Die ukrainische Flagge. (Symbolbild)
Mittwoch, 06.04.2022 17:22 von | Aufrufe: 1165

GESAMT-ROUNDUP 2/Ukraine-Krieg: Westen erhöht Druck auf Russland

Die ukrainische Flagge. (Symbolbild) ©unsplash.com

(Neu: unter anderem US-Sanktionen)

BRÜSSEL/KIEW (dpa-AFX) - Wegen der russischen Truppen zugeschriebenen Kriegsgräueltaten in der Ukraine erhöht der Westen den Druck auf Russland. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission für ein Embargo russischer Kohle-Importe wird auch über einen Lieferstopp für Öl (Rohöl) und Gas diskutiert. Denn Europa hat seit dem Kriegsbeginn Milliarden an Moskau für Energie-Importe überwiesen. Am Mittwoch kündigten die USA neue Sanktionen an: Sie richten sich unter anderem gegen zwei große russische Banken sowie russische Eliten. Zur Debatte stehen auch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.

Auslöser ist die Entdeckung möglicher Kriegsverbrechen nach dem Abzug russischer Truppen aus der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Vor allem die Bilder von Leichen auf den Straßen des Vororts Butscha sorgen international für Entsetzen. Die Ukraine macht russische Truppen für die Gräueltaten verantwortlich. Moskau bestreitet die Vorwürfe und spricht von einer Inszenierung und Provokation, allerdings ohne Beweise vorzulegen.

Bundesregierung: Russische Truppen haben Gräuel verübt

Nach eigenen Erkenntnissen der Bundesregierung sind russische Truppen für die Gräueltaten verantwortlich. Zudem zeige eine Auswertung von Satellitenbildmaterial, dass Opfer der Taten mindestens seit dem 10. März auf einer Straße gelegen hätten, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Gezielte Tötungen durch Einheiten der russischen Streit- und Sicherheitskräfte seien somit ein Beleg dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen "mindestens billigend in Kauf genommen hat".

Die "New York Times" veröffentlichte von ihr verifizierte Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende Februar, kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach im Europaparlament mit Blick auf Butscha von Kriegsverbrechen.

Erst Kohle, dann Öl und sogar Gas?

Am Dienstag hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, Kohle-Lieferungen aus Russland zu verbieten. Über die Maßnahme müssen die EU-Staaten einstimmig entscheiden. Vorgesehen ist derzeit, dass es für das Importverbot eine dreimonatige Übergangsfrist gibt, in denen Lieferungen noch möglich sein sollen. Nach dem vorgeschlagenen Importstopp für russische Kohle sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. "Ich denke, dass Maßnahmen zu Öl oder sogar Gas früher oder später gebraucht werden." Nach Angaben des EU-Außenbeauftragen Josep Borrell hat die EU seit Kriegsbeginn 35 Milliarden Euro für Energieimporte an Russland gezahlt. Hingegen habe man der Ukraine nur eine Milliarde Euro für Waffen und militärische Ausrüstung gewährt.

EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley sagte dem ZDF-Morgenmagazin, ein Einfuhrstopp für russisches Gas wäre schwierig. Damit hätte nicht nur Deutschland ein Problem, sondern auch andere Länder. Auch die deutsche Industrie unterstützt Kohle-Sanktionen, warnt aber vor einem Gas-Embargo. Die Bundesregierung lehnt ein Embargo der Gasimporte ab. Das EU-Land Ungarn will für russische Gaslieferungen auch in Rubel bezahlen, wie Ministerpräsident Viktor Orban sagte. "Wenn die Russen Rubel verlangen, bezahlen wir in Rubel." Die führenden westlichen Industriestaaten (G7), darunter Deutschland, lehnen dies strikt ab.


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US-Regierung kündigt neue Sanktionen gegen Russland an

Die neuen US-Sanktionen gegen Russland richten sich gegen die große russische Sberbank und die von Oligarchen gegründete Alfa-Bank. Die Sberbank hält nach Angaben des Weißen Hauses fast ein Drittel der Vermögenswerte des russischen Bankensektors und ist für die russische Wirtschaft systemrelevant. Die Alfa Bank sei Russlands größtes Finanzinstitut in Privatbesitz. Die US-Regierung verbietet auch neue Investitionen in Russland durch US-Personen. Von Sanktionen betroffen sind unter anderem die erwachsenen Kinder von Präsident Putin, die Frau und die Tochter von Außenminister Sergej Lawrow, der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew sowie Premierminister Michail Mischustin. Auch russische Staatsunternehmen werden einbezogen.

Scholz: Russland wird Sanktionen spüren

Kanzler Olaf Scholz sagte zu neuen Sanktionen der EU, das fünfte Sanktionspaket werde "noch einmal präzise dazu beitragen, dass Russland die Folgen dieses Krieges spüre, auch um zu erreichen, dass es den Krieg beende. "Es muss unser Ziel bleiben, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt", sagte der SPD-Politiker im Bundestag. Zugleich betonte er das Ziel, die Abhängigkeit vom Import russischer Energie zu reduzieren. "Wir wissen alle: Diese Abhängigkeiten sind über Jahrzehnte gewachsen, und sie lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen beenden." Ein gemeinsamer europäischer Kurs ist wichtig.

Nato-Generalsekretär: Krieg in der Ukraine könnte noch Jahre dauern

Die Nato rechnet mit einem noch lange anhaltenden Krieg in der Ukraine. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Man müsse sich bewusst darüber werden, dass der Krieg noch "viele Monate oder sogar Jahre" andauern könne. Den Rückzug russischer Truppen aus dem Norden der Ukraine erklärte Stoltenberg mit einer nach Nato-Erkenntnissen geplanten Großoffensive im Osten.

Die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew über ein Ende der Kampfhandlungen gehen nach russischen Angaben weiter. Die Gespräche verliefen aber "viel zähflüssiger", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Scholz stellte im Bundestag mit Blick auf die Verhandlungen klar: "Es darf nicht auf einen Diktatfrieden hinauslaufen." Es seien die Ukrainerinnen und Ukrainer, "die über das, was sie zu vereinbaren bereit sind, verhandeln. Niemand sonst."

Nach wie vor treibt der Krieg auch viele Ukrainer aus dem Land. Polen erfasste am Dienstag weitere 21 000 Menschen, insgesamt sind dort inzwischen 2,52 Millionen Flüchtlinge angekommen. Die jüngste offizielle Zahl für die Bundesrepublik: 313 209. Insgesamt haben damit nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes seit Kriegsbeginn am 24. Februar rund 4,3 der ehemals 44 Millionen Einwohner die Ukraine verlassen./sl/vsr/DP/zb

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