+ Q1/2004 Umsatz +26 % + Ergebnis durch OneTel belastet + Jahresprognose 2004 bestätigt + Kooperation mit Quelle-Versand + Kursziel 20 Euro (akt. 10,50 Euro)
Im Theaterstück 'Viel Lärm um Nichts' von William Shakespeare zeigt uns der englische Schriftsteller, welches Durcheinander manchmal möglich ist. Eine Information wird anders aufgefasst, als sie gemeint ist. Dann wird geredet, getratscht und geklatscht. Dieses wird so und jenes wird anders ausgelegt. Das führt unter allen Beteiligten zu einiger Verwirrung. Die wieder zu lösen, ist nicht ganz so einfach. Aber am Ende des Shakespeare-Stücks wird wieder alles gut und es wird - wie ursprünglich geplant - noch ganz groß Hochzeit gefeiert.
Bei 3U Telecom (WKN 516.790, Ticker UUU, ISIN DE0005167902) sorgte letzte Woche eine Ad hoc-Mitteilung zu einer Kooperation mit Quelle und einem Hinweis auf ein schwaches erstes Quartal 2004 für Verunsicherung. Im Quartalsbericht, den die Firma am Montag veröffentlichte, fiel das Geschäftsergebnis tatsächlich schwächer aus, als wir und andere Analysten sich dies gedacht haben. 3U bekräftigte allerdings auch die Planzahlen für die Festnetz-Sparte mit 100 Mio. Euro Umsatz bzw. 1 Euro Gewinn/Aktie. Die Helaba bestätigte zwischenzeitig Ihre 'Halten'-Empfehlung, während SES-Research die Aktie von 'Kaufen' auf 'Halten' abstufte.
Aber sehen wir uns nun die auch für uns etwas enttäuschenden Geschäftszahlen des ersten Quartales im Detail an: Der Umsatz im Q1/2004 konnte im Vergleich zum Vorjahresquartal (vor der OneTel-Übernahme) von 13,78 Mio. Euro auf 17,36 Mio. Euro gesteigert werden. Damit lag er aber auch um -12 % unter dem Wert des 4. Quartales 2003 von 19,74 Mio. Euro. Das Nettoergebnis lag mit -1,09 Mio. Euro (-0,12 Euro/Aktie) deutlich unter dem des Vorjahresquartales von 1,34 Mio. Euro (0,15 Euro/Aktie) und etwa in Höhe des 4. Quartales 2003 von -1,00 Mio. Euro (-0,11 Euro/Aktie).
Ausschlag gebend für die auch unter unseren Erwartungen liegenden Zahlen waren beim Ergebnis weitere Integrationskosten für OneTel. Beim Umsatz gab es eine Bereinigung im Kundenportfolio von OneTel, was zu Rückgängen margenschwacher Umsätze führte. Weiters hat sich der Start neuer Produkte und Services nach Lieferproblemen bei der Systemtechnik auf Juni verschoben. Somit sind für das laufende 2. Quartal 2004 auch noch keine gravierenden Impulse zu erwarten.
Wachstumsturbo ab dem 3. Quartal?
Um die abermals versprochenen Umsatz- und Gewinnzahlen erreichen zu können, muss bei 3U im September-Quartal ein Turbo gezündet werden. Das Ergebnis sollte spätestens nach diesem Quartal durch die abgeschlossene Integration von OneTel nicht mehr weiter belastet werden. Und so soll der Umsatz ausgeweitet werden:
+ Produktoffensive ab Juni + Kooperation mit Quelle-Versand + Internet-Telefonie
Gerade die Kooperation mit KarstadtQuelle bietet einiges an Potenzial. Ab Mitte des Jahres wird Quelle ihren Kunden einen eigenen Festnetztarif, 'powered by 3U', anbieten. Dabei handelt es sich um ein Preselection-Angebot (3U-Vorwahl-Nummer wird automatisch immer verwendet) speziell für Quelle-Kunden. 3U übernimmt hierbei die komplette Abwicklung. Es ist schwer abschätzbar, wie viele neue Kunden bzw. wie viel Mehrumsatz 3U dadurch erhalten wird. Der größte Versandhändler Europas, der seinen Hauptkatalog alleine an rund 12 Mio. deutsche Haushalte verschickt, sollte auf Sicht von einem Jahr 50.000 bis 500.000 neue Preselection-Kunden bringen. Die derzeit rund 200.000 Preselection-Kunden bringen 3U rund 20 % des Umsatzes.
