Erdgas wird neben Kohle und der Nuklearenergie eine immer wichtigere Rolle in der weltweiten Energieversorgung einnehmen. Die durchschnittliche Nachfragesteigerung für Erdgas der letzten Jahrzehnte betrug cirka 2,6% jährlich, wobei davon auszugehen ist, dass diese Dynamik in den kommenden Jahren aufgrund neuer Transporttechnologien, eines enormen Nachholbedarfs der asiatischen Länder sowie der höheren Umweltverträglichkeit von Erdgas im Vergleich zu Erdöl oder Kohle weiter zunimmt.
Bisher war die eingeschränkte Transportfähigkeit von Erdgas ein limitierender Faktor für eine zunehmende Nachfragedynamik. Durch die mittlerweile ausgereifte Technologie der Verflüssigung von Erdgas zu Liquefied Natural Gas (LNG) kann das Transportvolumen um das 600fache reduziert werden, was unseres Erachtens zu einer deutlichen Zunahme der Erdgasnachfrage führen sollte, da so der in der Reichweite begrenzte Transport über Pipelines umgegangen werden kann. Langfristig sollte die Bedeutung von Erdgas im Vergleich zu Erdöl deutlich zunehmen.
Das Barnett Shale Vorkommen befindet sich im nördlichen Teil des Staates Texas und ist das größte Erdgasvorkommen in den USA. Es verfügt insgesamt über schätzungsweise 40 Billionen Kubikfuß unkonventioneller Erdgasreserven und deckt bereits 58% der täglichen amerikanischen Produktion aus unkonventionellen Gasschiefern ab. Die Bohraktivitäten haben sich gemessen an den aktiven Quellen seit 2000 mehr als versechsfacht. Die für die Versorgung wichtigere Kennzahl der täglichen Erdgasproduktion hat sich in der Barnett Shale Region im selben Zeitraum verfünffacht, was im Wesentlichen von dem technologischen Fortschritt der horizontalen Bohrung, der seismischen 3-D Analyse und zuletzt auch durch den steigenden Gaspreis beflügelt wurde.
Neben der Größe des Vorkommens und der Erschließung über neue Bohrtechnologien ist das als sehr gering einzustufende politische Risiko ein positiver Faktor. Der Zugriff auf die Reserven ist für international operierende Konzerne seitens der amerikanischen Regierung nicht reglementiert.
Die vorliegende Kurzstudie verfolgt die Intention, dem Investor sowohl aufzuzeigen, inwieweit sich der weltweite Mix der Energieversorgung zu Gunsten von Erdgas verschiebt, als auch die Bedeutung der Barnett Shale Vorkommens herauszuarbeiten.
Erdgas bald wichtiger als Erdöl Erdgas deckt nach Angaben des Statistical Reviews 2006 von BP bereits heute 23% des weltweiten Energiebedarfes ab. Zwar liegt Erdöl mit einem Anteil von 37% noch weit davor, jedoch ist die Nachfragedynamik bei Erdgas wesentlich ausgeprägter. Die durchschnittliche Wachstumsrate des Erdgasverbrauchs der letzten 20 Jahre liegt mit 2,6% p.a. deutlich über der Steigerungsrate beim Erdölverbrauch von 1,5%. Erdgas wird vor allem als Energieträger zunehmend interessanter, da sowohl steigende Erdölpreise als auch die begrenzte Verfügbarkeit von Erdölreserven, die wirtschaftlich gefördert werden können eine Umorientierung auslösen. Die statische Reichweite bzw. die Lebensdauer der Ölreserven liegt aktuell bei 40 Jahren, während die Lebensdauer von Erdgas mehr als Doppelte beträgt.
Hauptverantwortlich für diese überdurchschnittliche Steigerung des Erdgasverbrauchs ist die Entwicklung neuer Transportmöglichkeiten, die den Transportradius erhöhen und gleichzeitig die Kosten reduzieren. Bisher wird der Löwenanteil des weltweiten Erdgastransportes über Pipelines abgedeckt. Hauptproblematik ist dabei jedoch die eingeschränkte Reichweite, der kapitalintensive Bau einer Pipeline und die erhöhte Störanfälligkeit. Um einen Transport ohne Pipelines beispielsweise mit einem Tanker zu ermöglichen, muss Erdgas in einen flüssigen Aggregatzustand versetzt werden. Die bekanntesten Verfahren sind hierbei Komprimiertes Erdgas (CNG - Komprimierung, Druckbehälter), Flüssiggas (LNG - Gasverflüssigung durch Kompression und/oder Kühlung) und Gas-to-Liquids (GTL - Umwandlung in flüssige Kohlenwasserstoffe), die eine bis zu 600-fache Verringerung des Volumens erlauben.
