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erschienen am 24. Dezember 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/12/24/996934.html
Helmut Thoma, Aufsichtsratsvorsitzender von Freenet: "Ich bedauere das Ausscheiden von Eckhard Spoerr bei Freenet. Er ist ein großartiger Manager und ich schätze ihn und seine Arbeit. Andererseits kann ich verstehen, dass sich Spoerr zurückziehen will. Die letzte Zeit muss sehr anstrengend für ihn gewesen sein. Er ist sicher ausgebrannt. Doch ich hätte auch weiterhin zu ihm gestanden, weil ich von seiner Arbeit überzeugt bin. Aber ich konnte ihn nicht zum Bleiben überreden."
Jörg Rockenhäuser, Managing Partner der Permira Beteiligungsberatung in Frankfurt: "Dass Eckhard Spoerr den Aufsichtsrat der Freenet AG gebeten hat, seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender vorzeitig aufzulösen, haben wir heute mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Eckhard Spoerr hat Freenet zu dem gemacht, was das Unternehmen heute darstellt. Das ist eine herausragende unternehmerische Leistung in einem sehr schwierigen Marktumfeld."
Elke Rüther, Sprecherin von Freenet: "Hier im Haus herrscht große Bestürzung wegen des Rücktritts von Herrn Spoerr. Wir alle sind von diesen Plänen so kurz vor Weihnachten überrascht worden."
Wolfgang Höhne, Betriebsratsvorsitzender von Debitel: "Von Trauer kann man hier in Stuttgart angesichts der aktuellen Nachricht um Eckhard Spoerr nicht sprechen. Wir hoffen, dass sich der heutige Tag als ein guter Tag für uns herausstellt. Denn vielleicht besteht unter einer neuen Führung die Chance, dass jetzt die Entscheidungen zu den Stellenstreichungen noch einmal überdacht werden."
Joeri Sels, Analyst der DZ Bank zu den Folgen des Rücktritts: "Wir glauben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass United Internet das DSL-Geschäft von Freenet kauft, durch den Managementwechsel gestiegen ist."
Die beiden Unternehmen United Internet und Drillisch wollten sich am Dienstag nicht zu dem Rücktritt Spoerrs äußern.
Von Sophie Laufer erschienen am 24. Dezember 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/12/24/996960.html?s=1
Freenet: Eckhard Spoerr räumt den Chefsessel - nicht ganz freiwillig
Absturz eines ÜberfliegersEr machte sein Abi mit der Note 0,8, verdiente mehr als der Telekom-Chef - und polarisierte.
Hamburg -
Die Weihnachtskarte traf einen Tag vor dem Heiligen Abend ein: "Ihr Freenet wünscht ihnen und Ihrer Familie ein frohes und klangvolles Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2009." Die Wünsche sind unterschreiben von Freenet-Chef Eckhard Spoerr (40) und passen so gar nicht zu der Nachricht, die gleichzeitig aus dem Unternehmen kam. Denn der Mann, der knapp zehn Jahre an der Spitze von Freenet stand, gibt auf. Und überrascht damit Mitarbeiter und Kunden mehr als es wahrscheinlich die meisten Geschenke unter dem Tannenbaum vermögen. Spoerr hatte sich immer kämpferisch gezeigt, selbst als in den vergangenen Monaten die Kritik an seiner Arbeit zunahm. So ist es gerade einmal eine gute Woche her, dass er im Abendblatt erklärte: "Bei einer Entwicklung, wie sie Freenet in den vergangenen Jahren genommen hat, gibt es natürlich auch Gegner. Das war mir von Anfang an klar." Von Rückzug keine Rede.
Der plötzliche Sinneswandel heizt Vermutungen an, Spoerr habe nicht ganz freiwillig seinen Posten abgegeben. "Eckhard Spoerr wäre freiwillig mit Sicherheit nicht gegangen, dazu ist er einfach zu ehrgeizig", sagte am Dienstag ein Branchenkenner dem Abendblatt. "Er hat höchstens die Notbremse gezogen, bevor man ihn dazu aufgefordert hätte." Auch seine eigenen Worte über den Rückzug zeigen, dass Spoerr Freenet gern weitergeführt hätte: "Das Unternehmen braucht in der jetzigen Situation der Integration vorrangig Ruhe und Konzentration auf die Integrationsmaßnahmen und das operative Geschäft. Aufgrund des bestehenden Aktionärskreises und der wohl polarisierenden Wirkung meiner Person, ist dies unter diesen Umständen nicht gegeben." Spoerr ist ohne Frage ein außergewöhnlicher Manager. Seine steile Karriere begann 1999, als ihn der frühere Mobilcom-Chef Gerhard Schmid nach Norddeutschland holte, um eine Internettochter aufzubauen. Spoerr erledigte die Aufgabe mit Bravour, sammelte an der Börse 100 Millionen Euro ein und hatte davon noch mehr als 50 Millionen Euro in der Kasse, nachdem die Internetblase geplatzt war und Freenet die Gewinnzone erreichte. Als Überlebender der New Economy schlug er bei der Fusion mit der Muttergesellschaft Mobilcom auch seinen Konkurrenten Thorsten Grenz aus dem Feld und wurde Chef des Gesamtunternehmens, das mittlerweile mit 19 Millionen Mobilfunkkunden und 20 Prozent Marktanteil eine kleine Telefongroßmacht ist. Aus einem 40-Mann-Startup ist ein Konzern mit mehr als 7000 Mitarbeitern entstanden.
