München - Schwach besucht ist die Münchner Olympiahalle an diesem Mittwoch. Die Hauptversammlung von BMW scheint nicht besonders vielen Aktionären einen Besuch wert zu sein. Ist so viel Erfolg langsam langweilig? Oder weiß man das "Familienunternehmen" BMW bei den Quandts in guten Händen? Ihre 46,7 Prozent am Grundkapital sorgen regelmäßig für stolze Präsenzwerte: diesmal fast 76 Prozent.
Präsenzpflicht gilt nicht nur für die beiden BMW-Aufsichtsräte der Quandt-Familie, Stefan Quandt und Susanne Klatten. Auch die Mutter Johanna Quandt, 85 Jahre, nimmt wie schon seit Jahrzehnten ihren Platz in einer aus Stühlen gebauten VIP-Insel zwischen Podium und Plenum ein, umgeben von ehemaligen Vorständen wie Eberhard von Kuenheim, Volker Doppelfeld, Helmut Panke, Horst Telschik. Gleich zu Beginn der Hauptversammlung bittet der Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Milberg alle Anwesenden darum, sich zu erheben und der verstorbenen Mitarbeiter zu gedenken.
Immer nobel, immer eigen und immer etwas abgehoben, so gibt sich BMW.
Mag draußen die IG Metall um Lohnerhöhungen von 6,5 Prozent ringen und mit einem harten Arbeitskampf drohen - BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer erwähnt dies mit keinem Wort.
"Knapp 70 Prozent unserer Mitarbeiter sind hier in unserem Heimatland beschäftigt, obwohl wir über 80 Prozent unserer Fahrzeuge im Ausland verkaufen", stellt er in seiner Rede fest. "Wir verlagern keine Arbeitsplätze ins Ausland". Im Gegenteil: BMW hat 2011 in Deutschland rund 4000 neue Mitarbeiter eingestellt, alle Lehrlinge übernommen und die höchste Erfolgsbeteiligung aller Zeiten bezahlt.
Tarifkonflikt wird ausgeblendet
Am Rande der Hauptversammlung sagt Noch-Personalvorstand Harald Krüger auf Anfrage, er sehe die Tarifverhandlungen auf gutem Weg. Sie sollen bekanntlich am Freitag im Tarifbezirk Baden-Württemberg fortgesetzt werden. Krüger scheint mit einer baldigen Einigung zu rechnen. Fragt man ihn nach dem Reizthema Leiharbeiter, die laut IG Metall besonders bei BMW unerhört hohe Prozentsätze an der Belegschaft erreichen, winkt Krüger aber gleich ab und verweigert jeden Kommentar. Zahlen nennt der Vorstand grundsätzlich nicht.
Auch die Aktionäre haben das Thema Lohn nicht auf der Agenda. Nur der Sprecher der Aktionärsvereinigung SdK spricht das Thema Leiharbeit und Werkverträge kritisch an und erwähnt sogar die Befindlichkeiten der Autozulieferer, auf deren Preiszugeständnissen ein Teil der Renditestärke von BMW beruht. Reithofer kontert mit gestanzten Formeln zur Bedeutung der Flexibilität im Automobilbau.
Einzig kritischer Aktionärssprecher ist Ingo Speich von der Fonds-Gesellschaft Union Investment. Ihm ist die Dividende zu niedrig, sind die Anstrengungen bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu halbherzig. Für ihn passt der Einstieg von BMW in die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft nicht ins Bild. Und die Beteiligung von knapp 16 Prozent am Joint-Venture-Partner SGL Carbon , wo ja schon Großaktionärin Susanne Klatten 27 Prozent hält, bezeichnet er als unverständlich: "Man kauft doch nicht gleich die Kuh, wenn man einen Liter Milch will".
Sorgen um Euro-Land: "Balance zwischen Sparen und Wachstum"
Sonst überwiegt das Lob von Seiten der Aktionäre. Auch Aufsichtsratschef Milberg spart damit nicht. Der Aufsichtsrat sei überaus zufrieden, Vorstand und Mitarbeiter hätten herausragende Leistungen gezeigt, sagt er in seinem Bericht. Dass nicht nur eitel Sonnenschein herrscht, scheint lediglich in Formulierungen durch wie, der Aufsichtsrat habe "den Vorstand dabei unterstützt, die Fixkosten weiter vorsichtig zu planen" und habe mit dem Vorstand "verschiedene Szenarien der Konjunktur" diskutiert.
Milberg verteidigt auch die diesmal etwas großzügigere Vergütung des Vorstands. Sie sei "nicht unangemessen und im Quervergleich nach wie vor maßvoll". Mit einem leichten Seitenhieb auf andere gut bezahlte Vorstände in der Autoindustrie sagt Milberg: "Sie werden feststellen, dass die Mitglieder und der Vorsitzende des Vorstands von BMW mit Abstand nicht die vorderen Plätze einnehmen".
Doch trotz der Ertragsstärke und des neuen Selbstbewußtseins: Auch BMW fürchtet die Folgen der Euro-Schuldenkrise. Konzernchef Norbert Reithofer - sonst in politischen Fragen stets zurückhaltend - warnte die Politik angesichts der Turbulenzen in Europa indirekt vor einem zu strikten Sparkurs. "Wir fordern eine weitsichtige Politik, die eine vernünftige Balance zwischen Sparen und Wachstum findet", sagte Reithofer.
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