Die ukrainische Flagge. (Symbolbild)
Sonntag, 27.03.2022 14:49 von | Aufrufe: 1137

GESAMT-ROUNDUP: Ukraine fordert schwere Waffen - Biden schürt Empörung in Moskau

Die ukrainische Flagge. (Symbolbild) ©unsplash.com

KIEW (dpa-AFX) - Die Ukraine drängt den Westen zur Lieferung von Panzern und Flugzeugen für den Kampf gegen immer neue russische Angriffe. Präsident Wolodymyr Selenskij bekräftigte in der Nacht zum Sonntag die Forderung, die die Nato bisher aus Furcht vor der Verwicklung in den Krieg ablehnt. Zwischen Moskau und Washington wachsen ohnehin neue Spannungen nach einer Verbalattacke von US-Präsident Joe Biden gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin. Deutschland ringt um eine Linie, wie künftige Kriegsgefahren abgewehrt werden.

Der SPD-Verteidigungspolitiker Andreas Schwarz forderte in der "Bild am Sonntag" den Aufbau eines Raketenschutzschilds. "Wir müssen uns besser vor der Bedrohung aus Russland schützen", sagte er. "Das israelische System "Arrow 3" ist eine gute Lösung." Über das System wollen sich Verteidigungspolitiker des Bundestags nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einer Reise nach Israel erkundigen. Geprüft wird derzeit, wie das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro ausgegeben wird. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte sich am Abend in der ARD-Sendung "Anne Will" äußern.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stimmte die Menschen in Deutschland auf härtere Zeiten ein. Die scharfen Sanktionen gegen Russland führten unvermeidlich auch zu Unsicherheiten und Einbußen für uns, sagte er in einer Videobotschaft. "Wir werden bereit sein müssen, sie zu tragen, wenn unsere Solidarität nicht nur Lippenbekenntnis sein, wenn sie ernst genommen werden soll."

Wegen der vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wendete sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gemeinsam mit ihrem polnischen Kollegen mit einem Hilferuf an die EU-Kommission. In einem Brief brachten sie ein Pauschalbetrag von 1000 Euro aus EU-Mitteln für jeden Aufgenommenen ins Spiel und forderten mehr Koordinierung bei der Flüchtlingsverteilung. In Polen sind inzwischen nach offiziellen Angaben rund 2,3 Millionen Menschen angekommen, in Deutschland sind rund 267 000 Flüchtlinge offiziell registriert.

Raketen auf Lwiw

In der Ukraine wird nach dem russischen Angriff vom 24. Februar nach wie vor heftig gekämpft. Russland hat Teile des Landes im Norden, Osten und Süden unter Kontrolle, trifft dort aber auf heftigen ukrainischen Widerstand. Am Samstag hatte Russland die im äußersten Westen der Ukraine liegende Stadt Lwiw (früher Lemberg) mit Raketen angegriffen. Sie liegt nur etwa 80 Kilometer von der polnischen Grenze und damit von Nato-Gebiet entfernt.

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte, dass mit von Flugzeugen und Kriegsschiffen abgefeuerten Raketen Militärobjekte in den Gebieten von Lwiw und Kiew zerstört worden seien. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 67 Militärobjekte vernichtet worden.

Schwierige Flucht aus Mariupol

Der Bürgermeister der südukrainischen Hafenstadt Mariupol, Wadym Bojtschenko, berichtete seinerseits von extrem schweren Kämpfen und einem rücksichtslosen Vorgehen des russischen Militärs. "Ihre Aufgabe ist einfach, die Stadt von der Erdoberfläche auszuradieren, samt Bewohnern", sagte er in einem Interview. Dies sei Völkermord.


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Den ukrainischen Behörden gelingt es weiter nicht, bedrängten Zivilisten bei der Flucht aus Mariupol zu helfen. Für das ostukrainische Gebiet Luhansk wurde hingegen für Sonntag ein zweiter Fluchtkorridor ausgewiesen. Am Samstag hatten sich nach ukrainischen Angaben auf zehn festgelegten Routen 5200 Menschen aus besonders umkämpften Gebieten gerettet. Die Angaben der Kriegsparteien sind nicht unabhängig zu prüfen.

Biden vs Putin

US-Präsident Biden prangerte Putins Vorgehen in einer Rede in Warschau am Samstagabend mit scharfen Worten an und sagte schließlich: "Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben." Das Weiße Haus versuchte, dies zu relativieren und betonte, dies sei kein Aufruf zum Umsturz. US-Außenminister Antony Blinken bekräftigte am Sonntag bei einem Besuch in Jerusalem: "Wir verfolgen keine Strategie eines Regimewechsels in Russland oder irgendwo anders." Doch die Empörung in Moskau war groß.

Der prominente russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow sagte, Biden mache mit "erschreckender Regelmäßigkeit" Äußerungen und Fehler, die schlimmer seien als Verbrechen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte, Biden entscheide nicht, wer in Russland Präsident sei. Biden hatte Putin in seiner Rede auch als Diktator bezeichnet und den Westen auf einen langen Konflikt zwischen Demokratie und Autokratie eingeschworen.

Selenskyj fordert schwere Waffen

Der Ton ist inzwischen extrem scharf zwischen den beiden Supermächten. Dennoch achtet Biden streng darauf, dass die USA und die Nato nicht direkt in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden. Die Furcht ist, dass eine direkte Konfrontation in einen Atomkrieg ausarten könnte. Mit dieser Begründung lehnten die USA bisher auch die Lieferung von Kampfjets aus Polen an die Ukraine ab.

Der ukrainische Präsident Selenskyj, der bei der Nato auch mit der Forderung nach einer Flugverbotszone abgeblitzt war, lässt dennoch nicht locker. Auch die ukrainische Luftwaffenführung erklärte: "Um im Luftraum auf Augenhöhe mit den Kräften des Gegners zu kämpfen, braucht es sowohl mengenmäßig als auch technologisch Aufrüstung." Und weiter: "Wir sperren den Luftraum selber, gebt uns nur ein paar Waffen."

Britische Außenministerin will mehr Druck auf Putin

Die britische Außenministerin Liz Truss plädiert für weitere Waffenlieferungen, um Putin mit Druck an den Verhandlungstisch zu bringen. Dem "Sunday Telegraph" sagte sie: "Wir müssen unsere Sanktionen verstärken. Wir müssen der Ukraine verstärkt Waffen senden." Das britische Verteidigungsministerium veröffentlichte Informationen, wonach die russischen Luft- und Raketenstreitkräfte Ziele in der gesamten Ukraine beschießen, darunter auch dicht besiedelte Gebiete. Dabei verlasse sich Russland weiterhin auf sogenannte Abstandsmunition, die aus dem russischen Luftraum abgefeuert werde.

Unter Artilleriebeschuss geriet erneut das nukleare Forschungszentrum "Neutronenquelle" in der ostukrainischen Stadt Charkiw. Das Ausmaß der Schäden sei wegen der Kämpfe noch nicht zu prüfen, teilte die staatliche Atomaufsicht mit. Die Anlage war schon zu Kriegsbeginn in einen sogenannten unterkritischen Zustand heruntergefahren worden./cha/DP/he

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