Rückblick KW 46: Irak-Resolution & Reformen in GER

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Rückblick KW 46: Irak-Resolution & Reformen in GER

 
16.11.02 12:25
IRAK-RESOLUTION & REFORMEN IN DEUTSCHLAND


Index      Hoechststand  Aenderung z.   14.11.     Aenderung
                         52/W-Hoch   Schlusskurs  zum 06.10.
Internet         177,29      -52%         85,80        4,01%
S&P 500        1.226,29      -26%        904,27        0,18%
Nasdaq         2.102,53      -33%      1.411,52        2,53%
Nasdaq-QQQ        44,00      -41%         26,10        2,19%
Dow Jones     10.673,10      -20%      8.542,13       -0,51%
Volatilitaet      57,31      -43%         32,60       -7,60%
30-Jahr Anl.       5,86      -16%          4,93        0,82%
Gold             327,05       -3%        318,60       -0,20%



Im zweiten Teil dieses Kapitels konnte ich mich nicht zurueck
halten, die aktuellen konjunkturellen Entwicklungen in
Deutschland zu kommentieren. Sie muessen das nicht lesen, es ist
nur ein Sortieren meiner Gedanken. Resultat: Kurzfristig koennte
der Dollar schwaecher sein, als der Euro. Mittelfristig (5 Jahre
und mehr) rechne ich jedoch damit, dass der Dollar wieder an

Staerke gewinnt.

Die UN-Resolution gegen den Irak sorgte fuer erhoehte
Kriegsaengste und damit fallende Aktienkurse. Als dann auch noch
zum Wochenbeginn die Resolution vom Parlament im Irak abgelehnt
wurde, brach die Boerse ein. Der mit 100% Zustimmung gewaehlte
Diktator Saddam Hussein erst sorgte durch seine weise
Entscheidung, die Resolution, gegen die Stimmen seines
Parlaments und damit gegen die Stimmen der Vernunft, anzunehmen,
fuer Erleichterung (Ich hoffe, Sie haben den Anflug von
Sarkasmus erkannt).

Wie dem auch sei: Zunaechst spielt der Irak also wieder mit uns
zusammen. Aktienkurse steigen, der Goldpreis faellt,
Anleihenrenditen gehen zurueck.

Vorgestern kam zusaetzlich noch das Geruecht auf, dass Cisco
(CSCO) wieder ein ansteigendes Auftragsvolumen verzeichne. Die
Kurse stiegen weiter... bis man feststellte, das Cisco dies ja
bereits vor einer Woche in Aussicht gestellt hatte und dieses
Geruecht zwar stimmt, aber keine Neuigkeit ist. Nun ja, die
Nasdaq fiel dann gegen Ende des Tages wieder etwas zurueck.  

Somit lieferten sich wieder einmal Baeren und Bullen einen
Schlagabtausch. Baeren denken, es handelt sich bei der Rallye um
eine Baerenmarktrallye. Bullen kuemmert das nicht und entgegnen,
dass man gerade die im Jahresverlauf beste Boersenjahreszeit
begonnen habe.

Das Handelsministerium vermeldete am Donnerstag, dass die
Einzelhandelsumsaetze in den USA im Monat Oktober konstant
geblieben waren. Dies wurde als positive Ueberraschung
aufgenommen, da man aufgrund des ruecklaeufigen Automarktes,
welche gut ein Viertel dieser Zahlen ausmacht, Schlimmeres
erwartet hatte.

Rechnet man die Autos aus der Kennzahl heraus, so ist zu sehen,
dass die Umsaetze gegenueber dem Vorjahr sogar um 0,7%
angestiegen waren. Obwohl also das Konsumentenvertrauen
ruecklaeufig ist, steigt der Konsum an. Der Markt gibt sich
wieder einmal Muehe, uns zu verwirren.

Ebenso der Immobilienmarkt: Statt langsam Schwaeche zu zeigen,
wie von mir tendenziell erwartet, wird vermeldet, dass
Immobilienpreise im Zeitraum vom Juli bis September um stolze
7,1% angestiegen sind. Die Immobilienblase gibt also noch immer
keine Anzeichen, zu zerplatzen.


