Eigentlich als Antwort auf einen fantomas in BörseGo verfaßt, aber sicher auch hier interessant:
Hi fantomas,
ich hatte das Glück, 1987 "buchmäßig" schon viel Geld zu verlieren. Aber wie heute hat jeder den Crash 87 sicher sehr individuell erlebt. Ich hatte damals tatsächlich kein Geld verloren, weil ich nicht verkauft hatte. Damals war ich noch sehr "grün hinter den Ohren" und hatte noch nicht sonderlich viel Ahnung von Aktien. Es war ja auch nicht so wie heute, daß Aktien und Derivate weit verbreitet waren. Aber ich habe definitiv viel Geld und Erkenntnis durch den Crash gewonnen. Damals mußte ich nicht einmal bis in den Winter 1989 warten, um eine Superperformance und die Basis für eine Hausfinanzierung zu legen.
Das ging damals alles so schnell und kam so unvorbereitet (für mich), daß ich nicht sofort reagiert habe. Als FAZ-Leser habe ich schon hin und wieder den Kursteil angeschaut, aber sicher nicht täglich. Ich hielt es für wichtiger, den Wirtschaftsteil und nicht den Kurszettel zu studieren. Erst später bin ich dazu übergegangen, auch selbst mit Symphony (Vorläufer Excel) Kurse charttechnisch auszuwerten. Dennoch hatte ich schon das erste Buch darüber in der Hand gehabt und Bodenbildung war mir ein Begriff. Ich erinnere nicht, damals in irgend einer Weise nachdenklich oder kritisch gewesen zu sein. Am 16.10. und in den Tagen davor war für mich kein Anzeichen sichtbar, warum gerade jetzt der Boom sein Ende finden sollte. So war es eigentlich mit allen Crashs danach auch. Selbst die 2000er Krise war für mich vom Zeitpunkt her nicht völlig klar. Wer das kurzfristige Geschäft technisch gut versteht, kann ja danach handeln, ich bin da generell etwas behäbiger und mit einer Grundskepsis versehen. Über Jahre kann man mit günstigen Einstiegskursen immer viel Geld verdienen. Ich halte das jetzige Niveau auf Sicht von 2 Jahren für phantastisch. Selbst wenn noch ein sell out kommen sollte (nichts ist auszuschließen auch nicht das Gegenteil davon), wird dieser nach allen Erfahrungen so schnell wieder aufgeholt, daß man sich nicht ärgern sollte, vielleicht doch nicht den untersten Einstiegspunkt erwischt zu haben. Aber wie war das nun 1987 genau?
Am 19.10 war der FAZ-Index von 612 auf 569 gefallen. Mehr als 8% Minus für den FAZ-Index, das war schon was. Der Folgetag brachte nochmals 5% Verlust und 540 Punkte. Die ersten Anleger gingen am 3. Tag gleich wieder rein und brachten den Indes auf 577 zurück. Krise vorbei? Nein, das glaubte noch keiner, aber 551 am 22.10 und auch am 23.10 flößten wieder etwas Vertrauen in den Markt ein. Dies sollte mit 510 Punkten am 26.10 wieder zerstört sein. Am 27. 10 erreichte der Index 515 Punkte, sollte hier die Haltemarke liegen? Nein, am 28/29.10 ging es mit 488 und 468 Punkten weiter runter. Aber dann, am 30.10 wieder 497 Punkte. Also jetzt? Die 490 und 483 Punkte Anfang November waren nicht so erschreckend. Aber 466 Punkte am 4.11. sollten die Bodenbildung bestätigen. Am 5.11. war diese Hoffnung mit 455 Punkten weg. Am 6.11. kam die Hoffnung mit 459 Punkten zurück. Die Kursbewegungen wurden sichtlich moderater, könnte das der Boden sein? Nein, mit 430 Punkten am 9.11 und 400 Punkten am 10.11 war die Krise erst ausgestanden. Es waren also nur ganz wenige Handelstage mit Hoffen und Bangen, dann war alles vorüber. Dann hat der Index bis Ende Januar 1988 noch 6 x an die 400er Linie angeklopft, 2 x sogar knapp darunter ohne diese nachhaltig zu verletzen (Nervenkitzel muß sein!). Es wurde so deutlich an der Börse geklingelt, daß ein Einstieg für mich unvermeidlich war. Auch wenn man nicht auf Kredit spekulieren soll, ich habe mir 30.000 DM aufgenommen (sonst schuldenfrei!) und bin mit zusätzlichem fremden Geld wieder eingestiegen.
