„Jeden Tag eine Pleite “,lautet das Motto der Frankfurter Wachstumsbörse. Die Frustration der Anleger am Neuen Markt wird täglich größer. Neben dem Verlust bleibt manchmal das Gefühl,dass man über den Tisch gezogen wurde. Eins vorab: Ein Unternehmen kann pleite gehen, das ist keine Schande. Die Art und Weise jedoch,wie sich am Neuen Markt die Pleiten ankündigen, ist höchst fragwürdig. Das Schema, mit dem sich Insolvenzen ankündigen, ist fast immer dasselbe: Der Kurs fällt, das Unternehmen beschwichtigt, es gäbe keinen Grund zur Unruhe, der Kurs fällt weiter – meist unter höheren Umsätzen – und irgendwann kommt dann die ominöse Ad-hoc: „Auf Grund drohender Zahlungsunfähigkeit...“. Vorher gewusst hat natürlich niemand davon.
Nun gut: Jeder ist solange unschuldig, bis einem das Gegenteil bewiesen wird. Allein fehlt der Glaube an das vielfach Gesagte,dass man sich alles nicht erklären kann.
Das treibt dem Anleger die Zornesröte ins Gesicht - verständlicherweise macht in den Chatboards des Internets immer wieder das Wort Betrug die Runde. Die Institutionen, welche die Machenschaften der Insider aufdecken oder verhindern sollen, haben bis dato versagt. Kaum ein Prüferfolg durch die Bundesaufsichtsämter, eine lasche Gesetzgebung und – viel schlimmer – nirgendwo auch nur der Ansatz von Einsicht bei den Verantwortlichen oder ein Funke Motivation, die Gegebenheiten drastisch zu verbessern.
Auch das vierte Finanzmarktförderungsgesetz sollte da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben. Das in dieser Situation etwas geschehen muss,ist klar. Dass kaum etwas geschehen wird, ebenso. In dieser Form ist der Neue Markt dem Tod geweiht, wenn er nicht sogar längst im Sterben liegt. Gestern habe ich getitelt: „Begrabt den Nemax50!“. Heute möchte ich einen Schritt weiter gehen: „Begrabt den Neuen Markt!“; denn so wie jetzt will
ihn keiner mehr.
Quelle: Wo 13.02.2002