News - 20.05.07 21:43
Onlinebroker werden zu Vollbanken
Der Onlinebroker Cortal Consors will bis 2010 in deutschen Großstädten zehn Filialen eröffnen. Was auf den ersten Blick wie ein Tabubruch erscheint, ist nur der konsequente Schritt in einer Entwicklung, die alle deutschen Online- oder Direktbanken vorantreiben: der Umbau zur Vollbank.
Wie die Filialbanken bieten Onlinebroker eine nahezu vollständige Auswahl von Bankprodukten. Mit den Worten "Damit die Bank ein Gesicht bekommt" begründete der Deutschlandchef des Ablegers der französischen Großbank BNP Paribas den Schritt zum Filialausbau.
Analysten sehen die Verschiebung des Ertragsmixes in Richtung Banking als ein stabilisierendes Element an, da der Einfluss des stark schwankenden Börsengeschäfts zurückgedrängt wird. Der Comdirect etwa schwebt mittelfristig ein Ertragsverhältnis zwischen Banking und Brokerage von 50 zu 50 Prozent vor. "Wir halten das für überaus sinnvoll", sagt Henning Wagener von Aktiencheck.de.
Marktführer ist bislang die ING-Diba mit ihren sechs Millionen Kunden, die das Direktbankprinzip in seiner reinsten Form verkörpert und auch künftig keine Filialen plant. Nachdem die ING-Diba 2006 mit Baufinanzierungen Furore machte, will Comdirect bis Jahresende über ein solches Angebot entscheiden. DAB und Cortal Consors treten hier bereits als Vermittler auf. "Der Eindruck ist nicht falsch, dass sich die Onlinebanken gegenseitig hochschaukeln und dabei auch kopieren", sagte ein Bankenberater.
Typische Produkte der New Economy
Mit Ausnahme der ING-Diba, Tochter des niederländischen Finanzkonzerns ING , sind die großen deutschen Onlinebanken ausnahmslos aus dem Brokerage, dem Wertpapiergeschäft mit Privatkunden, entstanden. Sie waren typische Produkte der sogenannten New Economy, die mit dem Börsencrash des Jahres 2000 ihr jähes Ende fand. Der Absturz des Neuen Marktes hatte vor allem den Kleinanlegern die Lust am Spekulieren verdorben. Die Folge war auch der Niedergang der Onlinebroker. Comdirect, die Tochter der Commerzbank, die DAB Bank, Tochter von Unicredit /HVB und Consors, damals Tochter der Schmidt Bank, standen am Abgrund.
Die Folge war bei allen Brokern die völlige Neuausrichtung des Geschäftsmodells. Den Anfang machte die Comdirect, indem sie sich vom ausschließlichen Brokerage verabschiedete und einen Beratungsansatz zunächst nur für die Vermögensanlage verfolgte. Sie setzte dabei auf den Aufbau einer eigenen Beratertruppe, die von festen Geschäftsstellen aus Kunden stationär und mobil betreuen sollte. Heute managt die Comdirect in diesem Segment 20.000 Kundenbeziehungen und hat an 21 Standorten 180 Berater im Einsatz. Es folgte schließlich das Angebot eines kostenlosen Girokontos, dem 1 Euro pro Monat gutgeschrieben wird. Dieses Girokonto, das vor rund zwei Jahren eingeführt wurde, war der entscheidende Schritt in Richtung Vollbank.
Die Konkurrenz folgte. Die DAB zog ebenfalls eine Beraterorganisation auf, indem sie sich an dem Vertrieb SRQ mehrheitlich beteiligte. Nach einigem Widerstreben bietet auch sie seit 2006 ein Girokonto an. Die ING-Diba folgte im April 2007 mit einem kostenlosen Girokonto. Cortal Consors plant die Einführung Ende 2007 und will zudem ihre Beratertruppe bis Ende 2008 auf 140 Mitarbeiter verdoppeln.
Dahinter steht das Kalkül, dass die Kunden, sobald sie erst einmal über ein Girokonto an die Bank gebunden sind, auch weitere Geschäfte im lukrativeren Anlagebereich tätigen. Die Rosskur war bei den ehemaligen Nur-Brokern erfolgreich. Sie machen Gewinne und zahlen Dividende.
Der Ausbau des Banking neben dem Brokerage entpuppte sich als großer strategischer Wurf. Das bekamen vor allem die Sparkassen und Volksbanken zu spüren, die traditionellen Platzhirsche im Privatkundengeschäft mit einem Marktanteil von gut 70 Prozent. Dank ihrer günstigen Kostenstruktur haben die Onlinebroker einen großen Vorteil gegenüber den Filialbanken.
Von Rolf Lebert (Frankfurt)
Quelle: Financial Times Deutschland
News druckenName Aktuell Diff.% Börse
BNP PARIBAS 94,17 +1,71% Paris
COMDIRECT BANK AG Inhaber-Aktien o.N. 11,20 -0,53% XETRA
DAB BANK AG Inhaber-Aktien o.N. 8,51 +0,12% XETRA
ING GROEP 33,20 +0,00% Amsterdam
UNICREDITO IT 7,51 +0,28% Mailand
Onlinebroker werden zu Vollbanken
Der Onlinebroker Cortal Consors will bis 2010 in deutschen Großstädten zehn Filialen eröffnen. Was auf den ersten Blick wie ein Tabubruch erscheint, ist nur der konsequente Schritt in einer Entwicklung, die alle deutschen Online- oder Direktbanken vorantreiben: der Umbau zur Vollbank.
