209.85.129.132/...t=clnk&gl=de&lr=lang_de&ie=UTF-8
Zukunftsmarkt Intelligentes HausHans-Rolf Tränkler Institut für Meß- und Automatisierungstechnik, Professur für Sensorik und MeßsystemeUniversität der Bundeswehr München, 85577 Neubiberg bei München Tel. (089)6004-3740,-3741, Fax -2557, email: ima@unibw-muenchen.de www.unibw-muenchen.de/campus/ET8/et821 Einleitung Die interdisziplinäre Thematik des Intelligenten Hauses bzw. der Intelligenten Hausinstrumentierung ge-winnt zunehmend an Interesse und bietet fächerübergreifend interessante Ausbildungs-, Entwicklungs- undVermarktungsmöglichkeiten. Während die konventionelle Elektroinstallation im privaten Haus seit Jahrzehnten lediglich auf die Vertei-lung und das Schalten der elektrischen Energie ausgerichtet war, haben sich die Anforderungen an eine mo-derne Haustechnik hinsichtlich • Energie-, und Betriebskostenminimierung• Umweltverträglichkeit • Bedienbarkeit, Komfort geändert und erweitert. Maßgebend hierfür sind neue Anwendungen in den immer wichtiger werdenden Be-reichen der Umwelt-, Energie und Sicherheitstechnik, die bauphysikalischen Randbedingungen, die Entwick-lungen auf dem Gebiet der Mikrosystemtechnik und das damit verbundene wachsende Angebot an kosten-günstigen Produkten. Hinsichtlich der Sensorik-Durchdringung beim privaten Haus befindet man sich vermutlich in einer ähnli-chen Situation wie beim Kraftfahrzeug vor 30 Jahren. „Der Vorsprung und die Überlegenheit der deutschenWirtschaft beim Produkt Kfz ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß man sich nicht mit fahrenden Au-tos (Analogie: bewohnbare Häuser) begnügt hat, sondern ständige Innovationen einführte, die der Sicherheit,dem sparsamen Betrieb und dem Komfort dienten“ [1]. Ähnlich wie beim Kfz könnte sich auch der privateWohnbereich zu einem Massenmarkt für die Anwendung von intelligenten Sensor- und Aktorsystemen ent-wickeln. Von diesem neuen Markt verspricht man sich ein erhebliches Forschungs- und Wirtschaftspotential. • Kommunikationsmöglichkeiten • Zentraler und dezentraler Steuerungen • Möglichkeiten flexibler RaumnutzungEinsparungen•Heizenergie•El. Strom•WasserEinsparungen•Heizenergie•El. Strom•WasserSicherheit•des Menschen•des Hauses•der GeräteSicherheit•des Menschen•des Hauses•der GeräteHilfen / Komfort•Gesundheitsmonitoring•Luft- und Bodenhygiene•Fernbedienung, auch außer Haus•Steuerung von Außenanlagen•SprachsteuerungHilfen / Komfort•Gesundheitsmonitoring•Luft- und Bodenhygiene•Fernbedienung, auch außer Haus•Steuerung von Außenanlagen•SprachsteuerungBild 1 Nutzen intelligenter Hausinstrumentierung
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2 Begriffsbestimmung Als zeitgemäße Charakterisierung für die Heimautomatisierung im privaten Lebensbereich hat der BegriffIntelligentes Haus (Synonyme: Intelligent Living, Home Automation, Smart Home) Geltung erlangt. Dabeiist jedoch nicht primär eine Ansammlung innovativer Systeme und attraktiver Lösungen gemeint, sonderndie in ein Haus integrierte Informations-, Meß- und Automatisierungstechnik. So zeichnen sich intelligenteSysteme durch ihre komplexe Signalverarbeitung in Mikrorechnern aus [2]. Durch eine sensorspezifischeSignalverarbeitung wird in einem intelligentem System entweder der nutzbare Informationsgehalt erhöhtoder aber die interessierende Nutzinformation wird aus einer Vielzahl von Einzelinformationen gewonnen,die - jede für sich genommen - nur einen vergleichsweise niedrigen Informationsgehalt besitzen. So steht derBegriff Intelligentes Haus für eine zukunftsträchtige und innovative Form des komfortablen und wirtschaft-lichen Wohnens. Das multifunktionale Haus der Zukunft reagiert selbständig auf sich ändernde Umweltein-flüsse und paßt sich ressourcenschonend den Bedürfnissen der Bewohner ideal an [3]. 