Ich suche mein Glück nicht in Konjunkturdaten oder in den diversen Indikatoren, die technisch anzeigen, wann es soweit sein sollte. Ich glaube auch nicht, daß die Experten wirklich in der Mehrheit erfolgreicher sind, als die Laien. Ich bin wohl bis heute ein Laie geblieben, der nichts begreift und einfach nicht die Gefahren der großen neuen Wirtschaftskrise sehen will. Ich schaue auf Einzelunternehmen und liege zu über 70% auf Sicht von 2 Jahren richtig. Es ist eben einfacher, vorher zu sagen, was mit einem Unternehmen passiert, als gleich die ganze Weltwirtschaft mit Ihren Kausalitäten in den Fokus zu heben. Es ist auch nicht hilfreich, ein niedriges KGV als tolle Chance und ein hohes KGV als Risiko zu betrachten. Wenn ich meine Aktien immer danach ausgewählt hätte, wäre ich immer zu spät drin oder zu früh draußen gewesen. Für mich ist die Phantasie, die in einem Einzeltitel steckt wichtiger, wie die Phantasien der Crashpropheten, die im Timing zu fast 100% auch immer so arg daneben lagen, das es schon peinlich wirkt. Ganz abgesehen davon, daß es immer auch Grüppchen gibt, die als Goldbugs, Shorties, Weltumstürzler oder aus anderen Motiven ein generelles „Abkacken“ wünschen, um endlich auch mal zum Zuge zu kommen bzw. die Erfolgssträhne unbegrenzt fortsetzen zu wollen. So gefährlich der Berggipfel für den Longinvestor ist, so gefährlich ist die Situation zwischenzeitlich für den Shorty in den Börsentälern. Man kann auch die Bewegungen der Old- und New/First-Economy nicht gleichsetzen. Wer das macht, verkennt die unterschiedliche fundamentale Struktur, Lage und Bedeutung für die einzelnen Volkswirtschaften. Wenn eine Internetbude verbrennt, ist das kaum wichtiger als wenn die Wurst auf dem Grill der Pommesbude schwarz wird. Die Psychologie der breiten Anlegermassen, die in er Mehrheit die Markt-richtung bestimmen ist für mich viel wichtiger. Diese ist aber nicht vergleichbar mit dem was in einem Jükü, Ariva, BörseGo oder W:O-Board abgeht, denn da tummeln sich die Hardcoreanleger und nicht die breite Masse. Wenn W:O aktuell auf weniger als 1000 login´s gleichzeitig kommt, ist das nicht wirklich marktbestimmend. Die anderen Boardler träumen nur davon, versuchen sich in Qualität zu flüchten, die sowieso nur eine verschwindene Minderheit versteht oder suchen ihr Heil im Trend. Es schickt sich eben an, zur Zeit vor Aktien zu warnen. Das haben wohl auch einige Chefstrategen in den Investmenthäusern erkannt und versuchen nun mit allen Mitteln die gewünschte Richtung durchzusetzen. Wir können uns aber sicher sein, der schnelle und große Crash kommt nicht aus dem Tal der schon vergossenen Tränen, sondern allein aus der Höhe der Börsengipfel, die wir längst zu 80 bis 90% überwunden haben.
