Nach der heutigen Verurteilung des ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff zu drei Jahren Haft wegen Untreue (primär private Firmenflüge) und Steuerhinterziehung bleibt festzustellen: "Manager müssen sich warm anziehen, gerade im Insolvenzfall da die Insolvenzverwalter genau prüfen, ob strafrechtliche u./o. zivilrechtliche Forderungen durchsetzbar sind". Bei Thomas Middelhoff war es auch der Insolvenzverwalter, der auf die Klägerbank das Verfahren ins Rollen gebracht hat.
Richtungsweisend für Praktiker?
Zum einen geht es bei Praktiker um die Insolvenzverschleppung (1.), im Fokus stehen die früheren Konzernvorstände Thomas Burger (ehem. Aldi) und Thomas Fox (kurioserweise ehem. Karstadt). Jedoch stehen auch weitere relevante Sachverhalte im Fokus, die ebenfalls einen möglichen Rückschluss auf zivilrechtliche Ansprüche (bzw. Untreue siehe Arcandor) zulassen:
2.) Externe Beraterkosten (2a zivilrechtlich und 2b strafrechtlich)
3.) Darlehnsvergabe von Wiener Privatbank "Semper Constantia" (ehem. 5,58% Anteil, siehe JA 2012)
4.) Schmiergeldzahlungen für Kläger gegen Kapitalerhöhung
Fazit: Der IV macht seinen Job und das ist auch gut so - hier ist noch sehr vieles zu klären, das heutige Middelhoff Urteil ist m.M. nach richtungsweisend für alle IV nicht aufzugeben und die Interessen der Gläubiger / Eigentümer bestmöglichst zu vertreten (auch durch lange Gerichtsverfahren hinweg), nicht vor großen Namen zurück zu stecken und somit rechtlich alle möglichen Schritte unternehmen, die Verursacher zu stellen und finanzielle Ansprüche durchzusetzen. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir "da stimmt etwas nicht" (vgl. Post
#1921): Kapitalerhöhung 60 Mio. + Kredite 45 Mio. = 105 Mio. (!!!) Frische Liquidität in Dezember 2012, dann Insolvenzanmeldung im Juli 2013 aufgrund von Liquiditätsengpass i.H.v. 35 Mio. - ca. 6 Monate später sind 140 Mio. ausgegeben worden - da bin ich mal auf das Gutachten und das Vorgehen des IV gespannt - das riecht förmlich nach Untreue bzw. Managementversagen (fahrlässig oder vorsätzlich)!!
Zu 1.) Prüfung Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung gegenüber ehem. Konzernvorstände
"Genau ein Jahr nach der Praktiker-Pleite ermittelt laut Informationen der Süddeutschen Zeitung neben der Staatsanwaltschaft Hamburg nun auch die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen insgesamt fünf ehemalige Vorstandsmitglieder der Baumarktkette. Der Verdacht: Insolvenzverschleppung. Im Zentrum der Ermittlungen stehen laut den Informationen der Zeitung die früheren Praktiker-Chefs Thomas Fox und Armin Burger. Thomas Fox hatte zuvor bereits als Sanierer beim angeschlagenen Warenhauskonzern Karstadt gewirkt. Burger managte vor seiner Zeit bei Praktiker bereits das Handelsunternehmen Aldi. Bereits im Dezember berichtete die Wirtschaftswoche, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg dem Verdacht der Insolvenzverschleppung durch drei frühere Konzernvorstände nachgehe. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken untersuchte damals zudem eine mögliche strafrechtliche Relevanz eines kurz vor der Insolvenz veranlassten Abschlusses eines Beratervertrages, zitierte das Blatt damals einen Sprecher. Allein 2011 und 2012 seien auf Konzernebene rund 43,2 Millionen Euro für externe Berater bezahlt worden, heißt es in dem Bericht. Es könne noch keine Aussage darüber getroffen werden, welcher der Beschuldigten überhaupt für eine unterlassene Insolvenzantragsstellung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte, zitiert die SZ Staatsanwalt Thomas Reinhardt, Sprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. Entscheidend dafür sei der Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit von Praktiker, worüber bis frühestens diesen Herbst ein Gutachten urteilen soll."
www.wiwo.de/unternehmen/handel/...-bei-praktiker/10178646.html"Auch in Hamburg laufen Ermittlungen. Dort geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Insolvenzverschleppung durch drei frühere Konzernvorstände nach, bestätigte ein Sprecher der Behörde dem Magazin."
www.wiwo.de/unternehmen/handel/...iker-vorstaende/9215882.html Zu 2a) Prüfung Zivilrechtliche Forderungen wegen hohen externen Beraterkosten
"Merkwürdiger Beratervertrag kurz vor der Insolvenz: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen frühere Vorstände von Praktiker. Den externen Experten wurden dabei offenbar recht hohe Summen bezahlt. [..] Nach Angaben der "Wirtschaftswoche" wurden bei Praktiker allein 2011 und 2012 auf Konzernebene rund 43,2 Millionen Euro für externe Berater bezahlt. Zivilrechtliche Forderungen? Dem Bericht zufolge prüfen die Insolvenzverwalter darum auch mögliche zivilrechtliche Ansprüche. Die Insolvenzverwalter unterstützen natürlich die Arbeit der Ermittlungsbehörden, äußern sich aber nicht zu Details, sagte der Sprecher der Insolvenzverwalter Christopher Seagon und Jens-Sören Schröder, Holger Voskuhl."
www.welt.de/wirtschaft/article122937455/...aktiker-Pleite.htmlZu 2b) Strafrechtliche Relevanz eines kurz vor Insolvenz geschlossenen Beratervertrages
"Gegen frühere Vorstände des Baumarktkonzerns Praktiker wird ermittelt. Dabei geht es um die mögliche strafrechtliche Relevanz eines kurz vor der Insolvenz veranlassten Abschlusses eines Beratervertrages, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken der WirtschaftsWoche.
www.wiwo.de/unternehmen/handel/...iker-vorstaende/9215882.htmlZu 3.) Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche gegen Wiener Privatbank "Semper Constantia"
"Parallel überprüfen die drei beteiligten Insolvenzverwalter Udo Gröner, Christopher Seagon und Jens-Sören Schröder derzeit, ob und welche zivilrechtlichen Ansprüche im Zusammenhang mit Praktiker-Pleite geltend gemacht werden können. Von besonderem Interesse sei dabei zum einen die Rolle der Wiener Privatbank Semper Constantia und privater Investoren aus dem Umfeld der Bank bei der Vergabe eines Darlehens an Praktiker."
www.wiwo.de/unternehmen/handel/...iker-vorstaende/9215882.htmlZu 4.) Prüfung auf Schmiergeldzahlungen für Kläger gegen Kapitalerhöhung
"Zum anderen dürften die Insolvenzverwalter all jene Honorare und Zahlungen im Detail prüfen, die im Zusammenhang mit der Hauptversammlung des Konzerns im Juli 2012 stehen. Dabei war eine Kapitalerhöhung beschlossen worden, gegen die es in der Folge mehrere Anfechtungsklagen gab. Unternehmensinsider vermuten, dass an die Kläger Zahlungen geleistet wurden, damit diese die Klagen zurücknehmen."
www.wiwo.de/unternehmen/handel/...iker-vorstaende/9215882.html