3 Nutzen intelligenter HaustechnikFür die Beurteilung der Marktchancen von Instrumentierungskomponenten und –systemen für das Intelligen-te Haus stellt der Nutzen das wohl wichtigste Kriterium dar. Ein Nutzen muß für den Bewohner gegebensein, der ja die Investitionskosten zu tragen hat oder zumindest anteilig daran beteiligt ist. Ähnlich wie beimKraftfahrzeug spielen dabei Sicherheit, Sicherheitsgefühl, Energieeinsparungen, Komfortsteigerung, aberauch Imagegewinn eine wichtige Rolle (Bild 1). Einen Nutzen bzw. Zusatznutzen erwarten sich aber auchFertighaus-Hersteller und Energieversorgungsunternehmen. Die Fertighaus-Hersteller erhoffen sich durch Integration von intelligenten Teilsystemen in ihr Produkt einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Diesgilt sowohl für Gebäude in Holz- und auch in Massiv-Bauweise. Die Energieversorger erwarten sich durchAnbieten von attraktiven intelligenten Teilsystemen und Dienstleistungen, begleitend zu ihrem Produkt, ebenfalls einen komparativen Wettbewerbsvorteil. Die damit angestrebte Kundenbindung wird als nicht un-erheblich betrachtet, da ja nach Öffnung des Energieversorgungsmarktes der Kunde seinen Versorger freiwählen kann. Die intelligente Hausinstrumentierung nutzt schließlich auch der Volkswirtschaft:• Eine Schonung von Ressourcen und Entlastung der Umwelt kann mittels intelligenter Haustechnik er-reicht werden. Durch bedarfsgeführte Heizung und Lüftung in Verbindung mit Wärmerückgewinnunglassen sich in Privatwohnungen etwa ein Drittel dieser Energiekosten sparen. Daraus resultiert inDeutschland eine Einsparung im Gesamtenergieverbrauch von 5 %. Diese Entlastung wirkt sich langfri-stig gesehen positiv auf die Volkswirtschaft aus und ist ein bedeutender Beitrag zur Einhaltung zu der1992 in Rio de Janeiro von der Bundesregierung beschlossenen Reduktion des CO2-Ausstoßes um 25% gegenüber 1990 bis zum Jahre 2005. • Durch Gesundheitsmonitoring in der Wohnung mit der Möglichkeit der Meßgrößenübertragung zumArzt bzw. der Auslösung eines Notrufes lassen sich bedeutende Arzt-, Arznei- und Krankenhauskostensparen. Sensoren zur Messung von Vitalparametern müssen dazu am Patienten appliziert oder implan-tiert werden. Eine Vision stellt der inBild 2 gezeigte Multi-Sensor-Schuh dar, der neben Herzfrequenz und Blutsauerstoff auch dynamische Be-lastung und Bewegung feststellenkann und entsprechende Meldungen über Funk weitergeben kann. • Besonders wichtig für die Volkswirt-schaft erscheint die Möglichkeit derSchaffung von Arbeitsplätzen in der Produktion und im Dienstleistungsbe-reich (Beratung, Planung, Installation,Wartung) von intelligenten Hausin-strumentierungs-Systemen.z.B.: Multi-Sensor- Schuh für betreutes WohnenNotruf-LeitstellePflegedienstHausarztvia Fax oder InternetHausgeräte-ManagementHome -Monitoring& DatenloggerBild 2 Multi-Sensor-Schuh für betreutes Wohnen
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4 Technische MöglichkeitenIm Handel werden heute eine Vielzahl kostengünstiger proprietärer Produkte angeboten. Beispielsweisewerden für die Gefahrenmeldung, Außenhaut- und Innenraumsicherung herkömmliche PIR-Bewegungsmel-der, Lichtschranken, Magnetkontakte für Türen und Fenster, Akustikmelder oder Vibrationskontakte meistals firmenspezifische Sets ohne Kompatibilität zu anderen Systemen angeboten. Diese überwiegend kosten-günstigen Systeme weisen oft eine unakzeptable Fehlalarmrate auf. Um die Fehlalarmrate niedrig zu halten,müssen bisher vergleichsweise kostenintensive Sensoren eingesetzt werden. Dieser technische und finanziel-le Aufwand verbietet sich jedoch für den Einsatz im Privathaushalt. Die Kommunikations-Plattform eines Intelligenten Hauses muß die Vernetzung aller eingesetzten Geräteerlauben. Denn bei allem Komfort, den heute innovative und attraktive Geräte im Haus bieten, sind sie dochoft proprietäre Insellösungen. Für eine Vernetzung mit dezentraler Signalverarbeitung gibt es weltweit