Ein kluger Kopf sagte mir einmel: eine Aktie ist die unkomplizierteste Sache
der Welt. Ich habe nur einen Anspruch an sie: daß sie steigt.
In dieser scheinbaren Plattheit, steckt viel Wahrheit. Wir alle möchten das,
daß eine Aktie, die wir gekauft haben steigt. Und zwar möglichst viel. Das
kann sie aber nur, wenn wir sie nicht schon "gestiegenen Zustand" gekauft
haben. Die Kunst ist die, herauszufinden, wie stark eine Aktie wohl noch
steigen wird. Dazu müssen wir erst wissen, welchen Weg sie bereits hinter
sich hat. Alle diese Fragen bleiben indes unberücksichtigt, wenn ich mich
ausschließlich an den Zahlen des Unternehmens orientiere; also das tue, was
man unter "fundamental orientiert" versteht.
Zur Verdeutlichung habe ich -man möge mir die gebetsmühlenartigen Rezitative
vergeben- einen Chart von PFIZER mitgebracht:
Wie Du siehst, befand sich die Aktie seit Juni 2005 in einem sauberen Abwärts-
trend, der Mitte Dezember per Gap gebrochen wurde. Analog Deiner Theorie vom Fundamentalkauf, war JEDER Zeitpunkt zwischen Juni und Dezember RICHTIG für einen Einstieg. Entsprechend hast Du ja auch gepostet. Im schlechtesten Fall ist ein
Anleger zu 29,-Dollar eingestiegen, befindet sich also noch 21% in den Miesen. Charttechnisch Orientierten ist das NICHT passiert: sie haben den Abwärtstrend
beachtet bzw. den Doppelboden und sind zwischen 21,- und 23,- eingestiegen.
Selbst als der Kurs bei 25,- stand, hast Du für den Einstieg plädiert. Diesmal
hattest Du Dich der Inselfraktion angeschlossen; das waren die, die eine Gap-
Insel ausgemacht haben und flux beschlossen, das diese nicht geschlossen wird.
Daran habe ich -wie gepostet- nie geglaubt. Was sich jetzt beweist. Meiner
Meinung nach wurde die Insel-Theorie falsch interpretiert.
Jedenfalls bin ich -nachdem ich den Fehler bei 21,- USD gemacht habe, gut ge-
fahren, mich charttechnisch diszipliniert zu verhalten. Meine Performance lag
im abgelaufenen Jahr rund 50% höher als sämtliche gängigen Indizes. Das habe
ich nur erreicht, weil ich mich stringent an ein Konzept halte: die ENTSCHEIDUNG
zum Kauf aufgrund der Fundamentaldaten zu fällen. Den ZEITPUNKT aber charttechnisch.
Zu guter Letzt noch ein Wörtchen zu Deiner Theorie vom fallenden Messer:
"...ob es nun sinnvoller sei, in das fallende Messer zu greifen (mein Standpunkt)
- mit der Chance, das Tief zu erwischen - , oder lieber..."
Das ist keine Theorie, sondern purer Sophismus. Etwa so, wie der Scherz beim Fliegen: runter kommen se alle...
Wer diesem Prinzip folgt, muß auch bereit sein, daß sich der Kurs anschließend
halbiert. Und dann nochmal. Und dann nochmal - alles schon erlebt.
"Ich sehe das (vielleicht etwas engstirnig) als Niveau-Verflachung: Reflexartige Pawlow-Käufe und -Verkäufe, die auch ein Computer oder dressierter Affe erledigen könnte."
Wohl wahr: es IST engstirnig. Du übersiehst, daß es auch noch Anderes gibt, als charttechnisches Rein und Raus. Ich handle zwar charttechnisch, halte aber viele
Aktien trotzdem über lange Zeiträume. Länger, als Du je eine gehalten hast!
Insofern ist Deine Kritik an denen, die sich charttechnisch orientieren, nichts
weiter als die Pflege einer Stereotype.
Mich ficht das alles nicht an: ich bleibe bei meinem Rezept.