Der Transport für kurze Entfernungen wird aufgrund der höheren Effizienz weiterhin über Pipelines stattfinden, jedoch sollte die Versorgung der rohstoffarmen Länder Japan und Südkorea langfristig zunehmend über LNG- Importe sichergestellt werden. Auch die USA (wie obige Grafik verdeutlicht) setzt zunehmend auf LNG. So haben sich die Importe seit 2000 mehr als verdreifacht. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt, zumal Erdgas auch als Treibstoff für Kraftfahrzeuge eingesetzt werden kann. Mittlerweile hat sich Flüssiggas sogar als eine eigene Erdgasgattung etabliert, was wiederum langfristig eine positive Wirkung auf den Erdgaspreis haben sollte.
Neben der für den Transport notwendigen Technologien zur Verflüssigung von Erdgas ist auch die erhöhte Nachfrage der asiatischen Länder, allen voran China für die Bedeutungszunahme von Erdgas verantwortlich. Der Nachholbedarf der asiatischen Länder ist gemessen am Pro-Kopf-Verbrauch enorm, so dass wir langfristig weiterhin von einer starken Nachfragesteigerung dieser Länder ausgehen. Im Vergleich zu anderen Energieträgern wie Erdöl oder Kohle ist die Energiegewinnung durch Erdgasverbrennung unter ökologischen Gesichtspunkten günstiger, da der CO2 -Ausstoß spürbar geringer ist. Auch hier erwarten wir gerade im Hinblick auf die Einhaltung der CO2-Reduktionsbestimmungen des Kyoto-Protokolls eine weitere Intensivierung der Energiegewinnung aus Erdgas.
Die Bedeutung von Barnett Shale für die Energieversorgung der USA
Barnett Shale ist das größte US-amerikanische unkonventionelle Erdgasvorkommen. Es befindet sich im nördlichen Texas und erstreckt sich über 13 Tausend km² bzw. 17 "Counties" und wird in ein Kerngebiet und ein Tier 1- und ein Tier 2-Gebiet eingeteilt. Charakteristisch für die Formation ist die "enge" flach verlaufende erdgashaltige organische Schicht, die sich unter einer festen Schiefergesteinsschicht befindet und deren Erschließung mit herkömmlichen Bohrmethoden, abgesehen vom Kerngebiet, nur begrenzt möglich ist. Das Kerngebiet liefert nachhaltige Produktionszahlen und ist mit seinen nahezu konventionellen Reserven weitestgehend erschlossen, da ein sehr hoher Kenntnisstand über die verfügbaren Reserven als auch deren profitable Förderung bereits besteht. Tier 1 besteht größtenteils aus unkonventionellen Reserven, die mit der horizontalen Bohrung weitestgehend wirtschaftlich abbaubar sind. Die Reserven des Außengebiets 2 sind dagegen vollständig unkonventionell und es besteht noch Ungewissheit darüber, welcher Anteil der Reserven förderbar und mit welchem finanziellen Aufwand dies verbunden ist.
Ihren Namen verdankt die Formation John W. Barnett, in der Nähe dessen Grundbesitzes, Barnett Springs Bachs, Geologen am Anfang des 20. Jahrhunderts erste Aufschlüsse eines bituminöse Schiefers entdeckt haben. Noch vor zehn Jahren stellte Barnett Shale für Geologen ein ungelöstes Rätsel dar, da zwar bituminöse Schieferstrukturen auch in den USA relativ stark verbreitet sind, diese jedoch meistens keine thermogenische Gasproduktion erlauben. Im Gegensatz zu anderen Schieferformationen, wie z.B. der Monterey Formation in Kalifornien, der Akken Formation im Willston Becken oder der Bazhenov Formation in Sibirien, die große Ölvorräte umschließen, verfügt Barnett Shale über die für die Gasförderung notwendigen Permeabilität und Porosität.
Die organische Materie in den "engen" flach verlaufenden Schieferschichten mit geringer Gasdurchlässigkeit auf Barnett Shale bildet eine abgeschlossene Gasspeichergesteinsformation, die alle Komponenten eines Fossilenergiesystems bis auf das Deckgebirge aufweist. Gleichzeitig übernimmt das Speichergestein alle notwendigen Produktionsprozesse wie die Erzeugung und die Absorbierung des Kohlenstoffs sowie dessen Spaltung. Die im Speichergestein enthaltenen Erdgasvorkommen sind unkonventionell, da für ihren wirtschaftlichen Abbau der Einsatz von moderner Fördertechnologie, wie z.B. horizontales Bohren, benötigt wird. Die amerikanische Gasproduktionsmatrix zeigt aber auf, dass der Abbau von unkonventionellen Vorkommen in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Nach Prognosen des Departmens of Energy (DOE) in den USA soll sich dieser Trend noch weiter intensivieren. Dabei verfügt Barnett Shale von allen unkonventionellen Gasfeldern auch über die größten Reserven und deren Erschließung wird unter dem Aspekt der neuen Energiepolitik der USA, die vor allem nach Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit strebt, große energiepolitische Bedeutung beigemessen.
