Die ukrainische Flagge weht über dem Stadtbild von Kiew.
Freitag, 13.12.2024 10:38 von | Aufrufe: 133

ROUNDUP: Massiver Raketenbeschuss auf die Ukraine

Die ukrainische Flagge weht über dem Stadtbild von Kiew. ©iStock

KIEW (dpa-AFX) - Russland hat die Ukraine nach einigen Tagen Pause wieder massiv aus der Luft attackiert und vor allem auf die Energieversorgung des Nachbarlandes gezielt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte mit, es seien mehr als 90 russische Raketen auf Ziele in seinem Land abgefeuert worden. "Es gelang, 81 Raketen abzuschießen", schrieb er bei Telegram. Die aus dem Westen gelieferten Kampfflugzeuge F-16 hätten russische 11 Marschflugkörper abgefangen. Vor der Raketenattacke am Morgen habe Russland über Nacht zudem knapp 200 Kampfdrohnen eingesetzt. "Das ist einer der größten Angriffe auf unser Energiesystem", schrieb der Staatschef.

Nach Angaben des ukrainischen Militärs wurden mehrere Hyperschallraketen Kinschal von russischen Kampfjets MiG-31 aus gestartet. Militärbeobachtern zufolge griffen die Kinschal Ziele in der Westukraine wie das Wärmekraftwerk Burschtyn und den Militärflughafen Starokostjantyniw an. Mehrere Einschläge von Marschflugkörpern habe es im südukrainischen Gebiet Odessa gegeben. Offizielle Bestätigungen gab es zunächst nicht.

Energieminister Herman Haluschtschenko schrieb bei Facebook (Facebook Aktie), erneut werde der Energiesektor massiv angegriffen. Über die entstandenen Schäden werde informiert, sobald die Sicherheitslage es zulasse. In mehreren Regionen wurden vorsorglich Stromsperren eingeführt, um eventuellen Überlastungen des Netzes vorzubeugen.

Selenskyj bittet um Flugabwehr und Sanktionen gegen Moskau

Selenskyj erneuerte seine Aufrufe an die westlichen Verbündeten, mehr Flugabwehrsysteme zu liefern. Auch seien wirksamere Sanktionen gegen Russland nötig. "Erdöl gibt (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin ausreichend Geld, um an die eigene Straflosigkeit zu glauben", betonte der Präsident. Auf massive russische Angriffe müsse es eine massive Reaktion geben. "Nur so wird der Terror gestoppt", unterstrich Selenskyj.

Ukrainischen Soldaten droht Einkesselung bei Kurachowe

An der Front in der Ostukraine verschlechtert sich die Lage der ukrainischen Verteidiger indes weiter. Nach Angaben ukrainischer Militärbeobachter drohte einer ungenannten Zahl von Soldaten die Einkesselung südlich von Kurachowe im Gebiet Donezk. Sie hatten dort lange Stellungen auf beiden Seiten des Flusses Suchi Jaly gehalten, doch schneidet das Vorrücken der Russen in den Ort Uspeniwka ihren Abzugsweg ab. "Es ist schwer zu verstehen, welchen Sinn es hat, den "Sack von Uspeniwka" zu halten, wenn der Feind weiterhin schrittweise Kurachowe einnimmt", hieß es auf dem Militärblog "DeepState".

Der Generalstab äußerte sich nicht detailliert zur Lage an diesem Frontabschnitt, sondern berichtete nur von heftigem Kämpfen um Kurachowe. Ebenso umkämpft sei Pokrowsk. Nach Berichten von Militärbeobachtern sind den russischen Truppen dort in den vergangenen Tagen mehrere Vorstöße gelungen. Aus der Stadt wurden weitere Zivilisten in Sicherheit gebracht, die bislang trotz der Gefahr ausgeharrt hatten.

Selenskyj in Fast-Frontstadt Saporischschja

Zwei Tage nach einem russischen Raketenangriff mit elf Toten reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in die immer stärker vom Krieg betroffene Großstadt Saporischschja. Er besuchte die beschädigte Klinik, in der am Dienstag eine Rakete eingeschlagen war, und gedachte der Opfer. Ebenso besichtigte er eine neu gebaute unterirdische Schule für 1.000 Kinder.

"Es gibt viel zu tun in Saporischschja: die Sicherheitslage, der Schutz des Himmels", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. In der Stadt im Süden, die vor dem russischen Angriffskrieg 700.000 Einwohner hatte, beriet der Präsident mit dem Militär über die Lage an der näher rückenden Front. Sollten ukrainische Truppen die letzten Städte im östlichen Gebiet Donezk räumen müssen, sind es bis Saporischschja am Dnipro nur 130 Kilometer offenes Steppenland.

Jermak: Ukraine zu schwach für Verhandlungen mit Moskau

Zur laufenden internationalen Diskussion über Auswege aus dem Krieg sagte der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak, das Land sei derzeit nicht stark genug für Verhandlungen mit Moskau. "Heute sind wir noch nicht so weit. Uns fehlen Waffen, uns fehlt ein Status", sagte er im ukrainischen TV. "Wir sprechen über eine Einladung in die Nato und klare Garantien, die sicherstellen würden, dass (Kremlchef Wladimir) Putin nicht in zwei oder drei Jahren zurückkehrt."

In Berlin sagten die Außenminister mehrerer europäischer Länder der Ukraine standhafte Unterstützung und den Einsatz für tragfähige Sicherheitsgarantien zu, falls es nach der Amtsübernahme von Donald Trump als US-Präsident im Januar zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand kommen sollte. Unklar ist, wie die Garantien aussehen könnten. Pläne für eine europäische Friedenstruppe sind derzeit nicht konkret. In Warschau berieten am Mittwoch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron über die Lage. Macron mahnte einen Schulterschluss mit den USA an.

Neues US-Hilfspaket

Die scheidende US-Regierung unter Präsident Joe Biden stellt der Ukraine weitere Waffen zur Verfügung, um die Abwehr des russischen Angriffskriegs zu unterstützen. Das Hilfspaket hat einen Umfang von 500 Millionen US-Dollar (rund 477 Millionen Euro), wie das US-Außenministerium mitteilte. Es umfasst unter anderem Systeme zur Drohnenabwehr, Munition für das Raketenwerfersystem vom Typ Himars sowie gepanzerte Fahrzeuge. Erst vor wenigen Tagen hatte die US-Regierung ein Paket im Umfang von rund 988 Millionen US-Dollar (rund 935 Millionen Euro) bekanntgegeben.

Unter dem Demokraten Biden sind die USA der größte Waffenlieferant und politisch wichtigste Unterstützer der Ukraine. Doch am 20. Januar steht der Machtwechsel in Washington an - und der Kurs in Bezug auf die Ukraine dürfte sich unter Trump deutlich ändern. In Kiew besteht die Sorge, dass der Republikaner die US-Militärhilfe drastisch zurückfahren könnte. Daher hat sich die Biden-Regierung zum Ziel gesetzt, alle bereits vom Kongress genehmigten Mittel in den verbleibenden Wochen schnell und effektiv zu nutzen./fko/DP/jha

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