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Auf der UN-Klimakonferenz setzt Umweltministerin Schulze das Thema Wasserstoff ganz vorn auf die Agenda. Sie kündigt eine neue Plattform mit Sitz in Berlin an, die das "Öl der Zukunft" populär machen soll. Die Erwartungen an den wundersamen Energieträger sind enorm.
Bei der Suche nach dem Energieträger der Zukunft setzt die Bundesregierung weiter auf Wasserstoff. Umweltministerin Svenja Schulze kündigte nun auf der UN-Klimakonferenz in Madrid eine neue internationale Plattform mit Sitz in Berlin an, die die Arbeit der Staaten bei dem Thema koordinieren soll. Dabei geht es um sogenannte Power-to-X-Verfahren (PtX), wie die Gewinnung synthetischer Brenn-, Kraft- und Grundstoffe aus Strom genannt wird. Gleichzeitig soll so der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas beschleunigt werden.
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Schulze kündigte in Madrid eine neue Plattform zur Förderung von Wasserstoff an.
(Foto: dpa)
Es gelte, die Weltwirtschaft so umzubauen, dass unterm Strich keine Treibhausgase mehr ausgestoßen würden, sagte Schulze. Elektroautos könne man mit Strom betanken, aber für den Luft- und Seeverkehr sowie die energieintensiven Industrien wie Chemie oder Stahl sei das nicht ohne Weiteres möglich. Für diese Bereiche können Experten zufolge Kraft- und Brennstoffe aus PtX-Verfahren eine Lösung sein.
Die sogenannten E-Fuels können künstlich hergestellt werden und haben die gleichen Eigenschaften wie herkömmliches Benzin, Diesel oder Kerosin. Bei der Produktion muss CO2 mit Wasserstoff verbunden werden. Kommt der dafür erforderliche Strom aus erneuerbaren Energien und wird das CO2 aus der Atmosphäre entnommen, wären diese Kraftstoffe klimaneutral.
"Schlüsselrohstoff" und "Klimatechnologie der Zukunft"
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Knie über Wasserstoffautos "Europa hat Batterieproduktion verpennt"
Bereits Anfang November hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier gesagt, Wasserstoff werde der "Schlüsselrohstoff einer langfristig erfolgreichen Energiewende" sein. Forschungsministerin Anja Karliczek sprach von der "zentralen Klimatechnologie der Zukunft". Zuletzt hatte die FDP-Fraktion im Bundestag vorgeschlagen, gemeinsam mit Staaten in Nordafrika und Südeuropa eine klimaneutrale Wasserstoffproduktion aufzubauen - denn die erfordert große Mengen sauberer Energie. Der FDP-Idee zufolge soll die mit Solarkraft vor Ort produziert werden. Anfang Dezember legte die Unionsfraktion einen Sieben-Punkte-Plan zum Wasserstoff vor. Darin fordert sie unter anderem, den Strompreis für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen zu senken. Dort ist auch die Rede vom "Öl der Zukunft".
Schulze sagte nun in Madrid, die Kraftstoffe würden am Ende in einer "globalen Produktionskette" hergestellt in Regionen, in denen erneuerbare Energien wie etwa Solar- oder Windstrom günstig seien. In diesen Regionen könnten Jobs und Wertschöpfung entstehen, man müsse dafür auf Augenhöhe handeln. Schulze betonte, dass bei grünem Wasserstoff und anderen synthetischen Kraftstoffen auf Nachhaltigkeit geachtet werden müsse. Sie dürften nur aus zusätzlichen erneuerbaren Energien gewonnen werden.
Fürs Auto eher ineffizient
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Wirtschaft 05.11.19
Alternative Antriebe Wasserstoff soll "Schlüsselrohstoff" werden
Union und FDP sehen PtX-Kraftstoffe oder E-Fuels auch als möglichen gleichwertigen Benzin- oder Diesel-Ersatz für die Millionen von Privat-Pkw in Deutschland. Das ist allerdings umstritten, da Elektroautos zumindest bis zu einer gewissen Größe deutlich effizienter sind. "Das heißt, wir brauchen ungefähr dreimal so viele Windräder, um ein Wasserstoffauto zu betreiben, wie ein Batterieauto", sagte im November der Berliner Professor für Regenerative Energiesysteme, Volker Quaschning. Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU und mehrere Autokonzerne wollen aber auch diese Möglichkeit offenhalten.
Schulze sieht das anders. Die Stoffe müssten dort eingesetzt werden, wo es in absehbarer Zeit keine guten anderen Lösungen gebe. Wo Strom direkt genutzt werden könne, sollten sie nicht "verschwendet werden", etwa im Autotank. Umweltschützer kritisieren Andreas Scheuer, weil er aus ihrer Sicht das PtX-Potenzial für Klimaschutz im Verkehr überschätzt.
Quelle: n-tv.de, vpe/dpa/AFP