dpa-AFX: INTERVIEW/Experte: Kursrutsch wie bei Dow Jones bei Dax nicht möglich
FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein Kurssturz wie an der Wall Street ist in
Deutschland nach Ansicht eines Experten wegen der von der Deutschen Börse
eingebauten Schutzmechanismen nicht möglich. 'In die Berechnung des
deutschen Leitindex Dax fließen nur die im Handelssystem Xetra
ermittelten Kurse ein', sagte Aktienhändler Thomas Nagel von der Frankfurter
Investmentbank Equinet der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Freitag in
Frankfurt. Dies sei in den Vereinigten Staaten anders. Dort wird der
Standardwerteindex Dow Jones auch auf Basis von Kursen berechnet, die außerhalb
der Plattformen der New York Stock Exchange (NYSE) festgestellt werden.
So sei es am Donnerstag möglich gewesen, dass zum Beispiel der
Kurs des weltweit größten Konsumgüterherstellers Procter & Gamble
um mehr als ein Drittel einbrach. Der Marktwert des weltweit größten
Herstellers von Konsumgütern sank innerhalb weniger Minuten somit um rund 60
Milliarden Dollar. Der Dow Jones brach am Donnerstag zeitweise um rund neun
Prozent oder fast 1.000 Punkte - dem prozentual größten Verlust seit 1987.
Gemessen in Punkten war es der größte Kursrutsch des US-Börsenbaromters aller Zeiten.
Es gebe es auch an der NYSE ähnlich wie bei der Deutschen Börse
eine Handelsunterbrechung bei zu starken Kursschwankungen, sagte Nagel.
Allerdings gelte diese nur für die bei der NYSE festgestellten Kurse und nicht
für andere Handelsplätze. So seien am Donnerstag in der Phase der
Handelsunterbrechung an anderen Plätzen Kurse für Procter & Gamble ermittelt
worden, die wiederum in die Berechnung des Dow Jones eingeflossen seien. Da es
dabei offenbar zu einem Fehler eines Händlers gekommen ist, schmierte der Kurs
des Dow-Schwergewichts ab.
Der dadurch ausgelöste Sturz des Standardwerte-Index habe wiederum die
elektronischen Handelssysteme auf den Plan gerufen. 'Diese haben dann wegen der
starken Bewegung des Dow Jones Aufträge zum Verkauf erteilt', sagte Nagel. 'An
der Wall Street wurde damit der eigens für zu starke Kursschwankungen
eingebauten Schutzmechanismus umgangen.' Da der computergesteuerte Handel
inzwischen einen Großteil des Handels ausmacht, sei der menschliche Fehler durch
automatische Aufträge verstärkt worden. So habe eine vergleichsweise kleine
Fehlorder zu diesem drastischen Kursverfall geführt./zb/tw
--- Gespräch: Bernd Zeberl, dpa-AFX ---
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"Kurzfristig helfen Schulden. Langfristig gehen wir alle tot"
John Maynard Keynes (Brit. Wirtschaftswissenschaftler, 1883-1946)
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