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Freitag, 28.10.2022 17:13 von | Aufrufe: 1660

GESAMT-ROUNDUP: Deutsche Wirtschaft überraschend stark - Die Ruhe vor dem Sturm?

BRD-Flagge. pixabay.com

WIESBADEN (dpa-AFX) - Nach einem überraschenden Wachstum im Sommer drohen der deutschen Wirtschaft harte Monate angesichts der ungebremst steigenden Inflation. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) trotz starken Gegenwinds um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu, wie aus einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Ökonomen, die im Schnitt mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung gerechnet hatten, sehen darin allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm. Sorge bereitet vor allem die Inflation, die im Oktober auf 10,4 Prozent stieg. Die Teuerungsrate erreichte damit einen neuen Höchststand seit etwa 70 Jahren.

Hohe Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, diese können sich für einen Euro weniger leisten. Das kann den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze dämpfen. Angetrieben wird die Inflation seit Monaten von stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. Inzwischen erfassen die Preissteigerungen aber immer weitere Bereiche des täglichen Lebens. Nach Einschätzung von ING -Chefvolkswirt Carsten Brzeski dürfte die Teuerungsrate erst im nächsten Frühjahr wieder in den einstelligen Bereich sinken.

Volkswirte rechnen daher damit, dass der deutschen Wirtschaft harte Monate bevorstehen. Commerzbank (Commerzbank Aktie) -Chefvolkswirt Jörg Krämer zufolge dürfte es sich bei dem unerwartet guten Quartalsergebnis nur "um die Ruhe vor dem Sturm handeln". Die hohe Inflation lasse die Kaufkraft der Konsumenten einbrechen. "Alles spricht für ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft im Winterhalbjahr." Ähnlich sieht das Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW: "Die deutsche Wirtschaft befindet sich derzeit in stürmischer See und ein Abdriften in eine Rezession ist in den kommenden Monaten durchaus wahrscheinlich."

Getragen wurde das Wachstum im Zeitraum Juli bis September der ersten Schätzung zufolge vor allem noch von den privaten Konsumausgaben. Nach dem leichten Anstieg im Frühjahr um 0,1 Prozent habe sich die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal trotz schwieriger weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen mit anhaltender Corona-Pandemie, gestörten Lieferketten, steigenden Preisen und dem Krieg in der Ukraine behauptet, erläuterte das Statistische Bundesamt am Freitag.

Nach Darstellung des Ifo-Instituts müssen sich die Menschen weiter auf deutlich höhere Preise beim Lebensmittelkauf einstellen. Rund 97 Prozent der befragten Lebensmittelhändler wollten mehr verlangen. "Die Inflationswelle ist noch nicht gebrochen", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. "Vor allem die hohen Energiekosten sind noch nicht vollständig auf die Verbraucher überwälzt."

Der jüngste Rückgang der Großhandelspreise für Gas wird nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erst mit einiger Verzögerung bei Bürgern und Unternehmen ankommen.

Im Vergleich zum Vormonat September stiegen die Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft den vorläufigen Daten zufolge im Oktober um 0,9 Prozent.

Die Bundesregierung will Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise mit einem Abwehrschirm von bis zu 200 Milliarden Euro unterstützen. Davon sollen auch eine Gas- und eine Strompreisbremse finanziert werden. Details zu den geplanten Energiepreisbremsen sind allerdings noch offen. Bisher hat die Bundesregierung eine Einmalzahlung auf den Weg gebracht: Im Dezember sollen die Gas-Abschlagszahlungen übernommen werden.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern wurden Raten von 10 Prozent und mehr Anfang der 1950er Jahre gemessen, allerdings hat sich die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert.


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Für das Gesamtjahr 2022 sagen Prognosen noch ein Wachstum für die deutsche Wirtschaft voraus. Fürs kommende Jahr insgesamt rechnen Volkswirte mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Zwar dürfte der sich abzeichnende Konjunktureinbruch nach Einschätzung etlicher Ökonomen heftiger ausfallen als in vielen anderen Ländern Europas, aber bei weitem nicht so schlimm werden wie im Corona-Krisenjahr 2020. Damals war das Bruttoinlandsprodukt in Europas größter Volkswirtschaft um mehr als vier Prozent geschrumpft.

Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr noch ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, im kommenden Jahr wird mit einem Rückgang um 0,4 Prozent gerechnet./mar/DP/jsl

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