Ja es sieht nicht so toll in der Weltwirtschaft aus. Ja die Unternehmen verbreiten nicht nur Erfreuliches für die Anleger. Ja das Bewertungsniveau erscheint historisch hoch. Ja die Japaner haben über 10 Jahre keine neuen Allzeithochs an den Aktienmärkten gemacht. Ja es hat viele Monate gedauert, bis die Krise 1929 überwunden war. Ja das Anlegervertrauen ist dahin. Ja Red Shoes hat fast immer Recht mit seiner Technischen Analyse, schließt aber auch nicht das Gegenteil aus. Ja es könnte noch schlimmer kommen. Ja es wird noch etwas dauern, bis wir das alles überwunden haben..., aber die Börse läuft in unregelmäßigen Zeitabschnitten vorweg und dieses massive Bündel an „bad news“ ist kaum noch zu überbieten. Selbst in der tiefsten aller Krisen wurden nach über 50%! Einbruch im BIP, höchster historischer Arbeitslosigkeit, massiven Kursverfall, Suppenküchen weltweit..., schon wieder steigende Kurse beobachtet. Das war weder fundamental, noch technisch, noch rational zu begreifen. Der Wille zum Erfolg treibt uns und die Börse immer wieder an. So wie wir einen natürlichen Biorhythmus haben, existiert er wohl auch an der Börse (EW-Theorie läßt grüßen). Wer keine Schwingungen in der Stimmung mehr vernimmt und nur noch an den Untergang der Börsen oder gar der Menschheit glaubt, sollte wirklich konsequent auch nie mehr Aktien kaufen. Wer an sich und an seine Umwelt glaubt, wer hoffnungsvoll in die Zukunft blickt, wird belohnt oder nimmt die kurzfristige Niederlage gelassen hin, denn er ist schon teilweise investiert, immer auf der Suche nach weiteren Schnäppchen und fährt die große Ernte eben erst in einigen Jahren in die Scheune. Im schlimmsten Fall ist es eben eine Investition in die langfristige Zukunft, dafür muß man aber Börsenextremist sein, also immer konsequent dann short gehen, wenn die Aktien schon tief gefallen sind und stets dann long gehen, wenn wirklich keiner mehr den hohen Börsengipfel übersehen kann. Ich kaufe jetzt!
Good Trade
Aldi
PS: hier noch ein Auszug aus den Buch Börse professional von Rainer Schätzle, erschienen 1988
19. Oktober 1987, der "Schwarze Montag".
Fünf Jahre stiegen die Aktienkurse in den USA durchschnittlich um knapp 30 Prozent per annum - ein Wertanstieg von insgesamt über 250 Prozent!
Es gab Haussiers (Bullen) und Baissiers (Bären), damals wie heute. Die Bullen sprachen von einem neuen Zeitalter, neuen Höchstkursen und fanden allerlei "Beweise", weshalb die Aktien noch immer unterbewertet und kaufenswert sind. Die Bären predigten seit Jahren den großen Crash, verpaßten damit die Hausse, malten den Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems in den schwärzesten Farben. Doch die Börse lebt nun einmal von Kauf und Verkauf, und mit ihr leben die Bullen (Kauf) und Bären (Verkauf), somit wäre nichts Beunruhigendes zu melden gewesen.
Doch dann zeigte der Kalender den 19. Oktober 1987, einen Montag, der an sich gar nicht so düster aussah. Hatte die US-Börse doch am Freitag zuvor ein Rekordtief mit einem Rückgang von über 108 Punkten im Dow-Jones-Industrie-Index erlebt. Der zweite Rückgang innerhalb kurzer Zeit, denn Anfang Oktober hatte man bereits einen Tageseinbruch von 92 Punkten gesehen. Die Bullen sprachen von einer gesunden Konsolidierung und einer technisch geradezu vorteilhaften Reaktion. Die Bären erkannten Indizien ihrer Crashtheorie.