KONJUNKTUR IN DEUTSCHLAND

Der Startschuss fiel am 1.1.2000. Es gab keine Y2K-Probleme, die
Infrastruktur aller Unternehmen, die sich nach unserem
Gregorianischen Kalender richten, war auf einem modernen Stand.
Man fragte sich: Was nun? ... lehnte sich zurueck und wartete.

Nun, als naechstes fusionierte AOL mit Time Warner. Dabei wurde
fuer das Internetunternehmen ein Wert angenommen, der um 40%
unter dem damaligen Boersenwert lag. Da war zu erkennen: die USA
waren losgelaufen – aber leider rueckwaerts.

In Deutschland hatte man wohl den Schuss nicht gehoert: Noch
Mitte 2000 wurden die UMTS-Lizenzen im Wahn des unnatuerlichen
Wachstums der vergangenen 20 Jahre zu Milliarden-Betraegen
ersteigert. Zu diesem Zeitpunkt war der amerikanische Nasdaq
bereits um 40% eingebrochen.

Erst der Verlauf der Holzmannkrise laesst Deutschland langsam
den Ernst der Lage vermuten: Milliardenprogramme koennen dem
angeschlagenen Konzern von November 1999 bis in das Jahr 2001
nicht helfen. Nun schnallte auch Deutschland den Guertel etwas
enger, nicht jedoch ohne zuvor nochmals Ende 2000 ordentliche
Tarifvertragserhoehungen durchzusetzen.  

Die USA begannen Anfang 2001 mit ihrer in der Geschichte
einmaligen Lockerung der Geld- und Fiskalpolitik. Deutschland
hat keine eigene Geldpolitik mehr, sondern ist in weiten Teilen
von Entscheidungen der EZB (Europaeische Zentralbank) abhaengig.
Die EZB betrachtet jedoch den gesamten Euroraum und nicht nur
Deutschland. Und im Euroraum gibt es einige Laender, die keine
lockerere Zinspolitik benoetigen. Es gibt tatsaechlich Laender,
die mit der augenblicklichen weltkonjunkturellen Situation recht
gut fertig werden. Daher befindet sich der europaeische Leitzins
noch immer auf einem für Deutschland relativ hohen Niveau.

Diese hohe Niveau wird der Deutschen Situation nicht gerecht.
Deutschland braeuchte nun eine Lockerung der Geldpolitik, um die
Nachwehen des Booms der spaeten 90er besser abfangen zu koennen.
Das im internationalen Vergleich hohe Lohnniveau in Deutschland,
welches in den Boomjahren vermutlich sogar gerechtfertigt war,
kann, vereinfacht gesagt, entweder durch eine Abwertung des
Aussenwertes der deutschen Waehrung oder durch eine Absenkung
des Lohnniveaus aufgefangen werden.

In der Nachkriegsgeschichte Deutschlands wurde stets die
Abwertung des Aussenwertes der DM gewaehlt. Dieses Instrument
haben wir heute nicht mehr, wie oben erlaeutert sind wir
abhaengig von dem gesamten Euroraum.

Das Ventil muss also der Arbeitmarkt in Deutschland sein. Bei
unseren starren Strukturen hilft ein Hartz-Programm hoechstens
kurzfristig, um die Schmerzen der Umstellung zu mildern. Um
langfristig wettbewerbsfaehig allein schon gegenueber unseren
europaeischen Wettbewerbern zu bleiben, benoetigen wir
wesentlich mehr Flexibilitaet am Arbeitsmarkt.

Strukturaenderungen in diese Richtung kann ich im
Regierungsprogramm leider nicht entdecken. Daher komme ich zu
dem Schluss, dass insbesondere Deutschland als groesste
Volkswirtschaft der EU und dadurch aber auch die EU insgesamt
den Rueckwaertswettlauf gegen die USA verlieren wird.

