Ausbleibende Zinssenkung wäre katastrophal
Diese Woche werden die Finanzmärkten ganz im Zeichen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen. Der Euro wird es schwer haben.Analysten fürchten vor allem ein Ausbleiben der erwarteten Zinssenkung in den USA. Dann rechnen sie mit starken Kursverlusten bei Aktien, Anleihen und beim Dollar. Die Fed-Funds-Zielrate liegt derzeit bei 1,75 Prozent. Die Sitzung der britischen Notenbank wird weniger Beachtung finden.
Zunehmende Zinssenkungsspekulationen haben der Wall Street am Freitag noch einmal Auftrieb verschafft. Im Wochenvergleich stieg der Dow Jones um 0,9 Prozent und der Nasdaq Composite um 2,2 Prozent. Während in Europa der Stoxx 50 1,0 Prozent verlor, legte der Dax um 2,0 Prozent zu. In Tokio fiel der Nikkei 225 um 0,5 Prozent.
Die Fed hat kaum eine Wahl
In den USA "haben die Märkte eine Zinssenkung längst eingepreist - die Fed kann es sich kaum leisten, bei diesen Rahmenbedingungen einen Abwärtsimpuls zu geben", sagte Lara Rhame von Brown Brothers Harriman. Nachdem der Arbeitsmarktbericht und der nationale Einkaufsmanagerindex in den USA am Freitag das Bild einer stotternden Konjunktur komplettierten, mehren sich an der Wall Street sogar die Stimmen, die nach einer Zinssenkung der Fed um 50 Basispunkte rufen.Christian Schmidt von der Landesbank Hessen Thüringen geht davon aus, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer mit einer Zinssenkung der Fed um 50 Basispunkte rechnet. "25 Basispunkte wären bereits eine kleine Enttäuschung." Auch der Chefstratege der Deutschen Bank, Bernd Meyer, erwartet von einer Senkung der Zinsen in den USA keine Impulse für die Aktienmärkte, da "die Finanzierungskosten der Industrie nicht deutlich fallen würden." Auf dem derzeit niedrigen Niveau hätte sie möglicherweise keinen oder sogar einen negativen Effekt.
Hoffen auf Signale von der EZB
Eine Rücknahme des Leitzinses der EZB (derzeit 3,25 Prozent) könne hingegen als ermutigendes Signal interpretiert werden, sagte Meyer. Die Marktteilnehmer könnten den Eindruck gewinnen, dass die Notenbank neben dem Inflationsziel auch das Wirtschaftswachstum als sekundäres Ziel verfolgt. Niedrigere Zinsen "wären sehr gut für die Märkte", sagte Matthias Jörss von Sal. Oppenheim. Durch die größere Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen stiegen die Margen der Banken. "Für Finanzwerte wäre eine Zinssenkung das Beste, was passieren kann."Aus technischer Sicht erwarten die Analysten in dieser Woche eher eine Seitwärtsbewegung. "Wir haben im Dax eine Handelsspanne zwischen 2980 und 3260 Punkten etabliert - es wird schwer sein, die Widerstandslinie bei 3280 Punkten zu überschreiten", sagte Schmidt. "Nur bei guten Nachrichten wären 3550 Punkte denkbar." Ähnlich die Einschätzung von Jörss: "Wir sind in einer Phase, in der wir den Anstieg des letzten Monats erst einmal verdauen."
In dieser Woche legen noch einige prominente Unternehmen in Europa ihre Quartalsergebnisse vor: Am Montag berichten der französische Medienkonzern Vivendi Universal und die niederländische Bank ABN Amro , am Dienstag veröffentlicht British Airways seine Ergebnisse, und am Mittwoch legen BNP Paribas , Heidelberger Druck und Puma ihre Zahlen vor. Am Donnerstag folgen Adidas-Salomon , Aixtron , British Telecom , die London Stock Exchange und Olivetti. Zum Wochenschluss berichten die Deutsche Börse und der Konsumgüterhersteller Henkel .
In den USA gibt es mit Walt Disney und Cisco nur noch zwei Highlights der Ertragssaison. Außerdem legen am Dienstag Fox Entertainment und der Versicherer MetLife Zahlen vor.
Feste Börsen belasten Bonds nicht
An den Bondmärkten gehen Strategen davon aus, dass die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Renditen zunehmen wird. "Bei den zweijährigen US-Treasuries sind 25 Basispunkte eingepreist, 50 hingegen noch nicht ganz", sagte Jan Loeys, Chef-Rentenstratege bei JP Morgan. Daher hätten diese Papiere noch leichtes Kurspotential.Für die Euro-Zone ist Loeys noch optimistischer. "Ein kleiner Zinsschritt würde neue Zinssenkungsphantasie schaffen, diese bliebe erhalten, wenn die EZB nichts tut." In diesem Umfeld würden selbst freundliche Börsen die Bondmärkte nicht belasten. Im Falle einer Rücknahme um 50 Basispunkte rechnet Peter Schaffrik von Dresdner Kleinwort Wasserstein mit einer Rally bei den Anleihen, zumal die Investoren derzeit neutral positioniert seien.
Der Euro wird es nach Meinung von Eugen Keller vom Bankhaus Metzler schwer haben, seine Gewinne auszubauen. "Er ist nach dem jüngsten Anstieg überkauft, ein Rückfall auf 0,9925 $ ist wahrscheinlich." Am Freitagabend notierte die Gemeinschaftswährung bei 0,9966 $, nachdem sie zuvor kurz die Parität zum Dollar erreicht hatte.
ftd.
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