Mauer spaltet die Nation
Zehnjährige Kinder kennen sie heute nur noch aus Geschichtsbüchern und den Erzählungen ihrer Eltern: Die Mauer, die Berlin in zwei Teile schnitt. Viele ihrer Lehrer und Eltern haben Bau und Fall dieser Mauer aber selbst erlebt. Vor 40 Jahren, am 13. August 1961, begannen Arbeiter und Soldaten mitten durch die Metropole Stacheldrähte zu ziehen. Wenige Tage später wurde an deren Stelle die bekannteste Mauer der Welt errichtet.
Die Berliner Mauer wird ab 1965 erweitert.
Augenfälliges Symbol der deutschen Teilung
Die vier Besatzungsmächte hatten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Fundament für die steinerne Grenze gelegt: Die westlichen Siegermächte Großbritannien, USA und Frankreich kontrollierten den Westen Deutschlands, die sozialistische Sowjetunion den Osten. Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zog es viele Menschen aus dem Osten in den freien Westen Deutschlands, wo wegen des Marshallplans der USA auch wesentlich bessere Lebensbedingungen herrschten. Mehr als 3 Mio. Menschen verließen die DDR zwischen 1949 und 1961 – darunter besonders viele Facharbeiter, Ärzte, Ingenieure etc.
Ein DDR-Volksarmist springt
am 15. August 1961 an der Bernauer Straße
über den Stacheldraht.
Gerüchte, dass die DDR-Regierung dieses Ausbluten durch eine Abriegelung verhindern wolle, hatte der Partei- und Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht aber noch am 15. Juni 1961 weit von sich gewiesen: “Die Bauarbeiter unserer Hauptstadt sind hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigt, und ihre Arbeitskraft wird dafür voll eingesetzt. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.”
Zwei Monate später zogen Bauarbeiter den sog. antifaschistischen Schutzwall hoch. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) feierte den Bau als Sieg über den Imperialismus. Die Mauer teilte nicht nur die Stadt, sie teilte die Welt endgültig in feindliche Machtblöcke.
Opfer des Mauerbaus
Rund um den Westteil der Stadt wuchsen nach und nach 46 km Mauer. Entlang der 160 km langen Demarkationslinie zwischen Bundesrepublik und DDR entstanden Todesstreifen mit Minen und Selbstschussanlagen. 10.000 Soldaten und Offiziere bewachten die Grenze in Hunderten von Türmen, Bunkern und Schützenstellungen, auf Grenzwegen und an den wenigen Grenzübergängen.
Der Ostberliner Peter Fechter stirbt
am 17. August 1962 bei dem Versuch,
die Mauer zu überqueren.
Er wird angeschossenh und verblutet.
Trotz des Risikos versuchten im Laufe des 28-jährigen Bestehens der Mauer mindestens 5.000 Menschen zu fliehen. Am 24. August 1961 wurde der erste Flüchtling von Volkspolizisten erschossen. Insgesamt kamen bei Fluchtversuchen an der deutsch-deutschen Grenze knapp 1000 Menschen ums Leben, rund 25% davon an der Berliner Mauer.
Große Erschütterung über das Menschen verachtende Vorgehen des DDR-Regimes rief am 17. August 1962 der Tod des 18–jährigen Peter Fechter hervor. Schwer verwundet durch die Schüsse der Grenzposten lag er fast eine Stunde lang verblutend am Fuße der Mauer, ohne dass ihm jemand zu Hilfe kam. Der letzte an der Mauer ermordete Flüchtling war Chris Gueffroy, der ein paar Wochen vor Aufhebung des Schießbefehls, am 6. Februar 1989, im Kugelhagel starb. Das allerletzte Opfer der Mauer war jedoch Winfried Freudenberg, der mit seinem selbst gebauten Ballon am 8. Mai 1989 in Zehlendorf abstürzte.
Überraschende Öffnung
Das von dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow eingeleitete Ende des kalten Krieges zwischen Ost und West erreichte die DDR nur zögernd. Mitte 1989 flohen Tausende von DDR-Bürgern über Ungarn in den Westen. Am 9. November 1989 verkündete Günter Schabowski, Mitglied des DDR-Politbüros, eher beiläufig und völlig überraschend die sofortige Öffnung der Mauer:
Deutsche aus Ost und West feiern
am 9. November 1989
die Öffnung der Mauer.
“Etwas haben wir ja schon getan. Ich denke, Sie kennen das. Nein? Oh, Entschuldigung. Dann sage ich es Ihnen.” Im Anschluss verlas Schabowski einen Beschluss des DDR-Ministerrates, der die freie Ausreise in die Bundesrepublik garantierte. Viele Ostberliner strömten zu den Grenzübergängen, die am Abend schließlich wirklich geöffnet wurden. In der Nacht bejubelten Berliner aus Ost und West das Wiedersehen in einer gigantischen Feier.
Die Mauer selber wurde hingegen zu einem Kultobjekt. Touristen reisten in die Hauptstadt, um sich Teile des Bauwerks zu sichern. Einzelne Mauerstücke fanden dankbare Abnehmer bei Souvenirjägern in der ganzen Welt. In Berlin entstand die East-Side-Gallery, ein 860 m langes Teilstück der Mauer, das mit Kunstwerken bemalt ist. Zur Erinnerung an die Bedeutung der Mauer in der deutschen Geschichte wurde ein Teilstück der Mauer in das Haus der Geschichte nach Bonn verfrachtet.