Die Börse eröffnete schwach. Unter dem Schlußkurs vom Freitag. Anfangs sah man kaum Grund zur Beunruhigung. Der Verkaufsdruck, so wurde argumentiert, resultiere aus Zwangs- und Angstliquidationen vom Freitag. Die Kurse fielen jedoch weiter. Nach den ersten 30 Minuten notierte man ein Minus von 67 Punkten. Die Kauforders, die vor und zu Beginn der Sitzung vorlagen, waren ausgeführt. Weitere Aufträge flossen nur zögerlich. Man erinnerte sich, daß in Europa Stunden zuvor die Börsen mit katastrophalen Kursverlusten geschlossen hatten. Der Erdrutsch begann. Verkauforders überfluteten die Händler. Die Differenzen zwischen Kassa- und Terminmarkt waren enorm groß.
Computergesteuerte Arbitrageprogramme gossen Öl ins Feuer. Nach der zweiten Stunde stand der unglaubliche Rekordverlust von über 200 Punkten zu Buche. Die Aktien waren 15 bis 20 Prozent billiger als zur Eröffnung. Programmtrading war in aller Munde, und da ein Computer nicht wissen kann, daß eine IBM bei 120 ein klarer Kauf ist, faßten einige Mut und kauften massiv. Gegen Mittag hatte sich der Index um rund 80 Punkte erholt, doch der Kaufstrom versiegte. Radio- und Femseh-stationen berichteten über den Crash ("Call your broker, get me out, get me out“). Die Telefonnetze waren überlastet wie sonst nur an Silvester. Um 14 Uhr betrug der Tagesverlust 229 Punkte. Gerüchte wurden laut, die Börsenaufsicht denke daran, die Börse schließen zu lassen. Wenn die Bullen bislang noch taumelten, jetzt brachen sie zusammen. Nicht nur Yuppies, auch Händler, die seit weit über zehn Jahren "im Ring" standen, fanden keine Worte, konnten weder Kurse geben noch Position aufnehmen. Wenn alle "Verkauf' schreien und niemand die Hand aufhält (kauft), ist die Börse tot.
Die Börse überlebte den 19. Oktober 1987 mit einem Tagesverlust von 508 Punkten - ein Minus von über 30 Prozent im "Dow". 600 Milliarden Dollar Wertverlust binnen acht Stunden. Das war der Schwarze Montag 1987.
"Schwarzer Montag 1987" - Schwarzer Freitag 1929
Der 508-Punkte-Rückgang des Dow-Jones-Industrial-Index am 19. Oktober 1987 wirft die Frage auf, ob dies das Vorspiel einer langfristigen Aktien-Baisse und einer wirtschaftlichen Depression wie 1929 war?
Eine solche Vermutung wird durch verschiedene, auffallende Übereinstimmungen zwischen 1929 und 1987 gestützt. So war der Börsenkrach des 19.Oktober 1987 mit einem Einbruch von über 30 Prozent der bis dato größte Kursverlust der Börsengeschichte. Der Schwarze Freitag des 28. Oktober 1929 war seinerzeit mit einem Rückgang von 12,8 Prozent ebenfalls der größte Tagesverlust der Geschichte gewesen. Doch damit nicht genug. Der montägliche Kurssturz erfolgte rund zwei Monate nachdem der Aktienindex mit 2722,24 Punkten am 25. August 1987 sein All-Time-High erreicht hatte - ebenso wie 1929...
Rainer Schätzle kommt am Ende zum Schluß, das dieser häufig angestellte Vergleich Quatsch ist. Es gibt sowohl gesamtwirtschaftliche als auch politische Differenzen, Reaktionen, Handlungen und Vertrauensbasen, strukturelle Unterschiede...
Er zeigt auch auf, das es zwischen 1956 und 1988 eine große Anzahl von wirklich Rezessionen gab, die ohne solche Verluste abgewickelt wurden und gab den Aktienmärkten damals zurecht noch eine Zukunft! In den folgenden Kapiteln handelt er dann die erfolgreichen Strategie für die Hausse und Baisse ab. Das Buch ist für mich wieder hoch aktuell und sicher auch hilfreich, um etwas Abstand von der jetzigen Panik zu bekommen.
