22. April 2008 Berufskläger gegen Aktiengesellschaften sollen wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse nicht mehr blockieren können. Das sieht nach Informationen der F.A.Z. ein Gesetzentwurf vor, den Bundesjustizministerin Brigitte Zypries an diesem Mittwoch vorstellen will. Kernpunkt der Reform ist eine Stärkung des „Freigabeverfahrens“, mit dem Unternehmen sich bisher nur schwer gegen missbräuchliche Anfechtungsklagen wehren können.
Künftig soll die Justiz auf Antrag der betroffenen Aktiengesellschaften geplante Transaktionen - etwa eine Kapitalerhöhung für eine Übernahme - in aller Regel erlauben müssen. Gerichte können das in diesen Eilverfahren dann nur noch ablehnen, wenn die „Schwere der Rechtsverletzung“ dies im konkreten Fall gebietet.
Prozesse enden fast immer mit einem Vergleich
Bereits mit dem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (Umag) hatte der Bundestag vor drei Jahren versucht, das systematische Vorgehen gegen deutsche Aktiengesellschaften zu erschweren. Doch eine Studie des Frankfurter Rechtswissenschaftlers Theodor Baums hat ergeben, dass die Zahl der gewerblichen Kläger seitdem sogar noch weiter auf rund 40 Personen und ihre Prozessfirmen gestiegen ist. Baums vermutet, dass diese Kleinstaktionäre die hohen Kosten, die sie sich für ihre Prozesse erstatten lassen, anschließend mit ihren Anwälten teilen. Jüngst wurde der Profikläger Klaus Zapf vom Landgericht Frankfurt zu Schadensersatz verurteilt, weil er eine Kapitalerhöhung der damaligen Nanoinvests AG lahmgelegt hatte, als sie seine Forderung nach Bezugsrechten ablehnte.
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Der Aktienrechtler Baums stützt seine Vermutung darauf, dass diese Klagen fast nur dann erhoben werden, wenn sich dadurch die erforderliche Eintragung ins Handelsregister um mehrere Jahre verzögern und somit eine „Hebelwirkung“ erzielen lässt. Auch enden diese Prozesse fast immer mit einem Vergleich, an dem die Kläger mutmaßlich gut verdienen. Mittlerweile haben Staatsanwälte deshalb einschlägig bekannte Kanzleien sogar unter dem Verdacht des Prozessbetrugs durchsucht. Auch wurden jüngst einer deutschen Großbank gegen Zahlung eines hohen Geldbetrags Dokumente angeboten, die das kommerzielle Vorgehen von „räuberischen Aktionären“ und ihren Anwälten gegen sie beweisen sollen.
Freigabeverfahren sollen beschleunigt werden
Zypries will mit der Reform dem Vernehmen nach zudem die Freigabeverfahren beschleunigen, indem sie künftig direkt von einem Oberlandesgericht entschieden werden. Bislang müssen die Unternehmen ihren entsprechenden Antrag zunächst bei einem Landgericht stellen und damit zwei Instanzen durchlaufen. Die Folge der Neuregelung wäre, dass Minderheitsaktionäre - falls die Gerichte im späteren „Hauptsacheverfahren“ doch einen Rechtsfehler feststellen sollten - nur noch Schadensersatz verlangen könnten, die geplante Maßnahme aber nicht mehr aufhalten oder rückgängig machen können.
Die SPD-Politikerin hat sich damit zugleich gegen Vorschläge entschieden, Anfechtungsklagen nur noch bei Erreichen eines Mindestquorums zuzulassen. Damit reicht weiterhin der Besitz einer einzigen Aktie, um eine Klage zu erheben.