Seit Wochenbeginn ist die Amitelo-Aktie um unglaubliche 40.000 Prozent nach oben geschossen. Grund für den Kurssprung war anfangs noch der Reverse Split und das damit verbundene Umstellungschaos. Inzwischen treiben Short-Spekulationen den Kurs.
Noch vor einer Woche war die Amitelo-Aktie ein fast schon in der Versenkung verschwundener Penny-Stock. Das Papier notierte nach den zahlreichen Negativ-Berichten über angebliche Luftaufträge und ein nicht vorhandenes operatives Geschäft nur noch bei drei Cent.
Doch seit Montag ist wieder Leben in der Bude. Die Aktie notiert inzwischen bei über 12 Euro. Der märchenhafte Kurssprung ist teilweise technisch bedingt. Denn am Montag führte Amitelo einen so genannten Reverse Split durch. Im Verhältnis eins zu 100 wurden Aktien getauscht. Das heißt: Für 100 Aktien bekamen die Anteilseigner eine Aktie. Theoretisch lag also der Kurs am Montag bei drei Euro.
Shortie-Spekulationen als Kurstreiber?
Dass der Kurs seither aber bis auf zwölf Euro gesprungen ist, dürfte noch andere Gründe haben. So könnten etwa Short-Positionen als Kurstreiber funktionieren. Mit Schuld daran könnten die Online-Banken sein. Mehrere von ihnen nämlich hätten die Umbuchung der Bestände nicht rechtzeitig vorgenommen, werfen Anleger in Internetforen vor. Anleger konnten so ihre alten Aktienbestände zu Nach-Split-Kursen verkaufen. Damit waren plötzlich mehr Aktien im Umlauf als Amitelo eigentlich ausgegeben hatte.
Nachdem die Banken den Split endlich verarbeitet hatten, weisen offenbar Anleger, die Pre-Split-Bestände verkauft hatten, Minusbestände im Depot auf. Sie sind quasi unbeabsichtigt short gegangen. Offenbar wird nun seitens der Anleger darauf spekuliert, dass die Banken diese Short-Positionen schließen und sich am Markt mit Amitelo-Aktien eindecken müssen ("covern").
Zeitgleich zum Reverse Split führt Amitelo derweil eine zweite Kapitalerhöhung durch, die angesichts der enormen Kurssteigerung der vergangenen Tage auf den ersten Blick an Attraktivität gewinnt. Die im Verhältnis 9:7 ausgegebenen neuen Aktien sind mit einem Preis von 2,40 Schweizer Franken (umgerechnet 1,48 Euro) relativ billig im Vergleich zum aktuellen Kurs. Doch Vorsicht: Die neuen Inhaberaktien unterliegen einer Haltefrist (Veräußerungssperre) von einem Jahr nach deren Ausgabe!
Online-Broker in der Kritik
Die Online-Banken betonen derweil, dass sie an dem Umstellungschaos nach dem Reverse Split keinerlei Schuld tragen würden: Die DAB Bank gab auf Nachfrage von boerse.ARD.de zwar zu, dass am Montagvormittag die Depots noch nicht umgestellt worden wären, in dieser Zeit habe es aber keinen Handel gegeben. Gegen Mittag verhängte dann die Bank nach Auskunft eines Sprechers eine Handelssperre. Erst im Laufe des Montagnachmittags konnten die Aktien zu den Nach-Split-Kursen ordnungsgemäß gehandelt werden. Ein DAB-Bank-Sprecher begründete die Verzögerung mit dem Hinweis, dass man erst am Montagmorgen vom zuständigen Wertpapierabwickler über den Reverse Split informiert worden sei.
Bei der ING-Diba reagierte man schneller. Hier wurde schon ab 9.40 Uhr der Handel für eine Stunde gestoppt. Zuvor waren noch die Altbestände handelbar. Laut eines Sprechers der Bank sei aber keine einzige Amitelo-Aktie bis 9.40 Uhr verkauft worden.
Keine Versäumnisse wollte die Sparkassen-Direktbank S-Broker einräumen. Es habe keine Fehler zulasten von Kunden gegeben, beteuerte die Kommunikationsabteilung.
Einminütiger Fehler bei der Börse Stuttgart
Auch die Börsenbetreiber und Skontroführer wiesen jegliche Verantwortung von sich. "Wir als Börse stellen nur die Preise", erklärte der Sprecher der Börse Stuttgart. Er gab zu, dass nach der ersten Kursfeststellung um 10.01 Uhr am Montag zwischen 10.03 Uhr und 10.04 Uhr ein falscher Preis ermittelt worden sei. Dies sei aber sofort wieder korrigiert worden und habe auch nichts mit dem Reverse Split zu tun, betonte er. In dieser kurzer Zeit seien keine Umsätze getätigt worden und kein Schaden entstanden.
Etwas mehr Zeit ließ sich der Skontroführer der Deutschen Börse, RG Securities. Der erste Kurs wurde um 10.49 Uhr mit 300 Stücken festgestellt, erklärte Sebastian Ostermann von RG Securities. Die Information über den Reverse Split sei ordnungsgemäß erfolgt. Am Freitag habe es vier Mal eine Mitteilung der WM-Gruppe zu diesem Schritt gegeben. Am Montagfrüh sei eine weitere Mitteilung gefolgt. Ein Sprecher der DAB Bank meinte hingegen, dass es ein sehr ungewöhnliches Verhalten einer AG sei, am Freitag nach Börsenschluss einen Reverse Split für Montag anzukündigen.
Weiße Weste von Amitelo?
Amitelo selbst weist jede Mitverantwortung an dem Handelschaos um das Reverse Splitt von sich. Amitelo habe sorgfältig gearbeitet und den Splitt rechtzeitig bei den verantwortlichen Stellen gemeldet, erklärte Amitelo-CEO Jan Malkus gegenüber 4investors. Er sieht die Verantwortung für die Probleme bei den Depotbanken. Auf der Internet-Homepage von Amitelo sucht man freilich einen solchen Kommentar zum Handelschaos vergeblich.
In den Internet-Foren wird darüber spekuliert, ob Amitelo mit der Zusammenlegung der Aktien den Kurs optisch aufpeppen und sein Image des Penny-Stocks abstreifen wollte. Als Vorbild wird der Reverse Split von Swiss Hawk genannt, der eine Woche früher stattfand und ebenfalls am Freitagabend kommuniziert wurde. Die Aktie sauste kurzfristig nach oben, gab aber inzwischen wieder einen Teil der Gewinne ab
Das Chaos um den Reverse Split von Amitelo hinterlässt also viele offene Fragen. Vor allem die Banken stehen jetzt unter Erklärungsdruck. Schlimmstenfalls drohen ihnen Schadensersatzklagen. Aber auch manch Anleger sollte sich fragen, ob er genau über den Reverse Split informiert war, bevor er die Aktie kaufte. "Solche Splits", resümiert Nebenwerte-Experte Matthias Schrader von GSC, "stiften halt immer Verwirrung".
Quelle: boerse.ard.de