Gemessen an der Größe geschätzter Ressourcen gehört Barnett Shale mittlerweile sogar zu den Top 10 der größten Gasfelder weltweit. Die vermuteten Erdgasreserven von Barnett Shale werden von Experten auf bis zu 40 Billionen Kubikfuß geschätzt (Advanced Resources, 2005) und mit verbesserter 3D-Messtechnik und verbesserten Abbautechnologien könnte man sogar mit weiteren Steigerungen rechnen. Die Monatsproduktion auf Barnett Shale beläuft sich mittlerweile auf über 100 Millionen Kubikfuß, somit deckt die Formation über die Hälfte der gesamten amerikanischen unkonventionellen Erdgasproduktion aus Schiefergestein ab. Das im Fort Worth Becken gelegene Barnett Shale wird von den Amerikanern auch als "Hottest New Gas Play" bezeichnet, was nicht nur die gegenwärtige Bedeutung unterstreocht, sondern vielmehr auf die Chance für eine unabhängige USamerikanische Energieversorgung hindeutet.
Im Vergleich zu den Gas-Produktionsanlagen im Golf von Mexiko, die aktuell für den Großteil der US-Gasproduktion verantwortlich sind, die aber von Jahr zu Jahr durch immer heftigere Hurrikans bedroht werden, sind auflandige Gasvorkommen zu bevorzugen. Neben der immensen Größe der geschätzten Ressourcen und der immer wichtiger werdenden Bedeutung der unkonventionellen Vorkommen, weist Barnett Shale auch gegenüber anderen auflandigen US-Gasvorkommen weitere Vorteile auf. Einerseits sind die Entwicklungskosten aufgrund einer stark ausgebauten Infrastruktur, vor allem ist hier die Stadtnähe und das angeschlossene Pipelinesystem zu nennen, sehr moderat. Andererseits ist die Trefferquote bei Bohrungen auf Barnett Shale aufgrund geologischer Spezifikationen sehr hoch. Darüber hinaus sollten die Produktionsrückgänge nach Erreichen der Spitzenproduktion sehr langsam und die Projekte dementsprechend langlebig und stabil sein.
Es ist zu erwarten, dass der so genannte "Sweet Spot" der Barnett Shale Formation, das Newark East Gasfeld, in Zukunft gemessen nach Produktionsvolumen das Gasfeld Hugoton in Alaska sogar als größtes auflandiges Fördergebiet ablösen wird. Die Technik, die diesen Boom erst erlaubt hat, nennt sich horizontales Bohren. Bei der vertikalen Bohrung wird senkrecht zum horizontal liegenden Spannungsfeld gebohrt, wodurch nur Erdgasvorkommen gefördert werden können, die unterhalb des Bohrturms liegen. Bei der Horizontalbohrung hingegen ist es möglich, den Bohrkopf seitwärts parallel zu Oberfläche zu steuern. Da die organischen Erdgasvorkommen auf Barnett Shale von einer Schiefergesteinschicht umschlossen sind und als flache Schicht parallel zur Oberfläche verlaufen, erlaubt diese Technologie gegenüber dem vertikalen Bohren einen größeren Kontakt zum Gasreservoir, was einen höheren Ausbeutungsgrad erwarten lässt und kann darüber hinaus auf einer sehr kleinen Fläche betrieben werden. So können beispielsweise sogar große Gasvorräte unter der Stadt Fort Worth liegend gefördert werden.
Die bemerkenswerten Produktionssteigerungen (Verdreifachung seit 2001) und die starke Zunahme an aktiven Quellen lässt sich neben der Horizontalbohrung noch durch die Entwicklung der seismischen 3D-Analyse erklären. Mit Hilfe der 3D-Analyse ist es nicht nur möglich, die Lage des Vorkommens genauer zu erkunden, sondern auch dessen Volumen und Ausdehnungsrichtung. Neben den großen Unternehmen wie Devon, die überwiegend im Kerngebiet operieren, operieren auf Barnett Shale auch viele kleinere Unternehmen, die aufgrund ihrer schlanken Kostenstruktur, eine aggressive Expansionspolitik betreiben und Projekte schneller erschließen können. Für die großen Energiekonzerne sind die Personalkosten oft zu hoch, um sich in den Randgebieten von Barnett Shale, die aus einer Vielzahl kleiner Produktionsgebiete bestehen, niederzulassen.
