HINTERGRUND: Fusionsfieber in der Krise - Banken-Milliardendeals im Wochentakt
http://www.ariva.de/..._Banken_Milliardendeals_im_Wochentakt_n274144717:18 11.09.08
FRANKFURT (dpa-AFX) - Deutschlands Banken haben es plötzlich eilig. Was jahrelang misslang, glückt in der Krise nun binnen zwei Wochen. Nach der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank (Profil) ist der zweite Milliardendeal nach dpa-Informationen perfekt: Die Deutsche Bank (Profil) greift nach der Postbank (Profil). Damit tritt die von Ökonomen, Politikern und auch Bankern lange angemahnte Neuordnung der als zu zersplittert geltenden deutschen Finanzbranche ein.
Die seit Sommer 2007 tobende Krise an den internationalen Finanzmärkten wirkt - wie von Experten erwartet - als Katalysator: In allen Sektoren gewinnt die Fusionsdebatte an Fahrt, nicht nur bei den Privatbanken, sondern auch bei den genossenschaftlichen Spitzeninstituten DZ und WGZ kommt der erneute Versuch eines Zusammenschlusses voran, und bei den Landesbanken hält sich latent die Forderung nach größeren Instituten.
Nach der Einigung auf ein Zusammengehen von Commerzbank und Dresdner Bank war erwartet worden, dass die Deutsche Bank sich verstärkt um die Postbank bemühen würde. Der Chef des Branchenprimus, Josef Ackermann, stellte am Mittwoch klar: Am Interesse seines Instituts an dem Bonner Konkurrenten habe sich nichts geändert. Am Abend dann erklärte die Deutsche Bank in einer knappen Mitteilung: "Die Deutsche Bank bestätigt fortgeschrittene Gespräche mit der Deutschen Post (Profil) über eine Beteiligung an der Postbank. Ob diese Gespräche zu einem Abschluss führen, ist jedoch noch offen."
DEUTSCHE BANK ERHÄLT VORKAUFSRECHT
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa ist das Geschäft vereinbart: In Finanzkreisen hieß es am Donnerstag, die Deutsche Bank wolle in einem ersten Schritt 29,75 Prozent der Postbank übernehmen und erhalte eine Vorkaufsrecht auf die weiteren Anteile der Post, die 50 Prozent plus eine Aktie hält.
Es wäre ein Deal, der Ackermann im Fusionspoker der Branche mit einem Schlag wieder Oberwasser verschaffen würde, wie der Bankenexperte Dirk Schiereck meint. "Damit hält er die Zügel bei der weiteren Konsolidierung der deutschen Privatkundenlandschaft fest in der Hand", sagt der Darmstädter Professor. Denn mit einem Einstieg bei der Postbank würde sich die Deutsche Bank alle Optionen sichern.
Schiereck hält es sogar für denkbar, dass die Deutsche Bank in ein paar Jahren, wenn sich Bank-Aktien wieder vom Schock der Finanzkrise erholt haben, wieder von dem Postbank-Paket trennt und damit kräftig Kasse macht. Denn, so Schiereck, Ackermann biete sich aktuell die Möglichkeit zum Einstieg zum "Schnäppchen-Preis". Seit Beginn dieses Jahres verlor die Postbank-Aktie im DAX rund 27 Prozent an Wert: Das 30-Prozent-Paket wäre damit gemessen am Aktienkurs 800 Millionen Euro günstiger geworden. In Finanzkreisen wurde das Volumen des Deals am Donnerstag mit "mehr als 2,5 Milliarden Euro" angegeben.
ACKERMANN WOLLTE POSTBANK VOR ZWEI JAHREN NOCH NICHT
Commerzbank-Chef Martin Blessing, der mit dem erst vor knapp zwei Wochen vereinbarten Kauf der angeschlagenen Dresdner Bank für insgesamt 9,8 Milliarden Euro den größten Coup seit Jahren landete, gab sich ob der Aktivitäten des Konkurrenten Deutsche Bank am Donnerstag betont gelassen: "Dass andere Marktteilnehmer in dieser Zeit nicht stehen bleiben, ist doch klar." Jede Konsolidierung sei gut für den Finanzplatz Deutschland. Diese Sicht bekräftigte auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Einer Komplett-Übernahme des Bonner Konkurrenten hatte Ackermann noch vor zwei Jahren wegen des fehlenden Werts für die eigenen Aktionäre eine klare Absage erteilt. Bei der "Handelsblatt"- Bankentagung 2006 sagte Ackermann: "Es spricht nichts gegen die Postbank, aber es spricht auch nichts für die Postbank." Doch weil der Schweizer immer wieder die Bedeutung des Heimatmarktes für Deutschlands größte Bank betont und die Institute im Zuge der Finanzmarktkrise und den Problemen im Kapitalmarktgeschäft zunehmend die Privatkunden wieder entdecken, könnte die Postbank als Institut mit den meisten Privatkunden wieder interessant sein. Die Postbank spricht von 14,6 Millionen Kunden - und das seien "alles aktive Kunden", wie Postbank-Marketingvorstand Michael Meyer betont.
Bei einer vollständigen Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank würden nach Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Hartmann-Wendels zwei Welten aufeinanderprallen. Wie das größte deutsche Kreditinstitut mit der Postbank und ihren Agenturen in Supermärkten und Zeitschriftenläden zusammenpassen soll, will dem Kölner Professor nicht recht einleuchten. "Es liegen Welten zwischen beiden Banken, bei der Kultur und beim Image. Da steht die Deutsche Bank als Marktführer auf der einen Seite und die Postbank, die Zahlungsverkehr macht und einige eher einfach gehaltene Geldanlage- und Kreditprodukte vertreibt, auf der anderen Seite", sagt Hartmann- Wendels./jb/zb/stw/zb --- Von Jörn Bender, dpa und Bernd Zeberl, dpa-AFX ---