Der Devisenmarkt flüchtet in sichere Häfen

Freitag, 19.04.2024 12:30 von Société Générale - Aufrufe: 74

Während ich diese Zeilen schreibe, gibt es noch keine offizielle Bestätigung dafür, dass Israel heute Morgen Vergeltungsschläge gegen den Iran unternommen hat, doch deuten immer mehr Meldungen genau das an. In solch einem Moment reagiert der Devisenmarkt nicht entlang der üblichen makroökonomischen Treiber, sondern tritt (quasi “instinktiv”) die Flucht in die sicheren Häfen an: CHF, JPY und USD.

Man mag lange darüber streiten, warum einerseits die niedrig verzinslichen Währungen CHF und JPY sichere Häfen sind und andererseits der hochverzinsliche US-Dollar. In dem Moment, in dem Meldungen solch eine plötzliche Flucht auslösen, ist der Grund freilich recht trivial: CHF, JPY und USD sind momentan sichere Häfen, weil sie es bislang immer waren. Daher ist’s – wenn Meldungen dieser Art über den Ticker laufen – eine relativ sichere Wette, sein Heil in diesen Währungen zu suchen.

Bitte beachten Sie, dass der Mechanismus, den ich gerade beschreibe, nichts anderes ist als eine spekulative Blase. Nicht fundamentale Argumente sind der wesentliche Grund für die Sicherer-Hafen-Eigenschaft dieser drei Währungen, sondern die Tatsache, dass jedermann annimmt, dass jeder andere annimmt, dass sie sichere Häfen sind.

Und genauso sieht’s am anderen Ende des Währungs-Spektrums aus. Erstmal ist die Tatsache, dass sie als risikosensitiv gelten, Grund dafür, dass TRY, ZAR und MXN momentan (in dem Moment, in dem dieser Text entsteht) unter Druck sind.

Ist die Wechselkursbewegung damit eine irrationale Panikreaktion? Nun, zunächst gilt natürlich: Dass jeder Marktteilnehmer sich überlegt, wie die anderen Marktteilnehmer momentan ticken, ist nicht irrational, sondern äußerst klug.

Und ja, aus dieser Mechanik kann hin und wieder ein aus fundamentaler Sicht unsinniges Ergebnis resultieren. Häufig aber nicht. Damit eine spekulative Blase eine Währung zu einem sicheren Hafen macht, muss es zunächst einen Grund geben, quasi einen Kristallisationspunkt, um den herum sich die Erwartungen der Marktteilnehmer sammeln.

Anders gesagt: Damit spekulative Blasen entstehen, bedarf es einer fundamentalen Story. Der große Ökonom John Kenneth Galbraith hat das sehr oft sehr gut beschrieben. Hier eine Stelle, die ich auf die Schnelle gefunden habe:

Speculation occurs when people buy assets, always with the support of some rationalizing doctrine, because they expect their prices to rise. That expectation and the resulting action then serve to confirm expectation. Presently the reality is not what the asset in question […] will earn in the future. Rather it is only that enough people are expecting the speculative object to advance in price to make it advance in price and thus attract yet more people to yet further fulfill expectations of yet further increases.

John Galbraith, “Money: Whence It Came, Where It Went”

Die “rationalizing doctrine“, die CHF und JPY zu sicheren Häfen macht, ist schnell erzählt: Würde der Konflikt im Nahen Osten eine globale Rezession auslösen, könnten Zentralbanken weltweit geneigt sein, ihre Leitzinsen schneller und stärker zu senken, als heute absehbar ist. Damit würden sie ihren jeweiligen Währungen Schaden zufügen. Die Schweizerische Nationalbank und die Bank von Japan können ihren Währungen aber nur geringen Schaden zufügen. Weil ihre Zinsniveaus so niedrig sind und eine Zinsuntergrennze existiert (wie die Erfahrung der 2010er Jahre gelehrt hat). Übrigens ist das auch der Grund dafür, dass Gold sicherer Hafen ist: Auf Gold gibt’s überhaupt keine Zinsen, daher kann auch nichts gesenkt werden.

Und der US-Dollar? Da ist’s etwas komplizierter. Einerseits ist’s natürlich klug, die Währung einer Großmacht zu besitzen, wenn unübersichtliche Kriegsgefahr droht. Wenn einer sich zu wehren weiß, dann das Land mit dem größten militärischen Potenzial. Andererseits mag’s derzeit aber auch besondere Gründe geben, dass bei dieser Art von Risiko der Greenback gefragt ist.

Schließlich geht’s darum, dass ein Nahost-Konflikt Teile der globalen Ölversorgung gefährden könnte und damit den Ölpreis deutlich steigen lassen könnte. Seit den Ölkrisen der 1970er und 1980er und spätestens seit dem Ölpreisanstieg 2022 ist aber jedermann klar, dass hohe Ölpreise ein wesentlicher Auslöser und Treiber von Konsumentenpreis-Inflation sein können. Es kommt also auch darauf an, welche Währung am besten vor Inflationsgefahren schützt.

Auch in dieser Hinsicht haben JPY und CHF die Nase vorn. Im Inflationsschock von 2022 waren innerhalb des G10-Universums die Schweiz und Japan die Volkswirtschaften mit dem geringsten Inflations-Peak. Aber auch der Fed wird mehr als anderen Zentralbanken eine entschlossene Inflationsbekämpfung zugesprochen. Mein Kollege Michael hat das an dieser Stelle kürzlich gezeigt: Steigende Inflationserwartungen führten in letzter Zeit zu deutlichen Aufwärtsrevisionen der Fed-Zinserwartungen, hingegen nur zu minimalen Revisionen der EZB-Zinserwartungen. Gegenüber globalen Inflationsschocks verspricht der Greenback aus Marktsicht daher besseren Schutz als z.B. der Euro.