Hi fantomas,
ich hatte das Glück, 1987 "buchmäßig" schon viel Geld zu verlieren. Aber wie heute hat jeder den Crash 87 sicher sehr individuell erlebt. Ich hatte damals tatsächlich kein Geld verloren, weil ich nicht verkauft hatte. Damals war ich noch sehr "grün hinter den Ohren" und hatte noch nicht sonderlich viel Ahnung von Aktien. Es war ja auch nicht so wie heute, daß Aktien und Derivate weit verbreitet waren. Aber ich habe definitiv viel Geld und Erkenntnis durch den Crash gewonnen. Damals mußte ich nicht einmal bis in den Winter 1989 warten, um eine Superperformance und die Basis für eine Hausfinanzierung zu legen.
Das ging damals alles so schnell und kam so unvorbereitet (für mich), daß ich nicht sofort reagiert habe. Als FAZ-Leser habe ich schon hin und wieder den Kursteil angeschaut, aber sicher nicht täglich. Ich hielt es für wichtiger, den Wirtschaftsteil und nicht den Kurszettel zu studieren. Erst später bin ich dazu übergegangen, auch selbst mit Symphony (Vorläufer Excel) Kurse charttechnisch auszuwerten. Dennoch hatte ich schon das erste Buch darüber in der Hand gehabt und Bodenbildung war mir ein Begriff. Ich erinnere nicht, damals in irgend einer Weise nachdenklich oder kritisch gewesen zu sein. Am 16.10. und in den Tagen davor war für mich kein Anzeichen sichtbar, warum gerade jetzt der Boom sein Ende finden sollte. So war es eigentlich mit allen Crashs danach auch. Selbst die 2000er Krise war für mich vom Zeitpunkt her nicht völlig klar. Wer das kurzfristige Geschäft technisch gut versteht, kann ja danach handeln, ich bin da generell etwas behäbiger und mit einer Grundskepsis versehen. Über Jahre kann man mit günstigen Einstiegskursen immer viel Geld verdienen. Ich halte das jetzige Niveau auf Sicht von 2 Jahren für phantastisch. Selbst wenn noch ein sell out kommen sollte (nichts ist auszuschließen auch nicht das Gegenteil davon), wird dieser nach allen Erfahrungen so schnell wieder aufgeholt, daß man sich nicht ärgern sollte, vielleicht doch nicht den untersten Einstiegspunkt erwischt zu haben. Aber wie war das nun 1987 genau?
Am 19.10 war der FAZ-Index von 612 auf 569 gefallen. Mehr als 8% Minus für den FAZ-Index, das war schon was. Der Folgetag brachte nochmals 5% Verlust und 540 Punkte. Die ersten Anleger gingen am 3. Tag gleich wieder rein und brachten den Indes auf 577 zurück. Krise vorbei? Nein, das glaubte noch keiner, aber 551 am 22.10 und auch am 23.10 flößten wieder etwas Vertrauen in den Markt ein. Dies sollte mit 510 Punkten am 26.10 wieder zerstört sein. Am 27. 10 erreichte der Index 515 Punkte, sollte hier die Haltemarke liegen? Nein, am 28/29.10 ging es mit 488 und 468 Punkten weiter runter. Aber dann, am 30.10 wieder 497 Punkte. Also jetzt? Die 490 und 483 Punkte Anfang November waren nicht so erschreckend. Aber 466 Punkte am 4.11. sollten die Bodenbildung bestätigen. Am 5.11. war diese Hoffnung mit 455 Punkten weg. Am 6.11. kam die Hoffnung mit 459 Punkten zurück. Die Kursbewegungen wurden sichtlich moderater, könnte das der Boden sein? Nein, mit 430 Punkten am 9.11 und 400 Punkten am 10.11 war die Krise erst ausgestanden. Es waren also nur ganz wenige Handelstage mit Hoffen und Bangen, dann war alles vorüber. Dann hat der Index bis Ende Januar 1988 noch 6 x an die 400er Linie angeklopft, 2 x sogar knapp darunter ohne diese nachhaltig zu verletzen (Nervenkitzel muß sein!). Es wurde so deutlich an der Börse geklingelt, daß ein Einstieg für mich unvermeidlich war. Auch wenn man nicht auf Kredit spekulieren soll, ich habe mir 30.000 DM aufgenommen (sonst schuldenfrei!) und bin mit zusätzlichem fremden Geld wieder eingestiegen.
