Russland kauft sich in Deutschland ein
Medwedew interessiert an Werften und Halbleitertechnologie / Treffen mit Merkel in Sotschi (14.08.09)
Sotschi - Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise wollen Deutschland und Russland ihre Wirtschaftsbeziehungen zum beiderseitigen Vorteil vertiefen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich am Freitag nach einem Treffen mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew in dessen Sommerresidenz im Schwarzmeerkurort Sotschi dafür aus, „die Chancen aus der Krise“ zu nutzen, und signalisierte Unterstützung für russische Investitionsprojekte in Deutschland.
Dabei ging es um politische Rückendeckung für drei konkrete Vorhaben zur Rettung angeschlagener Unternehmen in Deutschland mithilfe russischer Investoren: den Autokonzern Opel, den Chiphersteller Qimonda und die Wadan-Werften. Medwedew sagte, für Russland gehe es um den Einstieg in moderne Technologien, wo das Land großen Nachholbedarf habe. Deshalb hätten Investitionen bei den Halbleiterfirmen Infineon und Qimonda strategischen Charakter.
In Bezug auf Opel bekräftigte Merkel die Präferenz der Bundesregierung für das Konzept des Autozulieferers Magna im Kampf um die Übernahme. Sie verwies darauf, dass Magna zusammen mit den russischen Partnern Sberbank und dem Autohersteller Gaz vor allem den russischen Automarkt erschließen wolle.
Zu einem möglichen Einstieg des russischen Mischkonzerns Sistema beim deutschen Chipkonzern Infineon und dessen insolventer Tochter Qimonda sagte Merkel, eine russisches Investment könne Chancen eröffnen, zum beiderseitigen Nutzen. Wie es am Rande des Treffens hieß, sind die Gespräche aber noch nicht entscheidungsreif. Infineon erklärte, es gebe bislang nur Kontakte auf politischer, nicht auf Unternehmensebene.
Zu den insolventen Wadan-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde verlautete am Rande des Treffens, der frühere russische Energieminister Igor Jussofow und dessen Sohn Witalij hätten mit dem Insolvenzverwalter bereits am Donnerstag einen Vorvertrag mit einem Kaufpreis von 40,5 Millionen Euro geschlossen. Aus Sicht von Merkel und Medwedew könnte dieser Investor sich als verlässlicher erweisen als der frühere russische, der die Wadan-Werften in die Pleite geführt hatte. Merkel sagte, Wadan könne Spezialschiffe für Russland bauen, die dort nicht hergestellt werden könnten, wie etwa Transporter für Flüssiggas. Dies sei ein „intelligentes Projekt“.
Merkel forderte bei dem Treffen die Aufklärung der „abscheulichen Morde“ an den Menschenrechtlerinnen Natalja Estemirowa und Sarema Sadulajewa. Medwedew bezeichnete die Morde als „politische“ Taten, deren Ziel es sei, die gesamte Kaukasusregion zu destabilisieren. AP/AFP/rtr
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