Fragen an 3U-Vorstand Graul
DER SPEKULANT: Im Q1/2004 lag der Umsatz um 12 % unter dem Q4/2003. Was sind die Gründe dafür und wie wollen Sie das für die Festnetzsparte geplante Umsatzziel von 100 Mio. Euro im Jahr 2004 noch erreichen?
UDO GRAUL: Das ist richtig, der Umsatz im 1. Quartal 2004 lag 12 % unter dem des 4. Quartals 2003 und damit deutlich unter den Erwartungen. Das hat im Wesentlichen folgende Ursachen. Durch technische Probleme beim Hersteller unserer Systemtechnik hat sich der Start der geplanten Produktoffensive verzögert. Außerdem haben wir bei OneTel eine Produktbereinigung durchgeführt, die dazu führte, dass nicht kostendeckende Angebote weggefallen sind, was auf der einen Seite zu einem verringerten Umsatz führte, auf der anderen Seite die Basis für ein gesundes Wachstum geschaffen hat. Mit wettbewerbsorientierten Preisen und interessanten Produkten kann jetzt eine erfolgreiche Neukundengewinnung starten.
Unsere Produktoffensive, die in Kürze starten wird, ist die Basis für das organische 3U-Wachstum. Technische Probleme haben zu einer Verzögerung geführt, so dass die Maßnahmen erst Mitte dieses Jahres starten und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, bereits zu Beginn des Jahres.
Das bedeutet aber nicht, dass 3U generell ein Problem hat, Wachstum zu generieren. Wir sind davon überzeugt, dass die neuen Produkte und Services für Endkunden und Wiederverkäufer einen entscheidenden Beitrag zur Ausweitung des Geschäfts leisten werden. Ab Mitte des Jahres wird Quelle ihren Kunden einen eigenen Festnetztarif, 'powered by 3U', anbieten. Dabei handelt es sich um ein Preselectionangebot speziell für Quelle-Kunden. 3U übernimmt die komplette Abwicklung. Quelle wird damit Wiederverkäufer von 3U. Unter anderem durch diese Kooperation erwarten wir einen entscheidenden Wachstumsschub im 2. Halbjahr. Darüber hinaus bahnen sich derzeit weitere Kooperationen an.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir zwar gegenüber unseren ursprünglichen Planungen durch die technisch bedingten Verzögerungen Terrain verloren haben, dieses aber wieder wettmachen können. Der starke Erfolg unseres Wiederverkäuferprodukts bestätigt die Richtigkeit unserer Entscheidung, maßgeschneiderte Produkte speziell für diesen Markt zu entwickeln.
Ein ganz wichtiges Anliegen ist es mir, Ihren Lesern zu verdeutlichen, dass durch die Verzögerung bei der Einführung neuer Produkte die ursprünglich daraus erwarteten Umsatz- und Ergebnisbeiträge nicht wegfallen, sondern Zeit versetzt wirksam werden.
Weiteres zusätzliches Wachstum wird erzeugt durch Produktangebote, die sich unter anderem aus der Kombination von Telefonie und Internet ergeben. Mit der Übernahme von LambdaNet ist 3U in der Lage, bereits in Kürze innovative Services zu interessanten Preisen anzubieten. Das sind nicht nur technische Spielereien, sondern Angebote, die den Kunden einen handfesten Vorteil bieten.
DER SPEKULANT: Wie wird das 2. Quartal 2004 ausfallen?
UDO GRAUL: Im Bereich der Festnetzsparte rechnen wir im 2. Quartal 2004 mit einer Erholung bei Umsatz und Ertrag. Wir gehen davon aus, dass die positive Tendenz sichtbar wird. Die Akquisition von LambdaNet wurde am 6. April 2004 durchgeführt. LambdaNet wird also ab dem 2. Quartal 2004 (1.4.2004) im 3U-Konzern konsolidiert. Im Jahr 2003 hat LambdaNet einen Umsatz von 54,2 Mio. Euro erzielt. Der Umsatz für das Jahr 2004 wird sicher deutlich niedriger ausfallen. Wie stark der Umsatz zurückgehen wird und wie deutlich sich der Umsatzrückgang auf das Ergebnis auswirken wird, ist derzeit noch unbestimmt. Im 2. Quartal 2004 werden bei LambdaNet auf jeden Fall die Nachwirkungen des vorläufigen Insolvenzverfahrens spürbar sein.
DER SPEKULANT: Bitte beschreiben Sie, welche - zuvor nicht absehbaren - zusätzlichen Restrukturierungskosten bei OneTel angefallen sind. Ist mit weiteren Integrationskosten zu rechnen?