Ich suche mein Glück nicht in Konjunkturdaten oder in den diversen Indikatoren, die technisch anzeigen, wann es soweit sein sollte. Ich glaube auch nicht, daß die Experten wirklich in der Mehrheit erfolgreicher sind, als die Laien. Ich bin wohl bis heute ein Laie geblieben, der nichts begreift und einfach nicht die Gefahren der großen neuen Wirtschaftskrise sehen will. Ich schaue auf Einzelunternehmen und liege zu über 70% auf Sicht von 2 Jahren richtig. Es ist eben einfacher, vorher zu sagen, was mit einem Unternehmen passiert, als gleich die ganze Weltwirtschaft mit Ihren Kausalitäten in den Fokus zu heben. Es ist auch nicht hilfreich, ein niedriges KGV als tolle Chance und ein hohes KGV als Risiko zu betrachten. Wenn ich meine Aktien immer danach ausgewählt hätte, wäre ich immer zu spät drin oder zu früh draußen gewesen. Für mich ist die Phantasie, die in einem Einzeltitel steckt wichtiger, wie die Phantasien der Crashpropheten, die im Timing zu fast 100% auch immer so arg daneben lagen, das es schon peinlich wirkt. Ganz abgesehen davon, daß es immer auch Grüppchen gibt, die als Goldbugs, Shorties, Weltumstürzler oder aus anderen Motiven ein generelles „Abkacken“ wünschen, um endlich auch mal zum Zuge zu kommen bzw. die Erfolgssträhne unbegrenzt fortsetzen zu wollen. So gefährlich der Berggipfel für den Longinvestor ist, so gefährlich ist die Situation zwischenzeitlich für den Shorty in den Börsentälern. Man kann auch die Bewegungen der Old- und New/First-Economy nicht gleichsetzen. Wer das macht, verkennt die unterschiedliche fundamentale Struktur, Lage und Bedeutung für die einzelnen Volkswirtschaften. Wenn eine Internetbude verbrennt, ist das kaum wichtiger als wenn die Wurst auf dem Grill der Pommesbude schwarz wird. Die Psychologie der breiten Anlegermassen, die in er Mehrheit die Markt-richtung bestimmen ist für mich viel wichtiger. Diese ist aber nicht vergleichbar mit dem was in einem Jükü, Ariva, BörseGo oder W:O-Board abgeht, denn da tummeln sich die Hardcoreanleger und nicht die breite Masse. Wenn W:O aktuell auf weniger als 1000 login´s gleichzeitig kommt, ist das nicht wirklich marktbestimmend. Die anderen Boardler träumen nur davon, versuchen sich in Qualität zu flüchten, die sowieso nur eine verschwindene Minderheit versteht oder suchen ihr Heil im Trend. Es schickt sich eben an, zur Zeit vor Aktien zu warnen. Das haben wohl auch einige Chefstrategen in den Investmenthäusern erkannt und versuchen nun mit allen Mitteln die gewünschte Richtung durchzusetzen. Wir können uns aber sicher sein, der schnelle und große Crash kommt nicht aus dem Tal der schon vergossenen Tränen, sondern allein aus der Höhe der Börsengipfel, die wir längst zu 80 bis 90% überwunden haben.
