Dienstag 14. Oktober 2003, 14:58 Uhr
WCM auch mit Vogel vor langem Weg zur Sanierung
- von Mirko Wollrab -
Frankfurt (Reuters) - Die angeschlagene Beteiligungs- und Immobiliengesellschaft WCM braucht auch mit dem Sanierungsspezialisten Dieter Vogel an der Spitze des Aufsichtsrates noch weit bis in das nächste Jahr, um ihre wirtschaftlichen Probleme zu lösen.
Zunächst muss der vergangene Woche angetretene ehemalige Thyssen-Chef die zerstrittenen WCM (Xetra: 780100.DE - Nachrichten - Forum) -Banken auf Linie bringen und so die kurzfristige Zerschlagung des im Nebenwerteindex MDax gelisteten Unternehmens verhindern. Die Zeit drängt, denn die Gläubigerinstitute haben einen Kredit von 600 Millionen Euro an die WCM-Tochter Sirius, die gut 50 Prozent an der auch im MDax gelisteten IVG (Xetra:
620570.DE - Nachrichten - Forum) hält, bis Ende Oktober nur gestundet. "Die Banken setzen auf Vogel - sie werden ihm genügend Zeit zum Arbeiten geben, ohne dabei die Leine zu lang zu lassen", heißt es aus Kreisen der WCM-Banken.
Die WCM hat bislang die Zinsen an die Banken immer gezahlt, ihre Kredite jedoch kaum getilgt. Das hat zu Schulden von über drei Milliarden Euro bei der WCM und verbundenen Unternehmen geführt. Zu den wichtigsten Gläubigerbanken der WCM zählen die DZ Bank, die WGZ-Bank und die HSH Nordbank.
Vogel erntete zumindest von den Anlegern bereits Vorschusslorbeeren - die WCM-Aktie hatte Ende vergangener Woche schlagartig etwa zehn Prozent zugelegt. Seit Jahresbeginn hat das Papier aber rund ein Viertel an Wert eingebüßt und ist von einstigen Höchstkursen ohnehin meilenweit entfernt. Zu den wichtigsten Beteiligungen der defizitären Frankfurter WCM zählen neben dem IVG-Paket die 5,5 Prozent an der Commerzbank (Xetra: 803200.DE - Nachrichten - Forum) und gut 83 Prozent an den Klöckner-Werken.
TRAGFÄHIGES KONZEPT IN ACHT WOCHEN?
Der erfahrene Vogel - zuletzt half er bei der Sanierung des Büdelsdorfer Mobilfunkanbieters Mobilcom - muss den Einstieg eines Großinvestors auf den Weg bringen, der auch bei einer dringend notwendigen Kapitalerhöhung für WCM mitzieht. "In sechs bis acht Wochen könnte ein tragfähiges Konzept stehen, das dann in Einzelschritten abgearbeitet wird", fasst ein mit der Situation Vertrauter Manager zusammen. WCM-Chef Roland Flach und Vogel zögen an einem Strang. Während Flach aber bereits von mehreren nahezu unterschriftsreifen Offerten spricht, dürfe Vogel das nicht so optimistisch sehen.
Das auf die Sanierung hoch verschuldeter Firmen spezialisierte US-Unternehmen Fortress soll ebenso Interesse haben wie die Beteiligungsgesellschaft Texas Pacific Group oder die Investmentbank Morgan Stanley. "Flach hat praktisch keinen Verhandlungsspielraum - die Banken haben ganz klar das Sagen", verlautet aus Kreisen der Interessenten.
IMMER NOCH KEINE BINDENDEN ANGEBOTE - BANKEN ZERSTRITTEN
"Bindende Angebote gibt es noch gar nicht, wir bewegen uns hier immer noch in der Phase vorläufiger Offerten, die sich auch laufend ändern", heißt es in den Kreisen mit Blick auf die unterschiedlichen Interessen der Banken, die entweder WCM, Sirius oder dem hochverschuldeten WCM-Großaktionär Karl Ehlerding nahe stehen. Letzterer ist auch Aufsichtsrats-Vize bei WCM und muss wegen privater Schulden von rund 450 Millionen Euro auf Druck seiner Banken - darunter die Vereins- und Westbank (NASDAQ: WBKC - Nachrichten) und die Bankgesellschaft Berlin (Xetra:
802322.DE - Nachrichten - Forum) - seinen 42,5-prozentigen Anteil mindestens halbieren. Der Teilausstieg Ehlerdings ist seit dem Sommer 2002 auf der Tagesordnung. "Alle haben hier das letzte Jahr verschlafen, was die Situation jetzt noch schwieriger macht", fasst es ein Beteiligter zusammen.
"Die WCM hat unbestritten einen finanziellen Engpass, dem stehen aber auch beachtliche Vermögenswerte wie das Commerzbank-Paket oder der Anteil an Klöckner gegenüber", heißt es aus dem Unternehmen. Der Commerzbank-Anteil hat seit Jahresbeginn mehr als 50 Prozent an Wert gewonnen.
Wegen hoher Zinsaufwendungen und Abschreibungen auf Wohnungsbestände hatte WCM auch im zweiten Quartal 2003 rote Zahlen geschrieben. Von April bis Juni erhöhte sich der Verlust im gewöhnlichen Geschäft auf 17,8 Millionen Euro von 13,5 Millionen Euro im Vorjahr. Das Gesamtjahr will das Unternehmen dennoch mit einem Gewinn abschließen. 2002 hatte WCM vor allem wegen Abschreibungen auf Beteiligungen einen Nettoverlust von 860 Millionen Euro verbucht.