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Simon Moroney, Chef von Morphosys, will akquirieren - und hofft, nicht übernommen zu werden.
Ihre Zahlen für das zweite Quartal sorgten bei den Analysten für Enttäuschung. Die Ausgaben für die eigene Medikamentenentwicklung drückten den Gewinn. Muss man sich um Morphosys Sorgen machen?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben keine Quartalsziele. Die machen auch keinen Sinn, weil die Schwankungen bei unseren Einnahmen durch die unregelmäßigen Meilensteinzahlungen einfach zu hoch sind. Was zählt ist der Ausblick für das Gesamtjahr und den haben wir bestätigt.
Ihnen wird vorgeworfen, dass sie die Entwicklung von eigenen Medikamenten viel zu spät vorantreiben. Warum haben sie nicht früher damit begonnen?
Wir hatten schon Anfang 2000 den Plan in eigene Produkte zu investieren. Doch damals konnten wir den Aufbau einer eigenen Produktpipeline nicht zu finanzieren. Durch den 600-Millionen-Dollar-Deal mit Novartis änderte sich die Situation. Wir können die Aktivitäten finanzieren, ohne zurück zum Kapitalmarkt zu gehen. Besonders gut kommt die finanzielle Stärke bei den US-Investoren an. Das ist auch der Grund, warum wir in der letzten Zeit so viele US-Investoren dazu gewinnen konnten. Klar hätte ich gerne mehr eigene Produkte in der Pipeline.
Wesentlich für ihr Geschäftsmodell ist ihre Antikörper-Bibliothek. Kann ein Konkurrent nicht einfach ein zweite auf den Markt bringen?
Er würde dadurch den Patentschutz verletzen. Er könnte es nur anders machen, das wären dann aber andere Methoden.
Biotechs gelten als konjunkturrestistent. Wieweit trifft das auf ihre Geschäfte mit Forschungsantikörpern zu?
Theoretisch müssten wir konjunkturelle Einflüsse haben. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen für eine Abschwächung. Jetzt hoffen wir, dass das Konjunkturprogramm der US-Regierung das höhere Forschungsbudgets vorsieht, einen positiven Einfluss hat.
Wann macht sich das bemerkbar?
Unsere Partner in den USA glauben, dass die Fördermittel im zweiten Halbjahr spürbar fließen.
Viele Biotechs haben Finanzierungsprobleme. Sie könnten die Schwäche für billige Zukäufe nützen.
Ja, das könnten wir. Mehrere Firmen aus der Biotechnologie haben Probleme an frisches Kapital zu kommen. Wir arbeiten bereits an Akquisitionen und haben schon potentielle Kandidaten identifiziert und unter die Lupe genommen. Sie haben Antikörper die schon in der Entwicklung sind. Damit können wir unsere Produktpipeline stärken. Die Evaluierung ist jedoch ein langer Prozess. Es wird wohl eher nicht in den nächsten zwei oder drei Monaten zu einem Abschluss kommen.
Sie arbeiten mit Hochdruck am Ausbau ihrer Pipeline. Wieviele Antikörper sollen sich in fünf Jahren in der klinischen Entwicklung befinden?
So genau lässt sich das nicht sagen. Aber in fünf Jahren sollte schon ein Produkt auf dem Markt sein. Ich erwarte eine steigende Zahl von Antikörpern in der Phase I und II der klinischen Studien. Für den Aktionär ist das wichtig. Wie man an der Übernahme unseres Konkurrenten Medarex sah, ist die Bewertung mit einer eigenen Produktpipeline einfach höher.
Nach der 2,4 Millarden-Dollar Übernahme von Medarex durch Bristol-Myers macht ihr Kurs einen Sprung nach oben. Ist der Vergleich mit Medarex überhaupt zulässig?
Wir entwickeln beide Antikörper. Unsere Technologie ist unserer Meinung nach sogar fortschrittlicher. Aber zugegeben, die eigene Produktpipeline von Medarex war in einem fortgeschritteneren Stadium. Das zeigt, dass wir in unsere Pipeline investieren müssen.
