Betrachten wir nun die Welt. Können wir die Finanzkrise überwinden? Ja! Es wird allerdings eine hartes Stück Arbeit sein. Hart, aber befriedigend.
Wir haben heute eine Massenarbeitslosigkeit in zwei Formen. Einmal die offizielle und inoffizielle Arbeitslosigkeit im engeren Sinne: Menschen, die keine Arbeit haben oder unterbeschäftigt sind. Viele Menschen werden gar nicht mehr erfaßt. Das andere aber sind die Menschen, die zwar einen Arbeitsplatz haben, bei dem sie aber nur sinnloses Zeug zu tun haben. Es gibt zu viele Bürohengste, die völlig unqualifiziert sind. Sie sollten die Chance bekommen, etwas Produktives zu leisten, statt etwas zu tun, das wenig Qualifikation benötigt und sie nicht ausfüllt.
Es gibt also einen riesigen Pool an Arbeitslosen. Und es gibt etwa im Bereich der Infrastruktur große Erfordernisse. Denken Sie an die Städte, an die Energie- oder Wasserversorgung. Oder an das Bildungswesen und die Umwelt im allgemeinen. Denken Sie an den Zustand der Gebäude, an die Lebensbedingungen, an die lebensnotwendige Infrastruktur. Das Gesundheitswesen ist praktisch zusammengebrochen. Das alles müssen wir wieder in Ordnung bringen. Das ist eine sinnvolle Arbeit, die ihr Geld wert ist.
Wir können den Amerikanern wieder Arbeit verschaffen, wie Franklin Delano Roosevelt das gezeigt hat. Die Ergebnisse werden für die Nation förderlich sein. Haben wir mit Roosevelts New Deal Geld verloren? Nein, der New Deal hat die Lebensbedingungen der Amerikaner und die Wirtschaft verbessert. Die Nation wurde gerettet. Es war keine sinnlose Arbeitsbeschaffung. Wir haben Menschen, die müßig waren oder deren Arbeitskraft ungenutzt war, Arbeit gegeben, um eine Zukunft aufzubauen. Und sie haben die Zukunft aufgebaut! Vielleicht nicht perfekt, aber sie taten es.
Heute haben wir, was den technischen Fortschritt angeht, große Möglichkeiten vor uns. Wir können technologische Revolutionen machen. Wir können nicht alles auf einmal tun, weil es an entsprechend ausgebildeten Menschen fehlt. Aber wir können etwa das Raumfahrtprogramm wieder ankurbeln. Wir können andere Dinge wieder ankurbeln, die die Wirtschaft wieder in Schwung bringen.
Der Aufbau der Weltwirtschaft
Dabei stehen verschiedene große Herausforderungen vor uns. Auf dem amerikanischen Kontinent sind die Dinge relativ einfach. Wir müssen nur die Ungerechtigkeiten abschaffen, und schon wird sich alles gut entwickeln. In Mittel- und Südamerika liegt zwar viel im Argen, aber der früher einmal eingeschlagene Weg wird funktionieren, wenn wir unseren Verstand anstrengen.
Zwei andere Regionen der Welt sind besonders wichtig für uns. (Damit will ich Australien keineswegs ignorieren, aber die Australier sind dafür bekannt, daß sie durchaus für sich selbst reden können.)
Da ist zum einen der riesige Kontinent Eurasien, mit den größten mineralischen Ressourcen auf der Erde - viele davon noch ganz oder weitgehend unerschlossen. Dazu gehört Westeuropa, wo sich bis vor einiger Zeit viel technischer Fortschritt konzentrierte. Auch Japan gehört dazu. Bevor es von Brzezinski als Sicherheitsberater Carters in den Ruin getrieben wurde, war auch Japan ein Zentrum des technischen Fortschritts.
China gehört sicher zu den aufstrebenden Nationen, ist aber auf sich allein gestellt in einer schwierigen Lage. In China leben mehr als eine Milliarde Menschen, und damit wird das Land mit den Mitteln, die es derzeit einsetzt, nicht fertig werden. China braucht Hilfe. Auch in Indien werden bald eine Milliarde Menschen leben. Es ist in mancher Hinsicht eine starke Nation, aber es braucht ebenfalls Hilfe.
Hinzu kommen noch Südostasien allgemein, Zentral- und Nordasien sowie der Nahe Osten. Dies sind Gebiete potentieller Entwicklung; sie brauchen einen immensen Technologietransfer, kapitalintensive Investitionen wie etwa umfassende Wasser- und Verkehrsprojekte über einen Zeitraum von 15-25 Jahren.
Deshalb können wir Eurasien aufbauen, indem wir die Zentren - u.a. in China und Indien - , die das technische Potential haben, die Investitionsgüter und Technologie herzustellen, die in den großen unterentwickelten Landmassen Asiens dringendst benötigt werden, miteinander verbinden. Dies umfaßt auch die Regionen Asiens wie Zentralasien und Nordasien, die bisher niemals angemessen entwickelt wurden, aber mit solchen Programmen entwickelt werden könnten. Mit einem wirtschaftlichen Aufbauprogramm für Eurasien, wie es Roosevelt in den 30er Jahren für die USA vorgesehen hatte, können wir das brachliegende Potential Japans, Westeuropas und anderer Regionen wie Teilen Chinas und Indiens kombinieren und dieses Potential mobilisieren, um mit langfristigen, niedrigverzinsten Krediten die Technologien liefern, die in den sehr großen Gebieten Asiens gebraucht werden, wo große Menschenmassen und große Mengen an Rohstoffen auf Entwicklung und Erschließung warten.
