechselkurse. US-Finanzminister John Snow hatte Chinas Regierung in den vergangenen Wochen vorgeworfen, sich durch eine unterbewertete Währung Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Handelspartner zu erwerben. Aus Japan und Europa waren ähnliche Vorwürfe laut geworden. China lehnte eine Aufwertung jedoch ab.
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Chinas Devisenreserven
Nach oben gehen die Devisenreserven der chinesischen Zentralbank. In den vergangenen Jahren hat China Vorräte von fast 350 Mrd. $ angehäuft. Viele Experten interpretieren diese Entwicklung als Zeichen dafür, dass die Währung künstlich niedrig gehalten wird.
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Auf seiner Asienreise dürfte Snow ab nächster Woche erneut für eine Lockerung des Wechselkurses in China werben. Auch auf dem Treffen der Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) Ende September dürfte das Thema nach FTD-Informationen auf der Tagesordnung stehen.
China hat für seine Währung ein Wechselkursband definiert, mit dem der Renminbi an den Dollar gekoppelt ist. Um diesen Kurs zu verteidigen, kaufte die Zentralbank in den vergangenen Jahren große Dollar-Bestände auf. Auch Länder mit relativ flexiblen Wechselkursen wie Südkorea intervenierten am Devisenmarkt, um die Aufwertung ihrer nationalen Währung zu begrenzen.
Wie der IWF schreibt, haben sich die weltweiten Devisenreserven von 4,1 Prozent des Weltsozialprodukts 1990 auf 7,8 Prozent 2002 fast verdoppelt. Der Anteil der Vorräte, die von den asiatischen Staaten gehalten werden, stieg von 37 auf 61 Prozent.
Aufwertung durch Devisenkäufe
Nötig wäre laut IWF eine Abwertung des Dollars. In der jüngsten Schwächephase bis Mitte 2003 habe die US-Währung vor allem gegenüber dem Euro nachgegeben. Asiens Zentralbanken hätten durch ihre Devisenkäufe eine Aufwertung ihrer Währungen verhindert. "Die Anpassungslast ist vor allem auf die Euro-Zone gefallen", so die Fonds-Ökonomen. Um eine gerechtere Verteilung der Lasten zu gewährleisten, sollten die Länder Asiens eine Aufwertung ihrer Währungen zulassen.
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US-Leistungsbilanzdefizit
Auf Rekordniveau dürfte das US-Leistungsbilanzdefizit nach Berechnungen des IWF in diesem Jahr steigen. Die US-Regierung macht für den Überschuss die Wechselkurspolitik der asiatischen Handelspartner verantwortlich - eine Position, die der IWF jetzt stützt.
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Vergangenes Jahr standen dem US-Außendefizit von 540 Mrd. $ Überschüsse der asiatischen Volkswirtschaften von 133 Mrd. $ gegenüber. Das ist mehr als in der Euro-Zone, die 2002 einen Leistungsbilanzüberschuss von 72 Mrd. $ hatte.
Ein Ende der Deviseninterventionen sei auch im Interesse Asiens, so der Währungsfonds. Nicht nur würden durch die Dollar-Anhäufung Mittel gebunden, die anderweitig produktiver eingesetzt werden könnten. Auch sei mit einem Erstarken protektionistischer Tendenzen in den Industrieländern zu rechnen.
"Unfaire" Handels- und Wechselkurspraktiken
In den USA werden die Proteste von Lobbygruppen gegen Chinas Währungspolitik derzeit lauter. Am Mittwoch hatte der Chef des Industrieverbands National Association of Manufacturers, Jerry Jasinowski, die "unfairen" Handels- und Wechselkurspraktiken im Reich der Mitte kritisiert. Wegen des nahenden US-Präsidentschaftswahlkampfs dürfte der Einfluss der Verbände zunehmen.
Unumstritten ist die Frage indes auch unter Experten nicht. So warnten der renommierte US-Ökonom Ronald McKinnon und Morgan-Stanley-Analyst Andy Xie vor den Risiken einer Aufwertung in China.
Eine Verteuerung der Währung könne für das Land gefährlich werden, da viele ausländische Firmen dort für den Export produzieren. Falle der Preisvorteil weg, drohten die Investitionen auszubleiben. Zudem könnten sich bei einer Aufwertung die deflationären Tendenzen verstärken, weil das Wachstum gedämpft würde und die Importpreise sänken. Sollte Chinas Volkswirtschaft in die Krise stürzen, würde auch die Weltkonjunktur gebremst.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustrationen: FTD, Quelle: IWF, FTD, Quelle: Thomson Datastream
IWF kritisiert asiatische Devisenmanöver
Von Mark Schieritz, Berlin
Vor einer künstlichen Aufrechterhaltung niedriger Wechselkurse in Asien warnt der Internationale Währungsfonds. Wenn die aufstrebenden Volkswirtschaften der Region ihre massiven Dollar-Käufe fortsetzten, könne dies den nötigen Abbau weltwirtschaftlicher Ungleichgewichte verhindern, heißt es im Entwurf des neuen Weltwirtschaftsausblicks des IWF.
Hinter der Warnung steckt die Sorge, dass niedrige Wechselkurse der asiatischen Länder und ein entsprechend starker Dollar negativ auf die US-Wettbewerbsfähigkeit wirken und damit die Probleme des ohnehin stark defizitären US-Außenhandels noch verschärfen könnten.
