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Freitag, 06.05.2022 09:00 von wallstreet:online Zentralredaktion | Aufrufe: 1308

Solidvest: Worauf achtet ein professioneller Vermögensverwalter in schwierigen Marktphasen?

Mann mit Wirtschaftszeitung (Symbolbild). pixabay.com

Sebastian Hasenack, Leiter der Online-Vermögensverwaltung bei DJE Kapital AG, über die aktuellen Herausforderungen in turbulenten Börsenzeiten und Stabilitätsanker. Interview.

Zinserhöhung, Inflation, Engpässe bei Lieferketten und Krieg: Sebastian Hasenack ist Leiter der Online-Vermögensverwaltung bei DJE Kapital AG und weiß, worauf in schwierigen Marktphasen zu achten ist.

wallstreet:online: Worauf achtet ein professioneller Vermögensverwalter in einer solch schwierigen Marktphase, wie wir sie aktuell erleben?

Sebastian Hasenack: Unsere Research-Abteilung kann tagesaktuell in unserer vollständig digitalisierten Datenbank auf über 3.000 Indikatoren zugreifen, um mögliche Markt-Entwicklungen zu antizipieren. Unsere Analysten betrachten sowohl fundamentale Daten zu Märkten und Unternehmen als auch monetäre und markttechnische Indikatoren. Gerade in einem herausfordernden Marktumfeld ist die Kombination dieser Komponenten enorm hilfreich. Nur so lässt sich beispielsweise erkennen, ob eine Aktie gerade zurecht Kursverluste einstecken muss, oder ob sie Opfer der äußeren Umstände ist. Das wiederum ist für unsere langfristige Anlageperspektive entscheidend. Das ist in Marktphasen wie diesen ohnehin entscheidend: Der eigenen Strategie treu bleiben, sich nicht von Emotionen leiten lassen und sich an die Fakten halten.

wallstreet:online: Welche Entwicklung erwarten Sie in den kommenden Monaten an den Kapitalmärkten - angesichts der verschärften Inflation, Rezessionsängsten, der Aussicht auf eine aggressive Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank, der Unsicherheit in China und der sehr angespannten geopolitischen Lage?

Sebastian Hasenack: Bei der Inflationsentwicklung ist zumindest kurzfristig keine Entspannung in Sicht, was den Handlungsdruck auf die Fed weiter erhöht. Immerhin wird das weitere Vorgehen der US-Notenbank seit der Sitzung am 4. Mai etwas klarer. Die erwartete Zinsanhebung um 0,5 Prozent sowie die ausgegebene Zeitachse für die Reduzierung der Bilanzsumme wurden zunächst positiv vom Markt aufgefasst – insbesondere der Zusatz, dass auch zukünftig keine größeren Zinsschritte als 0,5 Prozent geplant seien. Sollte sich eine starke Rezession in den USA abzeichnen, wäre es aber durchaus denkbar, dass die Notenbank ihren Kurs erneut korrigiert. Die Geopolitik bleibt unüberschaubar – hier sind aus meiner Sicht keine seriösen Prognosen möglich. Die Entwicklung in China ist nach wie vor schwierig einzuschätzen. Hier drücken die Probleme im Immobilien-Sektor sowie die Zero-Covid-Strategie weiterhin auf die Konjunktur. Zumindest kurzfristig werden wir auf Sicht navigieren und unsere Anlagestrategie aktiv den unterschiedlichen Belastungsfaktoren anpassen.

wallstreet:online: Welche Branchen/Sektoren profitieren von der aktuellen Situation?

Sebastian Hasenack: Insgesamt ist aktuell ein Fokus auf defensive Aktien sinnvoll. Dazu gehören beispielsweise Unternehmen aus dem Gesundheitswesen und der Pharmabranche, die sowohl von fundamentaler Seite als auch markttechnisch von unserem Research als attraktiv eingestuft werden. Durch die stark gestiegenen Preise sollte außerdem die Gewinnentwicklung im Erdöl- und Gas- bzw. Energiesektor im laufenden Jahr sehr gut ausfallen. Allerdings könnte da bereits einiges eingepreist sein. Generell sind wir aber der Ansicht, dass es derzeit mehr auf die Länder- als auf die Sektorengewichtung ankommt.

wallstreet:online: Und wie schätzen Sie die Lage in den Ländern ein?

Sebastian Hasenack: Europa bleibt voraussichtlich weiterhin durch den Krieg in der Ukraine belastet. Die Energieabhängigkeit von Russland und Exportabhängigkeit von China sind insbesondere für Deutschland ein beeinträchtigender Faktor. Innerhalb Europas sind die skandinavischen Länder mit geringer Abhängigkeit von russischen Energieimporten im Vorteil. Die USA bleiben aus unserer Sicht eine bevorzugte Anlageregion, da negative Auswirkungen durch den Krieg dort kaum spürbar sind. Im Gegenteil profitieren sogar einige US-Unternehmen davon. Somit dürften sich die USA konjunkturell und börsentechnisch vorläufig besser entwickeln als Europa.

wallstreet:online: Trotz der steigenden Inflation: Warum sind Aktien dennoch aktuell die beste Assetklasse?

Sebastian Hasenack: Eines der Kernargumente für Investitionen in Aktien bleibt trotz etwaiger Verlustrisiken das sehr tiefe Realzinsniveau. Kurze Erklärung dazu: Der Realzins ist der Zinsertrag, der sich durch Einberechnung von Inflation oder Deflation ergibt. Und auch große Mengen Liquidität zu halten mag zwar ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, bei Inflationsraten von über sieben Prozent ist Cash aber alles andere als sicher. Das Umfeld für Anleihen bleibt aufgrund der stark steigenden Inflation und der erwarteten Zinsanhebungen, v.a. in den USA, mittelfristig schwierig. Anleihen bleiben trotzdem - je nach individuellem Risikoprofil – ein wichtiger Stabilitätsanker für das Portfolio.


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Wenn Sie sich für Solidvest interessieren und sich zur Online-Vermögensverwaltung der DJE Kapital AG weitere Informationen wünschen, finden Sie diese hier.

wallstreet:online: Vielen Dank Herr Hasenack, für das Interview.

Die Fragen stellte Laura Ehrhardt, wallstreet:online Zentralredaktion.

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