Ja es sieht nicht so toll in der Weltwirtschaft aus. Ja die Unternehmen verbreiten nicht nur Erfreuliches für die Anleger. Ja das Bewertungsniveau erscheint historisch hoch. Ja die Japaner haben über 10 Jahre keine neuen Allzeithochs an den Aktienmärkten gemacht. Ja es hat viele Monate gedauert, bis die Krise 1929 überwunden war. Ja das Anlegervertrauen ist dahin. Ja Red Shoes hat fast immer Recht mit seiner Technischen Analyse, schließt aber auch nicht das Gegenteil aus. Ja es könnte noch schlimmer kommen. Ja es wird noch etwas dauern, bis wir das alles überwunden haben..., aber die Börse läuft in unregelmäßigen Zeitabschnitten vorweg und dieses massive Bündel an „bad news“ ist kaum noch zu überbieten. Selbst in der tiefsten aller Krisen wurden nach über 50%! Einbruch im BIP, höchster historischer Arbeitslosigkeit, massiven Kursverfall, Suppenküchen weltweit..., schon wieder steigende Kurse beobachtet. Das war weder fundamental, noch technisch, noch rational zu begreifen. Der Wille zum Erfolg treibt uns und die Börse immer wieder an. So wie wir einen natürlichen Biorhythmus haben, existiert er wohl auch an der Börse (EW-Theorie läßt grüßen). Wer keine Schwingungen in der Stimmung mehr vernimmt und nur noch an den Untergang der Börsen oder gar der Menschheit glaubt, sollte wirklich konsequent auch nie mehr Aktien kaufen. Wer an sich und an seine Umwelt glaubt, wer hoffnungsvoll in die Zukunft blickt, wird belohnt oder nimmt die kurzfristige Niederlage gelassen hin, denn er ist schon teilweise investiert, immer auf der Suche nach weiteren Schnäppchen und fährt die große Ernte eben erst in einigen Jahren in die Scheune. Im schlimmsten Fall ist es eben eine Investition in die langfristige Zukunft, dafür muß man aber Börsenextremist sein, also immer konsequent dann short gehen, wenn die Aktien schon tief gefallen sind und stets dann long gehen, wenn wirklich keiner mehr den hohen Börsengipfel übersehen kann. Ich kaufe jetzt!
Good Trade
Aldi
PS: hier noch ein Auszug aus den Buch Börse professional von Rainer Schätzle, erschienen 1988
19. Oktober 1987, der "Schwarze Montag".
Fünf Jahre stiegen die Aktienkurse in den USA durchschnittlich um knapp 30 Prozent per annum - ein Wertanstieg von insgesamt über 250 Prozent!
Es gab Haussiers (Bullen) und Baissiers (Bären), damals wie heute. Die Bullen sprachen von einem neuen Zeitalter, neuen Höchstkursen und fanden allerlei "Beweise", weshalb die Aktien noch immer unterbewertet und kaufenswert sind. Die Bären predigten seit Jahren den großen Crash, verpaßten damit die Hausse, malten den Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems in den schwärzesten Farben. Doch die Börse lebt nun einmal von Kauf und Verkauf, und mit ihr leben die Bullen (Kauf) und Bären (Verkauf), somit wäre nichts Beunruhigendes zu melden gewesen.
Doch dann zeigte der Kalender den 19. Oktober 1987, einen Montag, der an sich gar nicht so düster aussah. Hatte die US-Börse doch am Freitag zuvor ein Rekordtief mit einem Rückgang von über 108 Punkten im Dow-Jones-Industrie-Index erlebt. Der zweite Rückgang innerhalb kurzer Zeit, denn Anfang Oktober hatte man bereits einen Tageseinbruch von 92 Punkten gesehen. Die Bullen sprachen von einer gesunden Konsolidierung und einer technisch geradezu vorteilhaften Reaktion. Die Bären erkannten Indizien ihrer Crashtheorie.