Afrika ist in gewisser Hinsicht ein besonderer Fall: Afrika ist ein ausgeplünderter und zerstörter Kontinent, dies gilt vor allem für die Region südlich der Sahara. Roosevelt wollte dies ändern, aber unter seinem Nachfolger Truman, der die Probleme der afrikanischen Völker nicht verstand, wurde das fallengelassen. Afrika wird seiner Rohstoffe beraubt. Der South African Shield etwa ist eine der rohstoffreichsten Regionen der Welt. Die Anglo-Amerikaner und ihre israelischen Partner haben diese Region systematisch geplündert und das, was von den Nationalstaaten dort noch übrig war, zerstört, um die Menschen über Bruderkriege und anderes leichter ausplündern zu können. Die Menschen dort sind am Ende.
Wir müssen Afrika Gerechtigkeit bringen. Afrika verfügt über außerordentliche Potentiale. Es sollte nicht nur Rohstoffe exportieren, sondern Halbfertig- und Fertigwaren. Damit könnte Afrika seine Städte und seine Industrie entwickeln. Jetzt muß umgehend massiv in den Aufbau eines Infrastrukturnetzes investiert werden. Das ist eine alte Geschichte! In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts planten die Briten den Bau einer Eisenbahn von Kapstadt nach Kairo, doch leider wurde sie nie gebaut. Bis 1898 planten die Franzosen eine Bahn durch die Sahelzone, von Dakar in Senegal bis Dschibouti am Indischen Ozean, auch dieses Vorhaben wurde niemals verwirklicht. Der Aufbau der Wasser- und Energieversorgung, des Verkehrswesens und neuer städtischer Zentren ist eine Vorbedingung für die Entwicklung Afrikas.
Unter den Bedingungen einer solchen Infrastrukturentwicklung besitzt Afrika ein enormes Potential zur Nahrungsmittelproduktion. Derzeit sind die afrikanischen Farmen nicht produktiv, weil zuviel Ernte wegen Krankheiten ausfällt und weil es an Technik fehlt. In Süd- und Ostasien herrscht eine starke Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Dort liegt eine Zukunft für Afrika. Deshalb müssen wir Afrika helfen, seine lebensnotwendige wirtschaftliche Infrastruktur aufzubauen, so wie Roosevelt es beabsichtigte.
Eine Frage von Führungsqualitäten und Vision
Was ist dann die Perspektive für die kommenden 25 Jahre, wenn wir als Amerikaner wieder Vernunft annehmen? Wir sind immer noch ein politischer Machtfaktor in der Welt. Wenn wir die Sache richtig anpacken, wird die Welt auf uns hören. Afrika würde auf uns hören, und ich glaube, Afrika würde mir vertrauen. Auch Mittel- und Südamerika würden mir wahrscheinlich mehr vertrauen als jedem anderen amerikanischen Politiker - und das aus gutem Grund! Das gleiche gilt für Europa und Asien.
Wenn die Vereinigten Staaten, so wie ich sie verstehe, Amerika, Afrika und Eurasien eine solche Vision vorschlagen, könnten wir eine solche auf 25 Jahre angelegte Mission in Angriff nehmen, ohne imperialistische Motive zu haben oder ein Hegemonialsystem anzustreben. Wir könnten eine Partnerschaft zwischen völlig souveränen Nationalstaaten aufbauen. Man könnte es als eine "multipolare Welt" der Zusammenarbeit zwischen Nationalstaaten bezeichnen.
Unter den Bedingungen der schweren Krise brauchen wir jetzt eine Führung mit einer Vision, so wie Roosevelt 1932-33 auf die Depression in den USA reagierte. Eine visionäre, weise Führungspersönlichkeit, die bereit ist, die Käseglocke der "öffentlichen Meinung" zu zerschlagen. Jemand, der an die Bevölkerung die einfache Frage richtet: "Wir sind dabei unterzugehen. Wollen Sie überleben? Wollen Sie sich uns anschließen und dabei mithelfen, damit wir überleben?"
Von Ihnen und vielen andere Menschen brauche ich ein einfaches "Ja, wir sind dabei". Vor uns liegt eine großartige Perspektive: ein 25jähriges Bemühen, der Hölle zu entkommen und eine wirkliche Zukunft zu bauen. Und wir, die wir das nicht mehr erleben werden, können zwei Generationen in die Zukunft schauen und sagen: "Zumindest liegt die Chance in unserer Reichweite, eine Ordnung auf diesem Planeten zu erreichten, die menschenwürdig ist und alle Menschen einschließt."
Ich danke Ihnen.
Von Lyndon LaRouche