Quelle:
www.finanznachrichten.de/...chten-2008-10/artikel-12151057.asp28.10.2008 17:25
ROUNDUP 2: STOXX prüft Indizes nach VW-Kursexplosion - Deutsche Börse nicht
(neu: STOXX-Pläne, Aussagen von Index-Experten)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Wegen der Kursexplosionen der VW-Aktie (News/Aktienkurs) wird der Index-Anbieter STOXX die Folgen für seine Indizes an diesem Dienstag überprüfen. Die Deutsche Börse will dies trotz offensichtlicher drastischer Diskrepanzen hingegen nicht tun, wie sie der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Dienstag auf Anfrage sagte. Die Krux ist aber: Obwohl praktisch nur noch 5,8 Prozent der VW-Aktien im Streubesitz sind, gewichtet STOXX die Aktie im Leitindex der Eurozone, dem EuroSTOXX 50, mit einem Streubesitzanteil von knapp 50 Prozent. Die Deutsche Börse berechnet die Aktie im DAX mit einem Streubesitzanteil von knapp 45 Prozent.
Grund für diese Diskrepanz sind vor allem Optionen. Diese sind bislang nicht meldepflichtig und werden von den Index-Anbietern nicht als Festbesitz gewertet. Somit werden auch die von Porsche über Optionsrechte gesicherten VW-Aktien von rund 30 Prozent weiter als frei verfügbar angesehen, auch wenn dies gar nicht der Fall ist. Letztlich sieht es bei VW nämlich so aus: Neben dem Land Niedersachsen, das 20 Prozent besitzt, und dem Sportwagenhersteller Porsche , der über Aktien und auch Optionen bereits 74,1 Prozent an VW hält, sind am Markt allenfalls rund 6 Prozent VW-Stammaktien handelbar.
Dennoch heißt es bei der Deutschen Börse, (News/Aktienkurs) dass, solange das Regelwerk und die Börsenordnung nicht verletzt würden, es keine Pläne gebe einzugreifen. Auch gebe es keine Überlegungen, VW aus dem DAX zu nehmen", sagte ein Sprecher des Marktbetreibers am Dienstag. Eine Änderung der DAX-Regularien sei spontan ebenfalls nicht geplant. Am Markt dagegen empören sich immer mehr Händler über die im Grunde nicht korrekte Gewichtung und dass das deutsche Börsenbarometer durch eine einzige Aktie zurzeit derart verfälscht wird. "Das Verhalten der Deutschen Börse ist unverantwortlich", sagte einer von ihnen.
So sprang die Stammaktie des Wolfsburger Autobauers am Nachmittag um 30,66 Prozent auf 679,45 Euro hoch und war zeitweise sogar mehr als 1.000 Euro wert, während der Großteil der anderen DAX-Werte teils kräftige Verluste verbuchte. Zudem waren die VW-Papiere bereits am Montag um knapp 150 Prozent gestiegen.
Von STOXX erwarten Index-Experten an diesem Abend "eine Art Lex VW". Einer sagte: "Man könnte an den Regeln festhalten und Optionen allgemein weiterhin nicht als Festbesitz werten. Allerdings ließe sich eine Ausnahme kreieren, wenn man wie bei VW durch die Bekanntgabe von Porsche um die Höhe der Optionsrechte weiß." Sollte hier an diesem Abend etwas geschehen und nun diese Optionsanteile aus der Streubesitzgewichtung herausgerechnet werden, "könnte auch gleich die am Sonntag bekanntgegebene Anteilserhöhung durch Porsche mit herausgerechnet werden", sagte er. Selbst wenn die Deutsche Börse nicht sofort reagiere, würde sie durch so eine Handlung von STOXX unter Zugzwang gesetzt.
FEHLSPEKULATION
Die Vorgeschichte der Fehlspekulationen mit der VW-Aktie begann im Jahr 2005/06, als zunächst viele Marktteilnehmer mit Bekanntwerden des Porsche-Interesses an VW auf steigende VW-Kurse setzten, die mit Übernahmevorhaben in der Regel stets einhergehen. Mit der Zeit positionierten sich dann wohl auch vermehrt Marktteilnehmer, die die Grenze des Kursanstiegs als erreicht ansahen und wieder Kursrückgänge erwarteten. Eine solche Strategie, die insbesondere von Hedgefonds verfolgt wird, erschien logisch. Doch die Rechnung ging dieses Mal nicht auf. Es wurde ungedeckt auf fallende Kurse gewettet, also die VW-Aktie zu einem bestimmten Termin in der Zukunft an einen anderen Marktteilnehmer verkauft, ohne das Papier im Depot allerdings zu haben. Auf Verlangen des Käufers ist der Verkäufer zur Lieferung der Aktie verpflichtet und besitzt er sie nicht, muss er sie eben über den Markt kaufen, egal zu welchem Kurswert.
'SYSTEMKRISE DROHT'
"Wenn die Deutsche Börse nicht einschreitet, droht uns eine Systemkrise", glaubt der Händler, der der Börse unverantwortliches Verhalten vorwirft. Robert Halver, Kapitalmarktexperte bei der Baader Bank, verwies auf das Ansehen des DAX weltweit: "Solche Exzesse sind eines DAX-30-Index, der zu den fünf bis zehn bedeutendsten Aktienindizes der Welt gehört, unwürdig." Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 81, wie es derzeit bei VW der Fall sei, seien Aktien des "Neuen Marktes" bewertet worden, und dies passe keinesfalls zur dramatischen Situation, in der sich die Autobranche und auch VW derzeit befänden.
Dessen ungeachtet verwies die Deutsche Börse hinsichtlich VW auf ihre nächste, Anfang Dezember anstehende Index-Überprüfung durch den Arbeitskreis Aktienindizes. "Da wird dann wieder neu entschieden und gewichtet", hieß es seitens des Frankfurter Marktbetreibers./ck/wiz
ISIN
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