Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2014, Nr. 235, S. 21
In der Biotechbranche steht ein größerer Verkauf an
Börsennotierte Cytotools will ihr Hauptprodukt an Pharmakonzern abgeben
smo. FRANKFURT, 9. Oktober. In der deutschen Biotechnologie wird nach Informationen dieser Zeitung über eine der größten Transaktionen der vergangenen Jahre verhandelt: Das börsennotierte Unternehmen Cytotools hat die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley mandatiert, einen Käufer oder Partner für das Geschäft mit dem Hauptprodukt Dermapro zu suchen, einem Medikament zur Wundbehandlung. Das verlautet aus Finanz- und Branchenkreisen. Die Gesellschaft verlange dafür einen deutlichen dreistelligen Millionenbetrag, es gebe konkrete Verhandlungen.
Kommt eine Transaktion zustande, wäre das auch ein Signal für die deutsche Biotechnologie insgesamt, denn die hat bislang wenig Erfolge vorzuweisen. Cytotools äußerte sich nicht zu Details. Eine Sprecherin bestätigte aber, es sei eine "große angelsächsische Investmentbank" für Verhandlungen angeheuert. Morgan Stanley lehnte einen Kommentar ab.
Cytotools ist seit 2006 an der Börse und erforscht Arzneien gegen Haut-, Harnwegs- und Herz-Kreislauf-Leiden. Dermapro ist das am weitesten fortgeschrittene Projekt. Es soll Wunden aller Art behandeln, vor allem schwer heilende wie beim "diabetischen Fuß", wo im schlimmsten Fall Amputation droht. Der Bedarf ist nach Ansicht von Fachleuten hoch. "Schlecht heilende Wunden sind ein großes Problem für die Medizin", sagt Rolf Hömke, Sprecher für Forschung des Branchenverbands VfA. "Darunter leiden beispielsweise etliche Diabetiker; und deren Zahl steigt weltweit dramatisch." Dermapro durchläuft gerade die letzte der drei Testphasen an Patienten. In Indien ist die Zulassung schon beantragt.
Die Entwicklung des Produkts wird von der Tochtergesellschaft Dermatools betrieben. Wie zu hören ist, würde Cytotools Dermapro gerne an einen internationalen Pharmakonzern verkaufen, ist aber auch für eine Kooperation offen. Unternehmenschef Mark-André Freyberg halte sich deswegen diese Woche zu Gesprächen in Amerika auf. Das von Dermatools ebenfalls betriebene Harnwegsprojekt Utisept soll dem Vernehmen nach bei den Verhandlungen außen vor bleiben.
Der Aktienkurs von Cytotools hat sich in diesem Jahr mehr als verdoppelt, die Marktkapitalisierung auf 136 Millionen Euro zugelegt, womit das Unternehmen zu den größeren deutschen Biotechgesellschaften gehört. Cytotools nennt für Dermapro keine Umsatzprognose, aber Freyberg rechnete vor fünf Jahren im Gespräch mit dieser Zeitung vor: Wenn fünf Prozent der unter chronischen Wunden leidenden Patienten mit der Arznei behandelt würden, könnte der Umsatz rund 200 Millionen Euro im Jahr erreichen. Er ließ damals durchblicken, das sei eine konservative Schätzung. "Wir hoffen, dass das Medikament einmal der Standard in der Wundbehandlung wird", sagte er.
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Quelle: FAZ, 9.10.2014, S.21