ADLER REAL ESTATE /// HALBJAHRESBERICHT ZUM 30. JUNI 2022
/// CHANCEN- UND RISIKOBERICHT
Am 29. Juni 2022 veröffentliche die Adler Group S.A. die Ausschreibung für den Auftrag zur Prüfung des
Einzel- und Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2022. Die Ausschreibung lief am 13. Juli 2022 aus.
Nachdem die Ausschreibung zu keinem Ergebnis geführt hat, werden jetzt Wirtschaftsprüfungsunternehmen gezielt angesprochen. Ohne Abschlussprüfer könnten die Aktivitäten der Adler Group zur Sicherung
künftiger Refinanzierungen potenziell gefährdet sein.
Es besteht ein Risiko, dass die Adler Group und ADLER nicht in der Lage sein werden, den Versagungsvermerk für den Jahresabschluss 2021 zu heilen und einen uneingeschränkten oder überhaupt einen Bestätigungsvermerk für 2022 zu erlangen. Dies könnte möglicherweise die Refinanzierungsaktivitäten der Adler
Group im Jahr 2023 gefährden, insbesondere im Hinblick auf die in den Jahren 2023 und 2024 fälligen
ADLER Anleihen, wobei die letztgenannte in der Cash-Prognose der Gesellschaft bis Dezember 2023 enthalten ist.
Da KPMG Forensic nicht alle von einem Shortseller vorgebrachten Anschuldigungen entkräften konnte und
aufgrund der daraus resultierenden erhöhten öffentlichen Aufmerksamkeit, besteht das Risiko von Rechtsstreitigkeiten mit Aktionären und Anleiheninhabern der Adler Group und ADLER. Am 5. Mai 2022 soll die
Stuttgarter WEISSWERT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH laut Presseberichten im Auftrag eines Aktionärs vor
dem Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen die Adler Group eingereicht haben (Quelle: www.finanznachrichten.de). Gleichzeitigt stellte die Kanzlei angeblich einen Antrag auf Einleitung eines Musterverfahrens gemäß Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen die Adler Group.
Die Adler Group und ADLER sind der festen Überzeugung, dass die veröffentlichten Jahresabschlüsse für
2021 und die Prüfungsberichte der KPMG die sich aus den Anleihebedingungen ergebenden Anforderungen erfüllen.
Anfrage der BaFin in Bezug auf die Adler Real Estate AG
Zusätzlich zur Abschlussprüfung des Konzernabschlusses von ADLER zum 31. Dezember 2020 und des
Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2019 erhielt ADLER am 22. Juni 2022 eine Prüfungsanordnung
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Prüfung des Konzernabschlusses zum
31. Dezember 2021 und des zusammengefassten Lageberichts für das Geschäftsjahr 2021.
Nach Angaben der BaFin erfolgte die Prüfungsanordnung vor dem Hintergrund, dass die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschlussprüfer der ADLER Real Estate AG kein Testat für den Konzernabschluss der ADLER erteilt hat. Der Abschlussprüfer hatte dies damit begründet, dass nicht mit hinreichender
Sicherheit beurteilt werden könne, ob Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Personen oder Unternehmen
stattgefunden haben und ob diese Geschäftsvorfälle vollständig und richtig erfasst worden sind. Nach Auffassung der BaFin bestehen somit konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Beziehungen und Geschäftsvorfälle
mit nahestehenden Personen oder Unternehmen im Sinne des International Accounting Standard (IAS) 24
in der Konzernrechnungslegung möglicherweise nicht vollständig und richtig erfasst und abgebildet worden sind.
Die Gesellschaft begrüßt die Prüfungsanordnung, da die Prüfung durch die BaFin und die zu erwartenden
Ergebnisse aus der Prüfung des Jahresabschlusses einen weiteren Beitrag zur Aufklärung der von einem
Shortseller gegen die Adler Group und ihre Tochtergesellschaften, z. B. ADLER, erhobenen Anschuldigungen leisten, denen zufolge nahestehende Personen oder Unternehmen Einfluss auf Transaktionen und Geschäftsvorfälle genommen hätten.
ADLER legte am 1. August 2022 Rechtsmittel gegen einen Bescheid der BaFin ein, der im Zuge einer Fehlerfeststellung besagt, dass der geprüfte Konzernabschluss zum 31. Dezember 2019 und der entsprechende zusammengefasst Lagebericht für das Geschäftsjahr 2019 von ADLER einen Bilanzierungsfehler gemäß
§ 109 Abs. 1 WpHG enthalte.
Die Herleitung der Fehlerfeststellung durch die BaFin beruht im Wesentlichen auf einer nach Ansicht der
BaFin überhöhten Bewertung eines Immobilienprojekts (Glasmacherviertel). Die Adler Group und ADLER
hatten wiederholt öffentlich betont, dass sie die mehrfach geprüfte und testierte Bewertung im Konzernabschluss für sachgerecht und richtig halten. Zudem sei die Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgt. Auch in ihrer Stellungnahme gegenüber der BaFin argumentierte ADLER entsprechend.
Offenkundig vertreten ADLER und die BaFin hier unterschiedliche Ansichten, die nun auf dem Rechtsweg
geklärt werden. ADLER betont außerdem, dass der Bescheid der BaFin keinen Einfluss auf die Gültigkeit
ihres Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2019 hat.
Covenants
Die bestehenden Kreditfazilitäten der Adler Group und von ADLER erfordern die Einhaltung bestimmter
finanzieller und nichtfinanzieller Kennzahlen (Covenants).