Wie Medarex zeigt, werden bei Übernahmen von Antikörperspezialisten hohe Aufschläge bezahlt. Sind die gerechtfertigt?
Die Aufschläge die in den letzten 18 Monaten bei Übernahmen von Biotechs durch Pharma gezahlt wurden, liegen bei 80 Prozent. Historisch waren es eher 30 Prozent. Einerseits sind die Bewertungen niedrig. Andererseits läuft der in den nächsten Jahren der Patentschutz für einige Produkte aus. Die Pharmaindustrie muss ihre Pipeline auffüllen, ihr läuft die Zeit davon.
Können sie eine Akquisition von Morphosys ausschließen?
Nein kann ich nicht. Unser Kurs liegt derzeit bei 16 Euro. Wenn jemand zum Beispiel 32 Euro auf den Tisch legt müsste man sich das überlegen.
Wären sie über ein solches Angebot erfreut?
Nein, überhaupt nicht. Werden den Aktionären 32 Euro geboten, entspricht das einer Marktkapitalisierung von 800 Millionen Euro. Ich glaube, Morphosys kann deutlich mehr Wert generieren.
Wegen ihrer engen Verbindung zu Novartis zweifeln manche Experten an der Gefahr einer Übernahme.
Unsere eigenen Projekte sind von Novartis absolut unabhängig. Ein Käufer hätte freien Zugang zu unseren Projekten und unserer Technologie.
Sie entwickeln die Antikörper nur bis zum Ende der zweiten klinischen Phase und lizensieren die Produktkandidaten vor der kostspieligen finalen dritten Phase der klinischen Studien aus. Wann lizensieren sie das erste Produkt aus?
Läuft alles wie geplant, sollte es bei MOR103, einem Antikörper gegen Rheumatoide Arthritis bereits 2011 soweit sein.
Die Entwicklung eines Medikamentes dauert mitunter länger als ein Jahrzehnt. Deprimiert sie das?
Sagen wir es frustriert mich von Zeit zu Zeit. Aber ich weiß nicht, wie wir den Vorgang beschleunigen könnten, wir müssen alle damit leben. Aber generell gibt es immer mehr Daten zur Wirksamkeit von Antikörpern. Je mehr Antikörper in die Klinik kommen, desto spannender wird es.
Die wissenschaftliche Bestätigung für die Funktionalität ihrer Antikörperbibliothek ist erst erbracht, wenn eines ihrer Partnerprogramme die Phase II erfolgreich abschließt. Gibt es da noch Zweifel?
Experten zweifeln nicht. Aber es gibt eben auch Leute die sagen, es ist wissenschaftlich noch nicht bewiesen, dass unsere Antikörperbibliothek funktioniert. Wir werden den Beweis bald erbringen. Am fortgeschrittensten sind ein Projekt mit Centocor und eines mit Novartis
Wirkt MOR 103?
Wir haben den prä-klinischen Beweis. In klinischen Studien, müssen wir diesen Beweis erst erbringen.
Wie groß ist das Marktpotential für MOR 103. Sie rechnen sich exklusive Vermarktungsrechte für die USA aus.
Der Markt für biologische Substanzen liegt bei jährlich zehn Milliarden Dollar. Wenn wir nur einen Teil davon gewinnen, ist das ein riesiger Erfolg.
Krebs und Entzündungskrankheiten gelten als die größten Pharmamärkte. Sie haben mit ihren Produktkandidaten genau auf diese Bereiche fokussiert. Haben sie andere Bereiche im Visier?
Zurzeit haben wir mit den beiden Bereichen genug zu tun.
Die Analysten lagen mit ihren Prognosen vor allem wegen der hohen Entwicklungskosten für eigene Produkte falsch. Wie entwickeln sich die Kosten weiter?