Die Förderung unkonventioneller Erdgasvorkommen ist aufgrund des Einsatzes der Horizontalbohrung teurer als die konventionelle Förderung. Wir rechnen aber damit, dass sich Erdgas in den kommenden Jahren zunehmend als kostengünstige Alternative zum Rohöl und aussichtsreicher umweltfreundlicher Energieträger etabliert. Das sollte unter anderem zur erhöhten Gasnachfrage und einem höheren Gaspreis führen, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit der unkonventionellen Gasförderung signifikant erhöhen würde. Noch vor zehn Jahren, bei einem Erdgaspreis von 3 USD/MMBtu, wäre eine Gasförderung auf Barnett Shale unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll gewesen. Allerdings gehen wir davon aus, dass der Jahresdurchschnitt beim Gaspreis künftig bis zu 10 USD/MMBTu betragen wird und sich die Produktion auf Barnett Shale kontinuierlich ausdehnt. Die Gasexperten von Pickering Energy Partners erachten einen Erdgaspreis zwischen 5 und 6 USD/MMBtu als Rentabilitätstrennlinie - bei einem Gaspreis von 6 USD/MMBtu ist die horizontale Förderung rentabel, vertikale Bohrungen sind bereits ab einem Preis von 5 USD/MMBtu attraktiv.
Die neuen "Energieinitiativen" und die Gesetze zur Energiepolitik in den USA machen das Streben der US-Regierung nach einer verringerten Abhängigkeit von Einfuhren der Energieträger deutlich. Da rund 20% der weltweiten Gasnachfrage aus den USA stammt, gewinnt in dieser Situation die Gasproduktion in den USA extrem an Bedeutung. Insbesondere sollten sich dabei voraussichtlich unkonventionelle Gasvorkommen, wie Gassandbanken (tight gas sands), Kohlenflözmethan (coalbed methane) und Gasschiefer (shale gas), als die aussichtsreichsten Energielieferanten der Zukunft erweisen. Dabei sind auflandige Vorkommen zu bevorzugen, da diese einfacher erschlossen und in bestehende Versorgungsnetzwerke integriert werden können und nicht von den Klimakapriolen im Golf von Mexiko abhängig sind.
Die unkonventionellen Gasquellen sind bereits für über 40% der US-Gasproduktion verantwortlich und acht der zehn größten Gasfunde der letzten Jahre sind unkonventionell. Bedingt durch den technologischen Fortschritt und einen steigenden Gaspreis wird zudem die Förderung unkonventioneller Erdgasreserven wie Barnett Shale zunehmend wirtschaftlich attraktiver, so dass die unkonventionellen Vorkommen den Großteil des Produktionswachstums ausmachen. Außerdem bleibt der Widerstand gegen andere viel versprechende Produktionsgebiete, wie z.B. Alaska Arctic National Wildlife Refuge (ANWR) oder Outer Continetal Shelf (OCS), wo die Umweltschutzüberlegungen einer Förderung entgegenstehen, weiterhin sehr stark, was die Rolle produzierender unkonventioneller Vorkommen wie Barnett Shale deutlich unterstreicht. Barnett Shale ist das mit Abstand größte und aussichtsreichste Gasprojekt der letzten Jahre, wobei seinem Entwicklungspotenzial eine strategische Bedeutung in der künftigen Energieversorgung der USA zukommt.
Bei der Gesamtbetrachtung der Formation ist festzuhalten, dass die Attraktivität des Kerngebietes am höchsten ist und sich nur in sehr geringem Umfang Produktionserweiterungsmöglichkeiten ergeben. Die Erschließung des Tier 1-Gebietes offeriert ein ausgewogenes Chance/Risikoverhältnis, wohingegen das Tier 2-Gebiet sowohl das höchste Risiko als auch die höchste Chance aufweist. In Tier 2 stehen dabei noch eine Reihe von Testbohrungen aus, die einen besseren Überblick über die Reservengröße geben sollten. Da wir mit einem nachhaltigen Erdgaspreis oberhalb von 6 USD/MMBtu rechnen, ist mit stark steigenden Produktionsausdehnungen in dieser Region zu rechen, wobei die verbesserten Fördertechnologien und die 3D-Analyse dazu erheblich beitragen. Die Unternehmen, die auf Barnett Shale aktiv sind, sollten aus unserer Sicht aufgrund geringer politischer Risiken, eines permanent steigenden Bedarfs, des hohen Entwicklungspotenzials und der Nähe zum Verbraucher mit einem gewissen Aufschlag gegenüber anderen Gasproduzenten bewertet werden.
© Eugen Weinberg
(Quelle: Die Studie wurde im August 2005 von der DZ Bank AG Frankfurt/Main für ihre Kunden publiziert.)