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Komplexes Geschäftsmodell
Ein ... maßgeblicherer Grund dafür, dass sich Leerverkäufer auf ein bestimmtes Unternehmen einschießen, ist deren komplexes und nur schwer durchaubares Geschäftsmodell. Vor allem wählen die Shortseller dabei Unternehmen aus mit verschachtelten Strukturen und einer Vielzahl von Beteiligungen und Tochtergesellschaften, deren objektive Bewertung von Außenstehenden nur schwer zu beurteilen ist.
"Welchen Wert Investoren den einzelnen Beteiligungen aus dem Portfolio eines Unternehmens zubilligen, ist am Ende von vielen Faktoren abhängig", erklärt Alexander Hirsekorn von "Wellenreiter-Invest". Im Klartext heißt das: Niemand kann beurteilen, ob die in den Bilanzen ausgewiesenen Beteiligungen tatsächlich soviel wert sind wie dargestellt. So sei etwa bei Aurelius von über 20 Beteiligungen nur mit HanseYachts ein Unternehmen aus dem Portfolio börsennotiert. Die anderen Gesellschaften seien schwierig zu bewerten.
Das macht die Unternehmen angreifbar. Auch bei Wirecard haben immer neue Akquisitionen von Zahlungsanbietern auf der ganzen Welt die Transparenz des Unternehmens verschlechtert - und es angreifbar gemacht. Und dem Außenwerber Ströer hatte der Leerverkäufer, Muddy Waters, vorgeworfen, das Wachstum und die Cashgenerierung zu optimistisch auszuweisen.
Schlechte Kommunikation
Richard Mayer-Uellner, Partner der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle, ist überzeugt, dass nichts ein Unternehmen so angreifbar mache, wie eine schlechte Kommunikation. Das gelte vor allem für jene Unternehmen, bei denen nicht in einem Satz erklärbar sei, wie sie ihr Geld verdienen. Ein komplexes Geschäftsmodell verständlich dazustellen, sei aber umso wichtiger als das Verständnis und Vertrauen schaffe, das im Angriffsfall überlebensnotwendig sei.
Um Schadensbegrenzung zu betreiben sei es wichtig, schnell und umfassend zu kommunizieren. Unternehmen, die keinen Notfallplan in der Schublade haben, stehen dann natürlich besonders schlecht da. Sowohl Ströer als auch Aurelius scheinen von den Attacken völlig überrumpelt worden zu sein und brauchten Tage, um zu reagieren.
Weil es in Europa und speziell in Deutschland nicht an Unternehmen mangelt, deren zahlreiche Beteiligungen und Töchter, von Außenstehenden kaum objektiv bewertet werden können, ist es für Experten nur eine Frage der Zeit, bis sich die Leerverkäufer ein neues Opfer aussuchen. Der Hedgefonds Muddy Waters hat bereits angekündigt, weitere deutsche Unternehmen ins Visier zu nehmen.