Die Finanzierungsvereinbarungen mit der LBBW (ausstehende Beträge aus drei Darlehen in Höhe von insgesamt 371,3 Millionen EUR, Laufzeit bis 30. Juni 2025) und der Commerzbank (ausstehender Betrag von
97,5 Millionen EUR, Laufzeit bis 31. März 2028) enthalten Kündigungsrechte in Verbindung mit der Veröffentlichung von Konzernabschlüssen. Mit beiden Kreditinstituten bestehen Verzichtserklärungen, die auf
fortlaufender Basis neu verhandelt werden.
Da der Zinsdeckungsgrad (ICR) der Adler Group unterhalb des Schwellenwertes von 1,8x liegt, dürfen
die Adler Group und ihre Tochtergesellschaften laut der Covenants der Adler Group Anleihen kein neues
Fremdkapital aufnehmen, bis der Zinsdeckungsgrad wieder bei mindestens 1,8x liegt. Die auf dem Zinsdeckungsgrad basierende Bedingung für die Aufnahme von Fremdkapital ist Bestandteil aller gegenwärtig
ausstehenden Anleihen der Adler Group S.A. (mit Ausnahme einer Wandelanleihe) mit einem Gesamtwert
von 3,2 Milliarden EUR. Bei dem den Zinsdeckungsgrad betreffenden Covenant handelt es sich um einen
transaktionsbezogenen Covenant (Incurrence Covenant). Die Anleiheninhaber können aus der Nichteinhaltung des Schwellenwertes für den Zinsdeckungsgrad keine Kündigungsrechte ableiten und es gibt keine
Anforderung, die verlangt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein höherer Zinsdeckungsgrad einzuhalten
ist. Es wurde im gesamten Konzern kommuniziert, dass keine Finanzverbindlichkeiten eingegangen werden
dürfen. Gemäß der aktuellen Prognose wird die Finanzkennzahl kurzfristig nicht die geforderte Schwelle
erreichen.
Darüber hinaus lag auch wie schon im ersten Quartal die Unencumbered Asset Ratio (UAR) im zweiten
Quartal unter dem erforderlichen Schwellenwert. Die UAR ist wie der Zinsdeckungsgrad ein Incurrence
Covenant, sodass die gleichen Überlegungen zum Tragen kommen wobei allerdings nur eine der ausstehenden Anleihen der Adler Group Anforderungen in Bezug auf die UAR enthält.
Rückzug der LEG aus der BCP-Transaktion
Im Einklang mit dem entsprechenden Beschluss der Geschäftsführung der LEG Immobilien SE (LEG), entschied die LEG Grundstücksverwaltung GmbH am 2. August 2022, kein Kaufangebot für die Anteile an Brack
Capital Properties N.V. (BCP) abzugeben. Damit wird definitiv ausgeschlossen, dass die LEG Grundstücksverwaltung GmbH Gebrauch von der am 1. Dezember 2021 mit der ADLER Real Estate AG abgeschlossenen
Andienungsverpflichtung machen wird, im Falle eines öffentlichen Übernahmeangebots der LEG für die
BCP 63,0 % der Anteile an BCP anzudienen.
Der Vorstand der ADLER Real Estate AG prüft derzeit weitere Optionen in Bezug auf die Beteiligung an BCP.
Angesichts der sehr guten Qualität des Portfolios von BCP ist ADLER zuversichtlich, dass innerhalb eines
angemessenen Zeitraums eine gute Lösung gefunden wird.
Die Adler Group und ADLER arbeiten bereits an Alternativen, um den aus dem Verkauf der BCP-Beteiligung
geplanten Mittelzufluss gegebenenfalls auf anderem Wege zu generieren.
Erklärung zur Gesamtrisikosituation
Nach heutigem Kenntnisstand sieht der Vorstand kein unmittelbares Risiko, das den Fortbestand von
ADLER in Bezug auf seine Ertrags- bzw. Vermögenslage gefährden würde. Dabei basiert die Liquiditätsposition für das Jahr 2023 allerdings auf dem erfolgreichen Abschluss von Vorabverkäufen. Mit der Entscheidung der LEG, kein öffentliches Angebot für die Anteile an BCP abzugeben, wird der Vorstand der
ADLER Real Estate AG nun andere Optionen für die Beteiligung an BCP prüfen müssen. Zudem ist er von der
Muttergesellschaft darüber informiert worden, dass es aufgrund der Nichteinhaltung der in den Covenants
definierten Schwellenwerte momentan nicht möglich ist, zusätzliche Fremdfinanzierungen aufzunehmen.
Aus heutiger Sicht stehen ADLER ausreichend Mittel zur Verfügung, um die Rückzahlung der im Jahr 2023
fälligen Anleihe 2017/2023 in Höhe von ca. EUR 500 Mio. zu decken, sofern die getroffenen Annahmen
eintreten.
Ende Juli 2022 veröffentlichte die ADLER Real Estate AG die Tagesordnung für ihre ordentliche Hauptversammlung am 31. August 2022. Unter anderem soll der Vorstand dazu ermächtigt werden, bis zu 22.301
Wohnungen und Gewerbeeinheiten aus dem Portfolio der ADLER Real Estate AG zu veräußern. Diese Ermächtigung gilt bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung.
adler-ag.com/new/wp-content/uploads/2022/...erschluesselt.pdf