13.07.2007
Biosprit
SPD: Mehr Biosprit - keine NahverkehrssteuernBerlin - Zur Verringerung der Abhängigkeit vom Öl will die SPD den Biokraftstoff-Anteil am Sprit schneller und deutlicher als bisher geplant erhöhen.
Bahnen und Busse im Nahverkehr sowie Taxis sollen bei Biodiesel und reinem Pflanzenöl wie schon die Landwirtschaft von der Mineralölsteuer befreit werden. Auf diese "Anpassung der Biokraftstoff-Strategie" an die Marktentwicklung hätten sich in der SPD-Bundestagsfraktion die Arbeitsgruppen Finanzen, Umwelt, Energie und Landwirtschaft verständigt, sagte der Finanzexperte Reinhard Schultz am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Danach solle der gesamte Öko-Anteil beim Diesel schon im kommenden Jahr von jetzt 3,5 auf 7 Prozent angehoben werden, die Gesamtquote aller Biokraftstoffe bis 2015 auf 15 Prozent und nicht mehr nur 8 Prozent. Die Bundesregierung hatte zuletzt einen deutschen Anteil von 17 Prozent für 2020 angekündigt, während die EU bis dahin im Schnitt 10 Prozent Biokraftstoffanteil erreichen will.
Mit der Union sei man bereits im Gespräch, sagte Schultz. Er gehe davon aus, dass die Union hier mitziehen werde. Kleine Änderungen schloss er nicht aus. Der Finanzminister trage die Entscheidung mit. Der Gesetzentwurf solle nach der Sommerpause als Koalitionsentwurf eingebracht werden. Die von der Biosprit-Branche geforderte Rücknahme der im letzten Jahr beschlossenen stufenweisen Steuererhöhungen sei nicht geplant.
Diese Biosprit-Strategie widerspricht aktuellen Vorschlägen der wissenschaftlichen Umweltberater der Bundesregierung. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) legte ein Sondergutachten mit der Forderung vor, Biomasse stärker zur Produktion von Strom und Wärme einzusetzen und aus Gründen des Klimaschutzes weniger für den Antrieb von Autos. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ging bei der Übernahme des Gutachtens "Klimaschutz durch Biomasse" darauf nicht direkt ein, kündigte aber "eine neue Struktur an Bioraffinerien" an. Eine Zertifizierung solle sicherstellen, dass die Kraftstoffversorgung durch zusätzliche Palmöl-Importe nicht durch das klimaschädliche Abholzen von Regenwäldern in Asien oder Lateinamerika erkauft werde.
Hintergrund der Koalitions-Pläne ist, dass Biosprit bei Knappheit am Markt schon in erheblichem Umfang importiert werden muss. Synthetische Biokraftstoffe wie BTL (zweite Generation) seien frühestens ab 2015 zu haben, stellen die SPD-Arbeitsgruppen in ihrem Beschluss fest. Deshalb "werden die Biokraftstoffe der ersten Generation auf mittlere Sicht weiterhin große Bedeutung haben". Gingen alle im Bau befindlichen Biosprit-Anlagen in Betrieb, könne sich die Kapazität auf über 5 Millionen Tonnen im Jahr erhöhen.
Auch der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt, sprach von einer vorgezogenen Beimischungsquote für Biokraftstoffe. Im dpa-Gespräch schloss er aber auch nicht aus, die zweite Stufe der Besteuerung von Biokraftstoffen, die nach dem Energiesteuergesetz 2008 in Kraft treten soll, auszusetzen. "Inzwischen sieht auch die SPD-Fraktion den Handlungsbedarf", sagte Bernhard. "Wir befinden uns endlich in konstruktiven Gesprächen mit der SPD und erwarten im Zuge der Vorlage des Berichts der Regierung über Biokraftstoffquoten Ende September einvernehmliche und zukunftsträchtige Lösungen." (dpa)