Sie werden weiter steigen. Aber durch den Vertrag mit Novartis und steigende Meilensteinzahlungen sind wir hoffentlich in der Lage die wachsenden Kosten zu finanzieren. Die Schwankungen sind groß. Wenn wir Antikörper in großen Mengen für klinische Studien brauchen, erhöht das die Kosten in einem Jahr um fünf bis sieben Millionen Euro. Bei einem Jahresbudget von derzeit 20 Millionen ist das erheblich.
Auch ihre Personalkosten steigen. Als eines der wenigen Unternehmen in Deutschland wächst bei Ihnen die Zahl der Mitarbeiter.
Wir haben 2009 bereits 40 neue Mitarbeiter eingestellt. Unter diesen ist übrigens erstmals ein Entwicklungsvorstand und wir haben einen neuen Leiter der präklinischen Entwicklung. Die bauen eine Mannschaft auf und machen bei unseren eigenen Produkten Tempo.
Wo liegen ihre Wachstumsziele?
Wir haben uns ein jährliches Umsatzwachstum von zehn bis 20 Prozent zum Ziel gesetzt.
Wie entwickeln sich die Margen, gibt es da Ziele?
Unser Ziel sind nicht bestimmte Gewinnspannen, sondern der Fokus auf die eigene Produktpipeline. Wenn der Umsatz und die Zahl der eigenen Produkte wachsen, schaffen wir für den Aktionär den größten Wert.
Sie sind mit Novartis durch einen Milliarden-Deal eng verbunden. Es kursieren verschiedene Summen. Wie werthaltig ist das Geschäft?
600 Millionen Dollar sind fix für Technologie und Lizenzgebühren. 400 Millionen Dollar sind wahrscheinliche Meilensteinzahlungen. Wir stellten diese Rechnung auf Grund von Wahrscheinlichkeiten auf. Oft wird das in unsere Industrie nicht gemacht. Hätten wir so gerechnet, wären wir auf mehrere Milliarden Dollar gekommen. Aber es ist unrealistisch, das alle Produkte an denen wir arbeiten auf den Markt kommen.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit haben sie bei den 400 Millionen Dollar kalkuliert?
Wir rechnen damit, dass neun Prozent aller Projekte die starten auf den Markt kommen. Das sind realistische Zahlen. Sind es mehr, verdienen wir mehr.
Wie stark trifft sie der Dollarverfall?
Er hat Einfluss auf das AbD-Geschäft, also Antikörper für die Forschung, aber nicht auf das therapeutische Segment. Das AbD-Geschäft macht ein Viertel des Gesamtumsatzes aus und die Hälfte davon wird in Dollar abgerechnet. Noch ist der Dollarkurs nicht besorgniserregend. Erst bei 1,60 Dollar je Euro wird es problematischer.
Sie haben 62 Partnerprogramme laufen. Wie groß ist deren Potential?
Ich bin überzeugt, dass mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit mehrere Produkte auf den Markt kommen. Alleine wegen der großen Zahl der Programme ist die Wahrscheinlichkeit eben da. Wir schätzen, dass von es von den 62 derzeit laufenden Programmen und den mehr als 100, die wir mit Partnern noch starten werden, 18 oder 19 Produkte auf den Markt schaffen. Aber auch wenn es nur fünf, sechs oder sieben sind, wäre das fantastisch. Im letzten Jahr waren 25 therapeutische Antikörper auf dem Markt. Sie machten einen Jahresumsatz von 25 Milliarden Dollar. Schafft eines unserer Partnerprogramme den Markteintritt, kassieren wir einen mittleren einstelligen Prozentbetrag. Wir haben keine Kosten, stellen nur die Rechnung aus. Nehmen wir fünf Prozent, dann wären das alleine bei einem Produkt 50 Millionen Dollar Gewinn pro Jahr. Da könnte man von einem Geldregen sprechen.
Wann startet der Geldregen?
Die ersten Antikörper können in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen. Ab dem Jahr 2013 gäbe es dann einen wahren Fluß.
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