"Es wäre hilfreich, wenn Staaten mit flexiblen Wechselkursen weniger am Devisenmarkt intervenieren und solche mit festen Wechselkurssystemen - vor allem China - mehr Flexibilität erlauben würden", heißt es in der IWF-Analyse, die der FTD vorliegt. Dies würde die Reduzierung des US-Leistungsbilanzdefizits erleichtern und zur Lösung eines der zentralen Probleme der globalen Wirtschaft beitragen.
Unterbewertete Wechselkurse
Die Finanzorganisation stützt damit die Position der US-Regierung im aktuellen Streit um die Wechselkurse. US-Finanzminister John Snow hatte Chinas Regierung in den vergangenen Wochen vorgeworfen, sich durch eine unterbewertete Währung Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Handelspartner zu erwerben. Aus Japan und Europa waren ähnliche Vorwürfe laut geworden. China lehnte eine Aufwertung jedoch ab.
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Chinas Devisenreserven
Nach oben gehen die Devisenreserven der chinesischen Zentralbank. In den vergangenen Jahren hat China Vorräte von fast 350 Mrd. $ angehäuft. Viele Experten interpretieren diese Entwicklung als Zeichen dafür, dass die Währung künstlich niedrig gehalten wird.
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Auf seiner Asienreise dürfte Snow ab nächster Woche erneut für eine Lockerung des Wechselkurses in China werben. Auch auf dem Treffen der Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) Ende September dürfte das Thema nach FTD-Informationen auf der Tagesordnung stehen.
China hat für seine Währung ein Wechselkursband definiert, mit dem der Renminbi an den Dollar gekoppelt ist. Um diesen Kurs zu verteidigen, kaufte die Zentralbank in den vergangenen Jahren große Dollar-Bestände auf. Auch Länder mit relativ flexiblen Wechselkursen wie Südkorea intervenierten am Devisenmarkt, um die Aufwertung ihrer nationalen Währung zu begrenzen.
Wie der IWF schreibt, haben sich die weltweiten Devisenreserven von 4,1 Prozent des Weltsozialprodukts 1990 auf 7,8 Prozent 2002 fast verdoppelt. Der Anteil der Vorräte, die von den asiatischen Staaten gehalten werden, stieg von 37 auf 61 Prozent.
Aufwertung durch Devisenkäufe
Nötig wäre laut IWF eine Abwertung des Dollars. In der jüngsten Schwächephase bis Mitte 2003 habe die US-Währung vor allem gegenüber dem Euro nachgegeben. Asiens Zentralbanken hätten durch ihre Devisenkäufe eine Aufwertung ihrer Währungen verhindert. "Die Anpassungslast ist vor allem auf die Euro-Zone gefallen", so die Fonds-Ökonomen. Um eine gerechtere Verteilung der Lasten zu gewährleisten, sollten die Länder Asiens eine Aufwertung ihrer Währungen zulassen.
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US-Leistungsbilanzdefizit
Auf Rekordniveau dürfte das US-Leistungsbilanzdefizit nach Berechnungen des IWF in diesem Jahr steigen. Die US-Regierung macht für den Überschuss die Wechselkurspolitik der asiatischen Handelspartner verantwortlich - eine Position, die der IWF jetzt stützt.
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Vergangenes Jahr standen dem US-Außendefizit von 540 Mrd. $ Überschüsse der asiatischen Volkswirtschaften von 133 Mrd. $ gegenüber. Das ist mehr als in der Euro-Zone, die 2002 einen Leistungsbilanzüberschuss von 72 Mrd. $ hatte.
Ein Ende der Deviseninterventionen sei auch im Interesse Asiens, so der Währungsfonds. Nicht nur würden durch die Dollar-Anhäufung Mittel gebunden, die anderweitig produktiver eingesetzt werden könnten. Auch sei mit einem Erstarken protektionistischer Tendenzen in den Industrieländern zu rechnen.
"Unfaire" Handels- und Wechselkurspraktiken
In den USA werden die Proteste von Lobbygruppen gegen Chinas Währungspolitik derzeit lauter. Am Mittwoch hatte der Chef des Industrieverbands National Association of Manufacturers, Jerry Jasinowski, die "unfairen" Handels- und Wechselkurspraktiken im Reich der Mitte kritisiert. Wegen des nahenden US-Präsidentschaftswahlkampfs dürfte der Einfluss der Verbände zunehmen.
Unumstritten ist die Frage indes auch unter Experten nicht. So warnten der renommierte US-Ökonom Ronald McKinnon und Morgan-Stanley-Analyst Andy Xie vor den Risiken einer Aufwertung in China.
Eine Verteuerung der Währung könne für das Land gefährlich werden, da viele ausländische Firmen dort für den Export produzieren. Falle der Preisvorteil weg, drohten die Investitionen auszubleiben. Zudem könnten sich bei einer Aufwertung die deflationären Tendenzen verstärken, weil das Wachstum gedämpft würde und die Importpreise sänken. Sollte Chinas Volkswirtschaft in die Krise stürzen, würde auch die Weltkonjunktur gebremst.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustrationen: FTD, Quelle: IWF, FTD, Quelle: Thomson Datastream