Die Börse eröffnete schwach. Unter dem Schlußkurs vom Freitag. Anfangs sah man kaum Grund zur Beunruhigung. Der Verkaufsdruck, so wurde argumentiert, resultiere aus Zwangs- und Angstliquidationen vom Freitag. Die Kurse fielen jedoch weiter. Nach den ersten 30 Minuten notierte man ein Minus von 67 Punkten. Die Kauforders, die vor und zu Beginn der Sitzung vorlagen, waren ausgeführt. Weitere Aufträge flossen nur zögerlich. Man erinnerte sich, daß in Europa Stunden zuvor die Börsen mit katastrophalen Kursverlusten geschlossen hatten. Der Erdrutsch begann. Verkauforders überfluteten die Händler. Die Differenzen zwischen Kassa- und Terminmarkt waren enorm groß.
Computergesteuerte Arbitrageprogramme gossen Öl ins Feuer. Nach der zweiten Stunde stand der unglaubliche Rekordverlust von über 200 Punkten zu Buche. Die Aktien waren 15 bis 20 Prozent billiger als zur Eröffnung. Programmtrading war in aller Munde, und da ein Computer nicht wissen kann, daß eine IBM bei 120 ein klarer Kauf ist, faßten einige Mut und kauften massiv. Gegen Mittag hatte sich der Index um rund 80 Punkte erholt, doch der Kaufstrom versiegte. Radio- und Femseh-stationen berichteten über den Crash ("Call your broker, get me out, get me out“). Die Telefonnetze waren überlastet wie sonst nur an Silvester. Um 14 Uhr betrug der Tagesverlust 229 Punkte. Gerüchte wurden laut, die Börsenaufsicht denke daran, die Börse schließen zu lassen. Wenn die Bullen bislang noch taumelten, jetzt brachen sie zusammen. Nicht nur Yuppies, auch Händler, die seit weit über zehn Jahren "im Ring" standen, fanden keine Worte, konnten weder Kurse geben noch Position aufnehmen. Wenn alle "Verkauf' schreien und niemand die Hand aufhält (kauft), ist die Börse tot.
Die Börse überlebte den 19. Oktober 1987 mit einem Tagesverlust von 508 Punkten - ein Minus von über 30 Prozent im "Dow". 600 Milliarden Dollar Wertverlust binnen acht Stunden. Das war der Schwarze Montag 1987.
"Schwarzer Montag 1987" - Schwarzer Freitag 1929
Der 508-Punkte-Rückgang des Dow-Jones-Industrial-Index am 19. Oktober 1987 wirft die Frage auf, ob dies das Vorspiel einer langfristigen Aktien-Baisse und einer wirtschaftlichen Depression wie 1929 war?
Eine solche Vermutung wird durch verschiedene, auffallende Übereinstimmungen zwischen 1929 und 1987 gestützt. So war der Börsenkrach des 19.Oktober 1987 mit einem Einbruch von über 30 Prozent der bis dato größte Kursverlust der Börsengeschichte. Der Schwarze Freitag des 28. Oktober 1929 war seinerzeit mit einem Rückgang von 12,8 Prozent ebenfalls der größte Tagesverlust der Geschichte gewesen. Doch damit nicht genug. Der montägliche Kurssturz erfolgte rund zwei Monate nachdem der Aktienindex mit 2722,24 Punkten am 25. August 1987 sein All-Time-High erreicht hatte - ebenso wie 1929...
Rainer Schätzle kommt am Ende zum Schluß, das dieser häufig angestellte Vergleich Quatsch ist. Es gibt sowohl gesamtwirtschaftliche als auch politische Differenzen, Reaktionen, Handlungen und Vertrauensbasen, strukturelle Unterschiede...
Er zeigt auch auf, das es zwischen 1956 und 1988 eine große Anzahl von wirklich Rezessionen gab, die ohne solche Verluste abgewickelt wurden und gab den Aktienmärkten damals zurecht noch eine Zukunft! In den folgenden Kapiteln handelt er dann die erfolgreichen Strategie für die Hausse und Baisse ab. Das Buch ist für mich wieder hoch aktuell und sicher auch hilfreich, um etwas Abstand von der jetzigen Panik zu bekommen.