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Fortgesetzte USD-Stärke

Wir haben unsere Prognose der Fed-Geldpolitik deutlich revidiert. Wir erwarten in diesem Jahr nur noch eine Zinssenkung der Fed (im Dezember). Letztendlich dürfte im Jahresverlauf damit die Fed-Geldpolitik deutlich restriktiver erscheinen, als wir bisher vermutet hatten.

Das ist ein gutes Signal für den Dollar. Die steigenden Inflationserwartungen – die an sich ein USD-negatives Signal wären – werden durch die Aussicht auf deutlich vorsichtigere Zinssenkungen überkompensiert. Und schließlich gilt auch: Weil die Fed als reaktiv auf Inflationsdruck wahrgenommen wird, ist der Greenback eine Währung, die weit besser gegen mögliche zukünftige Inflationsrisiken gewappnet ist als andere Währungen, deren emittierende Zentralbank zögerlicher auf Inflationsrisiken reagiert. Wir erwarten deshalb für den Jahresverlauf eine Fortsetzung der USD-Stärke, die EUR-USD in den Bereich um 1,04 drücken könnte.

Nun mag man meinen, dass ein anderer Grund für bisherige USD-Stärke – der im Vergleich zu anderen G10-Volkswirtschaften deutliche Wachstumsvorteil der USA – eine Schimäre gewesen wäre. Eine Schimäre, die darauf zurückzuführen gewesen wäre, dass andere Zentralbanken ihre Zinsen hinreichend stark angehoben haben, um die Inflationsdynamik zu brechen, die Fed aber nicht. Mit anderen Worten: Die Vorstellung einer “unbefleckten Disinflation”, davon, dass die Fed die Inflation erfolgreich bekämpfen kann, ohne die realwirtschaftliche Tätigkeit in den USA zu dämpfen, könnte ein Trugschluss gewesen sein.

Doch genau das ist nicht unsere Hausmeinung! Unsere US-Volkswirte haben zwar ihre Fed-Prognose nach oben revidiert, haben aber dennoch ihre US-Wachstumsprognose unverändert gelassen! Mit anderen Worten: Wir glauben im Hinblick auf die USA weiterhin an die “unbefleckte Disinflation”. Wir glauben, dass auch dann, wenn die Fed länger auf der geldpolitischen Bremse steht, das Wachstum in den USA zumindest nicht dramatisch leidet.

Bitte machen Sie sich klar: Unsere USD-Prognose unterscheidet sich deutlich von der Masse der Prognosen der Mitbewerber. Die erwarten im Median für’s Jahresende einen EUR-USD-Kurs von 1,09 und für Ende 2025 sogar 1,12. Grund für diesen weitverbreiteten USD-Pessimismus dürfte sein, dass der Greenback derzeit im historischen Vergleich hoch bewertet ist (Abbildung unten), dass ceteris paribus eine USD-Abschwächung somit wahrscheinlicher erscheint als zusätzliche USD-Stärke.

Wir haben eine andere Vorstellung. Wir glauben, dass der dauerhafte Wachstumsvorteil der USA eine dauerhafte reale Aufwertung des US-Dollars rechtfertigt. Daher leiten wir aus der Tatsache, dass der reale effektive USD-Wechselkurs derzeit höher ist als in der Vergangenheit, per se kein USD-negatives Argument ab. Die o.a. USD-positven Argumente haben in unserer Vorstellung somit permanente USD-positve Effekte, nicht nur vorübergehende. Daher erwarten wir auch für das kommende Jahr keine nennenswerte USD-Schwäche.

Kann ich mir sicher sein, dass unsere USD-Prognosen eintreten? Natürlich nicht! Niemand kann uns garantieren, dass eine fortgesetzte restriktive Fed-Geldpolitik nicht doch noch zu einem deutlichen US-Konjunktureinbruch führt oder dass der Markt – wenn’s mal ein paar Quartale mit etwas schwächerem US-Wachstum gibt – der Markt solch ein Szenario zumindest in den USD-Kursen einpreist. Und dann gibt’s natürlich noch 100 ander Dinge, die schiefgehen könnten. Ein Beispiel gefällig? Ein möglicher nächster US-Präsident könnte z.B. versuchen, in die Fed-Unabhängig einzugreifen. Bestünde freilich die Gefahr, dass die Fed nicht mehr angemessen auf Inflation reagieren wird, müsste der Dollar weitaus niedriger bewertet werden.

Bei jeder Prognose, die ich abgebe, plagt mich die Horror-Vorstellung, dass Leser sie fehlinterpretieren und meinen, so müsste es kommen und nicht anders. Schließlich hat’s Ihr Commerzbank-FX-Analyst so prognostiziert. Das wäre eine missbräuchliche Interpretation unserer Prognose. Sie reflektiert lediglich die wahrscheinlichste Wechselkursbewegung für den Fall, in dem das aus unserer Sicht wahrscheinlichste Szenario für die fundamentalen Rahmenbedingungen eintritt. Für die Frage der Absicherung von Wechselkursrisiken ist häufig viel wichtiger, welcher Art und welchen Ausmaßes die Prognoserisiken sind.

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