INTERGRUND: Experten uneins über Fortbestand der Mannheimer Holding Freitag, 27.06.03, 15:30
FRANKFURT (dpa-AFX) - Experten der Versicherungsbranche sind sich derzeit uneins über die Möglichkeit eines Fortbestands der Mannheimer Holding AG Detail. Auch sie könnte wegen der drohenden Pleite bei der Tochtergesellschaft Mannheimer Lebensversicherung AG in bedenkliche Schieflage geraten. Allerdings gebe es durchaus Möglichkeiten, der Insolvenz zu entgehen, sagte etwa Analyst Lucio Di Geronimo von der HypoVereinsbank.
Übereinstimmend gehen die Experten von einem Ende der Mannheimer Lebensversicherung aus. Die Gesellschaft hatte am Vortag mitgeteilt, dass sie das Neugeschäft einstellen wird. Die Übergabe der laufenden Verträge an die Auffanggesellschaft Protektor werde vorbereitet. Nach Ansicht von Di Geronimo wird die Mannheimer Leben als Gesellschaft nicht weiter fortbestehen.
ZERSCHLAGUNG MÖGLICH
Analyst Jochen Schmitt von der Landesbank Rheinland-Pfalz hielt es für "eher unwahrscheinlich", dass sich der Konzern "einfach der hochdefizitären Mannheimer Leben entledigen und mit den restlichen Sparten seine Geschäftstätigkeit weiterführen kann". Die Alternative sei die "Zerschlagung des Konzerns", was für die Aktionäre das schlimmstmögliche Szenario darstelle.
Auch aus Sicht von HelabaTrust-Experte Karsten Keil ist es fraglich, ob die Mannheimer Holding fortbestehen wird. Die Mannheimer Holding sei insofern gefährdet, als ihre stillen Lasten schon zum Jahresende höher gewesen seien als das Eigenkapital. Für die Mannheimer Leben werde sich auch kein anderer Investor finden lassen, nachdem der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) die notwendige Kapitalspritze von rund 370 Millionen Euro verweigert hatte.
Analyst Di Geronimo hält es unterdessen für möglich, dass die Mannheimer Holding ihre Geschäfte fortsetzt. Die Auffanggesellschaft Protektor werde mit den Verträgen der Lebensversicherung auch die daraus resultierenden Verpflichtungen gegenüber den Versicherten wie auch die stillen Lasten im Anlageportfolio übernehmen. Die Holding könne ihre Situation zusätzlich verbessern, falls es gelinge, einen Interessenten für die 100-prozentige Tochtergesellschaft Krankenversicherung AG zu finden.
Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Versicherungskreise, dass einige Unternehmen zu einer Übernahme der Vertragsbestände bereit wären. Für die Holding blieben dann unter anderem die Sachversicherungen, die laut Di Geronimo zuletzt profitabel gearbeitet haben.
SCHADEN-/UNFALL DAS 'PROFITABELSTE SEGMENT'
Die Schaden-/Unfallversicherung ist nach Darstellung der Landesbank Rheinland-Pfalz in der Tat das "profitabelste Segment der Mannheimer". Sie habe 2002 noch einen Ergebnisbeitrag von 14,4 Millionen Euro an die Holding abgeführt. Auch sie habe jedoch Ende 2002 saldiert stille Lasten von 24 Millionen Euro ausgewiesen.
Die Kunden der Lebenversicherung wurden am Freitag auch von offizieller Seite beruhigt. Die Erfüllung der laufenden Verträge sei sichergestellt, hieß es von seiten des Bundesfinanzministeriums und der BaFin. Di Geronimo wies unterdessen darauf hin, dass die Auffanggesellschaft Protektor bisher noch über kein Personal und keine Rechenzentren verfüge. Eine mögliche Lösung sei aber, dass Protektor die Bestandsverwaltung der Verträge auslagert - eventuell sogar an die Mannheimer selbst, die ja noch über das Personal und die Rechnerkapazitäten verfüge./jb/sit/sbi
--- Von Jürgen Benz, dpa-AFX ---