Der Krimi bei Karstadt geht weiter
Drei offizielle Bieter, aber noch keine Entscheidung
Der Krimi bei Karstadt geht weiter
Karstadt in Nürnberg
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NÜRNBERG - Die Anspannung ist Franz Knopp deutlich anzuhören: »Wir kennen die Konzepte von Triton, Highstreet und Berggruen nicht im Detail, sie liegen uns noch nicht vor«, erklärt der Betriebsratsvorsitzende des Karstadt-Hauses an der Nürnberger Lorenzkirche am Handy. Die drei Bieter für die insolvente Warenhaus-Kette präsentierten zu dieser Zeit, am Freitagnachmittag, ihre Offerten gerade hinter verschlossenen Türen dem Gläubigerausschuss, der bereits seit Stunden in der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen tagte.
Zu dem elfköpfigen Gremium, das über die Zukunft von Karstadt und der 25.000 Beschäftigten - davon 630 in den beiden Nürnberger Häusern - entscheidet, zählt auch der Karstadt-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Helmut Patzelt. Doch bis zum Nachmittag hatte Knopp, der seit kurzem ebenfalls der Gesamtarbeitnehmervertretung angehört und am Freitag zu deren konstituierenden Sitzung nach Essen gereist war, noch nichts Konkretes gehört: »Bislang ist nur durchgesickert, dass die Entscheidung über die Angebote vertagt wird.« Eine offizielle Bestätigung gebe es aber noch nicht.
»Packen Papier auf dem Tisch«
Die kam kurz nach 18.30 Uhr. Demnach ist nun der 9. Juni der Tag, an dem der Kaufvertrag unterzeichnet werden soll. Eine Überraschung stellt die Fristverlängerung nicht dar: Schon am Donnerstag war eifrig darüber spekuliert worden, dass der Gläubigerausschuss - anders als bis dahin angekündigt - am Freitag wohl keine Entscheidung treffen werde, da eine Prüfung der Konzepte so schnell gar nicht möglich sei. Erst recht, weil Bieter Highstreet seine von Beobachtern bereits seit langem erwartete Offerte erst am Freitagmorgen an Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg gemailt hatte, wie dessen Sprecher Thomas Schulz erklärte. »Alle drei Angebote liegen den Ausschuss-Mitgliedern ausgedruckt vor, sie haben einen Packen Papier auf dem Tisch«, ergänzte er.
Zu diesem Zeitpunkt stellte gerade Triton dem Gremium seine Pläne vor - nach Berggruen und Highstreet. Ein Indiz dafür, dass die deutsch-skandinavische Beteiligungsgesellschaft der lachende Dritte sein könnte – oder derjenige, der das Nachsehen hat? Schulz winkt gleich ab: Der Auftritt der Bieter sei in alphabetischer Reihenfolge der Namen erfolgt.
Triton indes rührte nicht nur im Gläubigerausschuss die Werbetrommel für sein Konzept, sondern auch per Pressemitteilung - und nannte darin Details: Bei Vollzug des Kaufvertrags will die Beteiligungsgesellschaft das Eigenkapital von Karstadt durch einen Zuschuss in Höhe von 100 Millionen Euro stärken, weitere 400 Millionen sollen in den nächsten fünf Jahren in Karstadt-Filialen und »Kernkompetenzen« fließen, verlustbringende Sortimente aufgegeben werden.
Knackpunkt Tarifvertrag
Zudem soll eine »teilweise erfolgsbasierte Vergütung der Mitarbeiter« eingeführt werden. Von Eingriffen in den laufenden Sanierungstarifvertrag, der einen Verzicht der Mitarbeiter in Höhe von 150 Millionen Euro binnen dreier Jahre vorsieht, war zwar nicht mehr explizit die Rede. Doch gegenüber der Gewerkschaft ver.di hatte Triton genau das gefordert.
Punkte, bei denen Knopp der Hut hoch geht. Der Betriebsrat ist sich sicher: Wenn Triton zum Zug kommt, »dann ziehen die uns aus und lassen uns nicht einmal das Unterhemd«.
Ihm und ver.di sind da die Vorstellungen von Berggruen, der die »Kultmarke Karstadt« retten will, sehr viel sympathischer: Der Investor hat erklärt, dass der Sanierungstarifvertrag ausreiche, weitere Zugeständnisse der Beschäftigten seien nicht nötig. Die dagegen erwartet er - wie auch Triton - von den Eigentümern der Karstadt-Standorte. Wobei wir beim dritten Bieter wären, Highstreet. Das Konsortium ist der Hauptvermieter von Karstadt, ihm gehören gut 80 der 120 Häuser. Die hohen Mieten, die Karstadt berappen muss, gelten als Stolperstein für die Sanierung der Warenhauskette. Dem Vernehmen nach will das Konsortium, das ein vitales Interesse am Fortbestand von Karstadt hat, bei einer Übernahme auf Entlassungen verzichten. Allerdings sollen die Beschäftigten länger arbeiten, ohne Lohnausgleich. Im Gegenzug würden sie am Unternehmen beteiligt.
»Eine Verlängerung der Arbeitszeiten wäre ein Eingriff in den Tarifvertrag und ist damit Sache der Tarifkommission von ver.di«, sagt Knopp. Der Gläubigerausschuss könne dies nicht zusagen.
Verena Litz