Wie die Filialbanken bieten Onlinebroker eine nahezu vollständige Auswahl von Bankprodukten. Mit den Worten "Damit die Bank ein Gesicht bekommt" begründete der Deutschlandchef des Ablegers der französischen Großbank BNP Paribas den Schritt zum Filialausbau.
Analysten sehen die Verschiebung des Ertragsmixes in Richtung Banking als ein stabilisierendes Element an, da der Einfluss des stark schwankenden Börsengeschäfts zurückgedrängt wird. Der Comdirect etwa schwebt mittelfristig ein Ertragsverhältnis zwischen Banking und Brokerage von 50 zu 50 Prozent vor. "Wir halten das für überaus sinnvoll", sagt Henning Wagener von Aktiencheck.de.
Marktführer ist bislang die ING-Diba mit ihren sechs Millionen Kunden, die das Direktbankprinzip in seiner reinsten Form verkörpert und auch künftig keine Filialen plant. Nachdem die ING-Diba 2006 mit Baufinanzierungen Furore machte, will Comdirect bis Jahresende über ein solches Angebot entscheiden. DAB und Cortal Consors treten hier bereits als Vermittler auf. "Der Eindruck ist nicht falsch, dass sich die Onlinebanken gegenseitig hochschaukeln und dabei auch kopieren", sagte ein Bankenberater.
Typische Produkte der New Economy
Mit Ausnahme der ING-Diba, Tochter des niederländischen Finanzkonzerns ING , sind die großen deutschen Onlinebanken ausnahmslos aus dem Brokerage, dem Wertpapiergeschäft mit Privatkunden, entstanden. Sie waren typische Produkte der sogenannten New Economy, die mit dem Börsencrash des Jahres 2000 ihr jähes Ende fand. Der Absturz des Neuen Marktes hatte vor allem den Kleinanlegern die Lust am Spekulieren verdorben. Die Folge war auch der Niedergang der Onlinebroker. Comdirect, die Tochter der Commerzbank, die DAB Bank, Tochter von Unicredit /HVB und Consors, damals Tochter der Schmidt Bank, standen am Abgrund.
Die Folge war bei allen Brokern die völlige Neuausrichtung des Geschäftsmodells. Den Anfang machte die Comdirect, indem sie sich vom ausschließlichen Brokerage verabschiedete und einen Beratungsansatz zunächst nur für die Vermögensanlage verfolgte. Sie setzte dabei auf den Aufbau einer eigenen Beratertruppe, die von festen Geschäftsstellen aus Kunden stationär und mobil betreuen sollte. Heute managt die Comdirect in diesem Segment 20.000 Kundenbeziehungen und hat an 21 Standorten 180 Berater im Einsatz. Es folgte schließlich das Angebot eines kostenlosen Girokontos, dem 1 Euro pro Monat gutgeschrieben wird. Dieses Girokonto, das vor rund zwei Jahren eingeführt wurde, war der entscheidende Schritt in Richtung Vollbank.
Die Konkurrenz folgte. Die DAB zog ebenfalls eine Beraterorganisation auf, indem sie sich an dem Vertrieb SRQ mehrheitlich beteiligte. Nach einigem Widerstreben bietet auch sie seit 2006 ein Girokonto an. Die ING-Diba folgte im April 2007 mit einem kostenlosen Girokonto. Cortal Consors plant die Einführung Ende 2007 und will zudem ihre Beratertruppe bis Ende 2008 auf 140 Mitarbeiter verdoppeln.
Dahinter steht das Kalkül, dass die Kunden, sobald sie erst einmal über ein Girokonto an die Bank gebunden sind, auch weitere Geschäfte im lukrativeren Anlagebereich tätigen. Die Rosskur war bei den ehemaligen Nur-Brokern erfolgreich. Sie machen Gewinne und zahlen Dividende.
Der Ausbau des Banking neben dem Brokerage entpuppte sich als großer strategischer Wurf. Das bekamen vor allem die Sparkassen und Volksbanken zu spüren, die traditionellen Platzhirsche im Privatkundengeschäft mit einem Marktanteil von gut 70 Prozent. Dank ihrer günstigen Kostenstruktur haben die Onlinebroker einen großen Vorteil gegenüber den Filialbanken.
Von Rolf Lebert (Frankfurt)
Quelle: Financial Times Deutschland
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BNP PARIBAS 94,17 +1,71% Paris
COMDIRECT BANK AG Inhaber-Aktien o.N. 11,20 -0,53% XETRA
DAB BANK AG Inhaber-Aktien o.N. 8,51 +0,12% XETRA
ING GROEP 33,20 +0,00% Amsterdam
UNICREDITO IT 7,51 +0,28% Mailand