«Super-Solarzelle» aus Halle
Hallesche Wissenschaftler wollen Sonnenstrom auch ohne Förderung rentabel machen - Neue Generation von Anlagen wird entwickelt
VON STEFFEN HÖHNE, 03.09.09, 22:59h, aktualisiert 03.09.09, 23:03h
CSP-Leiter Jörg Bagdahn will in Halle die effizienteste Solarzelle der Welt entwickeln. (FOTO: CSP)
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HALLE/MZ. Die Preise für Solarzellen sind in den vergangenen Monaten drastisch gesunken. Die stark expandierenden asiatischen und amerikanischen Produzenten laufen den deutschen Herstellern zunehmend den Rang ab. Der Wettbewerb wird härter. Um sich zu behaupten, setzen hiesige Unternehmen unter anderem auf Jörg Bagdahn und sein 60-köpfiges Team. Der 38-Jährige ist Leiter des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle. Das vor zwei Jahren gegründete Forschungsinstitut arbeitet an der Entwicklung einer "Super-Solarzelle" mit.
Ziel der Wissenschaftler ist es, dass Solarstrom in den nächsten Jahren billiger wird als Energie aus fossilen Rohstoffen wie Kohle, Gas oder Erdöl. "Die Entwicklung verläuft schneller als gedacht", sagt Bagdahn. Bereits im Jahr 2013 könnte aus Sonnenlicht erzeugter Strom in Deutschland die sogenannte Netzparität erreicht haben, ursprünglich war 2015 angestrebt. Netzparität heißt, dass Solarstrom für Haushalte so viel kostet wie Strom aus der Steckdose.
Um dies zu erreichen, müssen laut Bagdahn die Produktionskosten weiter sinken und die Solarzellen effizienter werden. Eine neue Generation von Zellen soll dabei helfen. Derzeit entwickeln die CSP-Forscher ein Verfahren um Wafer, das sind Siliziumscheiben, deutlich dünner zu machen. "Wir wollen die Dicke von 180 Mikrometern auf 80 Mikrometer reduzieren", so Bagdahn. Ein Mikrometer entspreche einem Tausendstel Millimeter. Dies hätte den Vorteil, dass der teure Rohstoff Silizium sehr viel sparsamer eingesetzt werden könnte. Zudem würde die Zelle effektiver Photonen in elektrische Energie umwandeln.
Im Technikum des CSP in Halle wird derzeit im industriellen Maßstab an Prototypen gearbeitet. "Ziel ist es, Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von 20 Prozent zu entwickeln", erklärt Bagdahn. Das heißt, dass ein Fünftel der Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Derzeit besitzen laut Bagdahn die herkömmlichen Zellen einen Wirkungsgrad von 17 Prozent. "Diese Entwicklung wird natürlich nur Schritt für Schritt gehen." Helfen sollen dabei auch verbesserte Solarmodule. Noch im September wird in Schkopau (Saalekreis) der Spatenstich für eine Pilotanlage erfolgen. Dort sollen später aus einzelnen Solarzellen große Solarmodule gefertigt werden, die auf Dächern oder in Solarparks zum Einsatz kommen.
"Für Hausbesitzer wird es ab 2015 günstiger sein, den Strom über eine Solaranlage zu beziehen als von den Stadtwerken", sagt Bagdahn. Er räumt allerdings ein, dass es noch einige technische Hürden gibt. So sei bisher nicht geklärt, wie der selbst erzeugte Strom effizient gespeichert werden könne. Daher werde Solarstrom auf absehbare Zeit konventionelle Energieträger nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können.
Der Fortschritt besteht nach Ansicht des Forschers darin, dass die alternative Energie - die erst ein Prozent des deutschen Stromverbrauchs deckt - in Zukunft nicht mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Bisher rechnen sich die Anlagen nur, da sie durch ein Umlagesystem mit Milliarden Euro subventioniert werden.
Die hiesigen Hersteller wie Q-Cells, Ersol oder PV Silicon kooperieren daher mit den halleschen Wissenschaftlern. Bagdahn, der in Köthen geboren wurde und einige Jahre in den USA arbeitete, schätzt, dass sich die deutschen Firmen auf Premiumprodukte konzentrieren werden. "Mit einer höheren Zellleistung, Service und Produktgarantien lassen sich preisliche Unterschiede wettmachen", glaubt der CSP-Chef. Er geht davon aus, dass sich die deutschen Produzenten damit allen Unkenrufen zum Trotz gegen die ausländische Konkurrenz behaupten können.