Als Rueckwaertswettlauf bezeichne ich die Bereinigung der
strukturellen Verzerrungen, die durch die Boomjahre der spaeten
90er entstanden waren. Die USA haben bereits einige schmerzhafte
Erfahrungen hinter sich: Enron oder Worldcom wurden vom Staat
NICHT aufgefangen. Die Arbeitslosigkeit ist auch in den USA auf
Rekordniveau, jedoch von einem weit niedrigeren Startpunkt als
in Deutschland.

Ich denke daher, dass dieser Bereinigungsprozess in den USA
schneller vonstatten gehen wird. Dies fuehrt voruebergehend zu
einem schwachen Dollar, wahrscheinlich sogar noch schwaecher als
der Euro. Die USA werden jedoch schneller die Talsohle
durchschreiten und wieder zu Wachstum finden.

Vor diesem Hintergrund erhaelt der Blaue Brief der EU eine
andere Bedeutung: Die EU wird unter den verschleppten
Strukturaenderungen Deutschlands leiden. Es ist der EU nicht
egal, was Deutschland tut, denn die Zinspolitik der EU muss auf
die Unterschiede in den einzelnen Laendern Ruecksicht nehmen.
Und wenn einige Laender aus der Reihe tanzen, dann sollten diese
die Ursachen erforschen und nicht an den Symptomen herumdoktern.

Somit erklaert sich auch die vehemente Kritik, die diese Woche
der Sachverstaendigenrat an den Reformvorschlaegen aeusserte: Es
wuerden Symptome behandelt und es fehle an einer klaren
Perspektive. Die fehlende Perspektive zeigt sich auch darin,
dass weitere Bevoelkerungsschichten zur heutigen Finanzierung
des Haushaltslochs herangezogen werden sollen (Erhoehung der
Freigrenze des Rentenbeitrags) ohne jedoch ein Konzept
anzubieten, wie die dadurch neu entstehenden Ansprueche in der
Zukunft finanziert werden koennten.

Das von Bismarck erfundene Umlageverfahren der Rentenkassen
sollte in den 80ern, als man merkte, dass die demographische
Entwicklung die Bestaendigkeit dieses Systems gefaehrdet,
reformiert werden. Symptomatisch fuer die damalige politische
Diskussion: Die Kohl-Regierung erstellte strukturelle
Aenderungsvorschlaege, diese wurden stets vom Bundesrat
abgewiesen, nur stark abgeschwaechte Reformen konnten
verabschiedet werden.

Der Wahlkampf 1998 wurde zu einem grossen Teil um dieses Thema
herum gefuehrt: Schroeder versprach, die „sozial kalten"
Reformen der Kohl-Regierung rueckgaengig zu machen – gewann
damit die Wahl und loeste sein Versprechen ein. Dabei waren die
damaligen Reformen erste Schritte zu einer Aenderung der
Struktur des Rentensystems, die der demographischen Aenderung
der deutschen Bevoelkerung Rechnung trugen.

Somit stehen wir heute an dem Punkt, da das System nicht mehr
funktioniert. Und noch immer haelt Schroeder sein Versprechen:
Er geht noch immer keine strukturellen Aenderungen an. Vielmehr
weitet er das ueberkommene System aus, indem er die
Beitragsbemessungsgrenze erhöht. Eine Ausweitung des Systems
ohne einem konkreten Konzept, diese Ausweitung wieder zurueck zu
fuehren, fuehrt zu einer fortgesetzten Desillusionierung der
Bevoelkerung hinsichtlich einer Zukunft fuer Deutschland.

Langer Rede kurzer Sinn: Japan hatte aehnliche Symptome und
verschob wichtige Strukturaenderungen ueber 10 Jahre lang. Die
Situation in den USA ist nicht unbedingt besser als in
Deutschland, aber die groessere Flexibilitaet der USA wird
meiner Einschaetzung nach dafuer sorgen, dass die USA eventuell
bereits in 5 bis 8 Jahren aus diesem Strukturwandel gestaerkt
hervorgehen werden. In Deutschland wird es wohl mindestens 10
Jahre dauern.

Mehr unter: www.ekip.de

Zick-Zock:

up für rübensalat

 
19.11.02 13:01
*gähn* ;-)
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