UDO GRAUL: Im Bereich der Organisation sind zusätzliche Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich geworden. Zusätzliche Kosten sind im Wesentlichen durch die komplette Neustrukturierung des Managements entstanden. Wir haben bei OneTel von Anfang Januar bis Ende April eine externe Interimsmanagementgesellschaft eingesetzt. Das war zwar teuer, hat sich aber gelohnt. Die Integration ist zwischenzeitlich abgeschlossen und wir verfügen hier mittlerweile über ein hervorragendes eigenes Managementteam. Die Firma befindet sich wieder auf Wachstumskurs.
DER SPEKULANT: Wie hoch werden voraussichtlich die Integrationskosten für LambdaNet sein?
UDO GRAUL: Von Integrationskosten zu sprechen ist im Zusammenhang mit LambdaNet nicht richtig. Bei LambdaNet handelt es sich um ein intaktes funktionierendes Unternehmen, das ein ganz anderes Kundensegment anspricht (Telefongesellschaften, Internet Service Provider und Industriekunden). LambdaNet wird weiterhin eigenständig bleiben, wobei natürlich Synergieeffekte zwischen LambdaNet und den anderen Gesellschaften des 3U-Konzerns genutzt werden sollen. Hier werden wir schon in Kürze erste Ergebnisse präsentieren können.
DER SPEKULANT: Wann werden Sie Planzahlen für den gesamten 3U-Konzern (3U-Alt, OneTel, LambdaNet) veröffentlichen?
UDO GRAUL: Diese Planzahlen werden wir voraussichtlich Mitte des Jahres veröffentlichen können, wenn wir über ausreichend tagesaktuelles Zahlenmaterial verfügen und wir auch die kurzfristige geschäftliche Entwicklung von Lambdanet besser einschätzen können.
Wie geht's weiter? Was tun?
Es scheint so, als hätte die konservativ planende Firma einen ausreichend großen Puffer berücksichtigt bei ihrer bisherigen 2004er Prognose. Denn offensichtlich ist das März-Quartal auch etwas schwächer gelaufen als firmenintern geplant. Während die meisten anderen Firmen in einem solchen Fall wohl mitteilen würden, dass alles nach Plan verlaufe und es im 3. und 4. Quartal deutliche Umsatzanstiege gebe, ist 3U hier vielleicht sogar 'zu ehrlich und zurückhaltend' gewesen in seiner Unternehmenskommunikation.
Im Endeffekt hat sich somit an der positiven Einschätzung nichts geändert. Die Planzahlen der Firma sind ja auch weiter aufrecht. Spätestens bei der Veröffentlichung der Juni-Quartalszahlen Mitte August wird 3U dann vermutlich auch deutlicher kommunizieren, wie genau sich die neuen Produkte und Kooperationen auf das zweite Halbjahr auswirken werden. Zur Erreichung der von der Firma genannten Planzahlen wird nach den 17,36 Mio. Euro Umsatz in diesem Quartal und einem etwa in selber Höhe liegenden Wert für das Q2/2004 dann ein deutlicher Anstieg für das 3. und 4. Quartal notwendig sein. Etwa auf 30 Mio. Umsatz in Q3/2004 und 35 Mio. Euro Umsatz in Q4/2004. Da es sich hierbei nicht um Einmalumsätze, sondern um dauerhafte Geschäftsbeziehungen handelt, wäre die Ausgangslage für 2005 dann äußerst positiv. Aus heutiger Sicht erscheint es deshalb sogar für möglich, dass wir dann unsere 2005er Schätzungen nach oben revidieren müssen.
Aus markttechnischer Sicht ist die Aktie nach dem scharfen Kursrückgang derzeit klar überverkauft und zahlreiche Indikatoren geben Kaufsignale ab. Die 10-Euro-Marke hat sich in den vergangenen Monaten mehrfach als solide Unterstützung bewährt und hat auch diesmal gehalten. Die Abgabebereitschaft lässt mittlerweile auch nach, wie man am rückläufigen Umsatzvolumen erkennen kann. In den nächsten 1-2 Wochen könnte es wohl noch teils heftige Kursschwankungen im Bereich zwischen 10 und 12 Euro geben. Dann sollte wieder Normalität eingekehrt sein und die Anleger, die billig gekauft haben, sollten sich wieder über ihre Gewinne freuen können. Das Kursziel von 20 Euro ist jedenfalls weiter intakt. Am Ende könnte es wohl wie bei Shakespeares Stück gewesen sein - viel Lärm um nichts ... |