Wirtschaftswoche
Geld+Börse Wie Anleger bisweilen systematisch mit Aktien kleiner
Geld+Unternehmen geneppt werden, zeigt das Beispiel des angeblichen
Geld+Lifestyleunternehmens Cobracrest.
Die Nachbarschaft in der Bismarckstraße 77 in Düsseldorf lässt zu wünschen
übrig. Das etwas heruntergekommene Bürohaus fällt hier nicht auf. Wenige
Häuser weiter locken " Gay Sex World" und " Erotic 63" schwule Kunden mit
schriller Leuchtreklame. Gleich um die Ecke in der Charlottenstraße
widersetzt sich der Düsseldorfer Straßenstrich hartnäckig seiner
Vertreibung. Parkplatz-Sex wird hier inzwischen geahndet, Anlegernepp bisher
nicht.
Auf dem Türschild am schmucklosen Bürobau steht GICG Europäische
Beteiligungs AG. Bis vor Kurzem saß hier auch eine Schwestergesellschaft der
GICG namens Cobracrest KGaA, in den vergangenen Wochen eine der
meistdiskutierten Firmen in Internetforen wie " Wallstreet-Online" . Auch wenn
Cobracrest gerade offiziell nach Berlin umgezogen ist und dort Kontakte bis
in die lokale Spitzenpolitik pflegt (siehe Foto), werden Anrufer in der
Bismarckstraße weiter mit " Cobracrest - guten Tag" begrüßt. Einige
Cobracrest-Mitarbeiter und der Aufsichtsrat haben hier weiter ihre Büros. Glaubt man Vorstand und Aufsichtsrat, ist Cobracrest im Moment eine der
besten Möglichkeiten in Deutschland, schnell reich zu werden. Die Aktie
notierte vergangene Woche zwischen zwei und drei Euro. Dabei liegt laut
Cobracrests Internet-Homepage ein Übernahmeangebot aus Amerika für die
Gesellschaft vor zu 5,23 Euro je Aktie. Damit wäre das Unternehmen rund 520
Millionen Euro wert.
Der Fall Cobracrest folgt damit einem typischen Schema für Mauscheleien mit
Aktien: Über schwer zu verfolgende Firmen im Ausland werden
Übernahmefantasien geweckt und Preise suggeriert, die jeglicher Grundlage
entbehren. Nach Informationen der WirtschaftsWoche ist das Getöse um
Cobracrest ein großangelegter Versuch, ahnungslosen Anlegern Geld aus der
Tasche zu ziehen. Der Münchner Kapitalanlegeranwalt Jochen Weck von der
Kanzelei Rössner hält das Übernahmeangebot für " äußerst dubios" . Er vermutet
dahinter " Kapitalanlegerbetrug nach einem gängigen Schema" und hält
Cobracrest für einen " Fall für den Staatsanwalt" . Die Beteiligten sehen das
selbstredend anders.
Besucher von Chat-Foren lieferten sich in den vergangenen Tagen heiße
Diskussionen, ob man den Cobracrest-Veröffentlichungen glauben darf. Die
Meinungen reichten von " Wer noch immer auf diese dubiosen Machenschaften
reinfällt, hat es einfach nicht besser verdient" bis zu
Begeisterungsausbrüchen nach dem Motto " 5000 Stück in einer Minute - es geht
los!" . Oft stammen Lobpreisungen in ähnlichen Fällen von bezahlten
Claqueuren (Pushern).
Cobracrest verkauft nach eigenen Angaben unter dem Namen Clubber ein
Sortiment von Fitnessgetränken und seit Januar unter dem Namen Hoodia
Diätkapseln, die auf einem Appetit zügelnden Wirkstoff aus einem
afrikanischen Kaktus basieren. Zum Produktportfolio gehört auch eine
rauchfreie Zigarette namens Nicstic, die sich noch in der Entwicklung
befindet. Eine Anfrage der WirtschaftsWoche, wo man die Cobracrest-Produkte
kaufen kann, wurde vom Unternehmen nicht beantwortet.
Die Aktie ist zwar im Freiverkehr an der Frankfurter Börse notiert. Angaben
zu Umsätzen, Ergebnissen oder Eigenkapital sucht man auf der Web-Seite indes
vergeblich. Auf entsprechende Fragen der WirtschaftsWoche vertröstete
Cobracrest darauf, man stünde " auf Grund der internationalen Verknüpfungen"
frühestens in zwei Wochen für ein Gespräch zur Verfügung.
Derweil schürt das Unternehmen die Übernahmefantasien. Das angebliche
Kaufangebot für Cobracrest stammt von einer US-Gesellschaft namens Carlyle
International Inc. aus New York. 93 Prozent des Unternehmens seien bereits
im Besitz von Carlyle, genauso wie 100 Prozent der britischen Mutter
Cobracrest Associates Ltd.
Carlyle? War das nicht jene amerikanische Beteiligungsgesellschaft mit rund
35 Milliarden Dollar Fondsvolumen, die auch Fiat Avio und die französische
Zeitung " Le Figaro" gekauft hat? Ist sie nicht. Die heißt Carlyle Group -
und Carlyle International Inc. hat damit nichts zu tun, wie Cobracrest in
einer Meldung selber zugeben musste. Verwechslungen mit der amerikanischen
Carlyle Group waren wohl durchaus willkommen. So wirkte das Übernahmeangebot
seriöser. Dabei ist Carlyle International beim zuständigen Firmenregister in
New York als " inactive" gemeldet.
Die Schwester GICG hat seit ihrer Gründung 1999 eine bewegte Vergangenheit.
In sechs Jahren wurde sie viermal umbenannt und war unter anderem
Kooperationspartner der Aufina Holding. Die Pleite der Aufina war 2003 ein
großer Anlegerbetrugsfall. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt wegen
Kapitalanlagebetrugs. Die GICG selbst hieß dank einer Lizenzvereinbarung mit
der Aufina zwischen 2002 und 2003 Aufina Wohnen AG. Da wundert es nicht,
wenn sich die GICG und ihre Schwester Cobracrest um die Aktionäre der
Pleite-Firma kümmern. Sie hatten den Aufina-Aktionären angeboten, die
wertlosen Anteile abzukaufen. Die GICG warb damit, Verluste der Aufina
geltend machen zu können. Holm Hartwig, Anwalt geschädigter Aufina-Anleger
in Jena: " Wir haben unseren Mandanten dringend abgeraten, weil wir das
Angebot nicht für seriös hielten."