Doch vor rund eineinhalb Jahren begannen die Streitereien zwischen Freenet und den Aktionären United Internet und Drillisch. Und damit auch die Kritik an Spoerr. Die Unternehmen beschlossen, Freenet gemeinsam zu übernehmen und aufzuteilen. United Internet sollte den Bereich DSL mit den Internetzugängen erhalten, das Onlineportal für den Verkauf von Werbung und die Sparte Strato, die Speicherplatz im Internet anbietet. Das Mobilfunkunternehmen Drillisch wollte sich das Handygeschäft sichern, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können. Deshalb kauften beide Firmen Aktien von Freenet. Gleichzeitig führten die drei Unternehmen Übernahmeverhandlungen. Doch United-Internet-Chef Ralph Dommermuth zog sich im vergangenen Winter plötzlich zurück.
Der Streit eskalierte, als Spoerr im Frühjahr 2008 das Mobilfunkunternehmen Debitel übernahm und damit einen genialen Coup landete. Auf diese Weise hatte Freenet einen neuen Großaktionär, die Beteiligungsgesellschaft Permira. "Ich wollte das Unternehmen, in das wir alle viel Arbeit gesteckt hatten, nicht so günstig abgeben", so Spoerr.
Seit Bekanntgabe des Geschäfts beschimpften sich die Manager gegenseitig, in offenen Briefen oder Interviews. Und scheuten nicht vor persönlichen Angriffen zurück. Der Schlagabtausch, der ursprünglich aus geschäftlichen Interessen geführt wurde, entwickelte sich zu einer persönlichen Fehde. Das eigentliche Ziel, die Weiterentwicklung von Freenet, spielte scheinbar nur eine untergeordnete Rolle.
Vielleicht hat Spoerr mit diesem überraschenden Rückzug deshalb doch letztlich zum Wohle von Freenet gehandelt. Der Abgang dürfte ihm mit Sicherheit nicht leicht gefallen sein. Wohl kaum einer hat sich so mit der norddeutschen Telekommunikationsfirma identifiziert wie er.
Der ehrgeizige Schwabe, der das Abitur mit der Note 0,8 abschloss, in der Jugend als großes Schwimmtalent galt und nach dem BWL-Studium als selbstständiger Sanierungsberater arbeitete, verlangte von sich selbst und anderen stets viel. Konflikten ging er nie aus dem Weg, achtete aber immer darauf, Mitstreiter an seiner Seite zu wissen. Diese wurden immer weniger. Kritiker hielten Spoerr neben dem dramatischen Kursrutsch der Aktie vor, dass es ihm nicht gelang, einen Käufer für die DSL-Sparte zu finden. Viele störten sich auch am Verfahren wegen angeblichen Insiderhandels. Der Prozess beginnt am 9. Januar. Sein Gehalt, das er für seine oft 14 Stunden dauernden Arbeitstage kassierte, sorgte ebenfalls für Unmut. Inklusive Aktienoptionen erhielt der Porsche-Fahrer 2007 rund 4,4 Millionen Euro - mehr als Telekom-Chef René Obermann.
Bei seinen Mitarbeitern, die Spoerrs Strenge fürchteten, seine Durchsetzungsfähigkeit und seinen Stil andererseits schätzten, ruft sein Abgang geteiltes Echo hervor. "Bei Freenet wird geweint", so eine Firmensprecherin. Die Mitarbeiter von Debitel, bei denen Spoerr kürzlich Stellenstreichungen verkündet hatte, dürften weniger traurig sein. Aus Stuttgart hieß es: "Hier knallen die Sektkorken."
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4 | 88 | ACONNIC ehemals UET AG der Thread | Global-Invest | thepefectman | 23.11.24 15:35 | |
77 | 28.009 | Drillisch AG | biergott | weisvonnix | 19.11.24 21:36 | |
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