meh-rere “offene” Systeme der drahtgebundenen Gebäudeleittechnik. Als Marktführer in Europa im Bereich derGebäudeautomation ist der EIB (European Installation Bus; Synonym: Instabus von Siemens) zu nennen. Inder vorstehenden Dachorganisation (EIBA) sind über 100 Firmen als Mitglieder eingetragen. Es sind bereitssehr viele Produkte und Applikationen des EIB im Bereich der Installationtechnik auf dem Markt verfügbar.Während der drahtgebundene EIBus derzeit bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 9,6 kbit/s liegt, ver-fügt eine neue Entwicklung, die auf der Stromleitung (Powerline, EIB-Powernet) das EIB-Protokoll übertra-gen kann, lediglich über eine Übertragungsrate von 1,2 kbit/s [4].Über Funkvernetzung oder Infrarotvernetzung im Haus liegen bisher nur unzureichende Erfahrungen vor.Als möglichen Standard für die drahtlose Kommunikation wurde kürzlich Bluetooth vorgestellt [5]. Blue-tooth basiert auf einer Funktechnologie, die mit 2,45 GHz arbeitet, Reichweiten bis zu 10 m abdeckt undüber eine hochratige Übertragungsrate von 720 kbit/s verfügt. Heute gehören der Bluethooth-Interessensgruppe bereits 400 Firmen (z.B.: IBM, Intel, Nokia, HP, Motorola, Siemens, Boeing) an. Darüber hinaus sind in vielen Privatwohnungen Koaxialleitungen zur Ethernet-Vernetzung der Computereingesetzt. Künftig kann erwartet werden, daß über die Glasfaserkabel des Kabelfernsehens ein bidirektiona-ler Datenverkehr mit den Rechnern im Haus stattfindet und deshalb sogar Glasfaserkabel im Haus verlegt werden müssen. Es genügt also nicht, wenn der Bauherr sich im Neubau eine EIB-Leitung legen läßt. Ersollte sich diese Leitung zweckmäßigerweise in einen Kabelkanal von etwa 50 cm2Querschnitt legen lassen, der als Ringkanal in den Etagen und mit mehreren Steigkanälen zwischen den Etagen ausgestattet ist. Nur soläßt sich sicherstellen, daß später die notwendigen Kabel vernünftig nachgerüstet werden können [1]. Wer sein Haus vernetzen möchte, muß bei der Wahl des geeigneten Systems verschiedene Beurteilungskrite-rien berücksichtigen: • Nachrüstbarkeit • Installationsaufwand • Positionswahl im Raum• Bitrate, Bandbreite, Zahl der Teilnehmer 5 Forschungsprojekte Auf dem Sektor der Informations- und Automatisierungstechnik sind in den letzten Jahren von der Industrieund von Forschungsinstituten große Anstrengungen unternommen worden, um integrierte und neuartigeLösungen durchzusetzen bzw. vorzuschlagen. Im folgenden werden die Forschungsaktivitäten von zwei gro-ßen Verbundprojekten vorgestellt, an denen das Institut für Meß- und Automatisierungstechnik der Universi-tät der Bundeswehr München maßgeblich beteiligt war und ist. Das Projekt VIMP (Verteilte intelligente Mikrosysteme für den privaten Lebensbereich) untersuchte dieAnwendungspotentiale für verteilte, intelligente Sensor- und Aktor-Systeme im Haus. In diesem Verbund-projekt, gefördert durch das BMBF (Förderungskennzeichen: 16SV317), wurde von vier deutschen Hoch-schul- und Forschungsinstituten zusammen mit der Industrie von Dezember 1995 bis Ende 1998 überwie-gend der Aspekt der Sicherheit (für Personen, Haus und Geräte) bearbeitet. Die grundlegenden Arbeitsziele des Verbundprojekts VIMP waren die Entwicklung neuartiger Sensoren und Signalverarbeitungsmethodenfür die Heimanwendung, die Realisierung von Multifunktionsmodulen zur Integration der einzelnen • Reichweite• Außer Haus Verbindung• Störsicherheit• Akzeptanz beim Verbraucher
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Funktionsbereiche und die Bereitstellungangepaßter Benutzeroberflächen. In Bild 3sind typische Anwendungsbereiche darge-stellt, für die intelligente Sensor-, Bedien-und Anzeigesysteme entwickelt wurden. MitHilfe der Mikrosystemtechnik wurden dieeinzelnen Funktionsbereiche integriert, umdie Ziele kleines Volumen, Multifunktionali-tät, gute elektromagnetische Verträglichkeitund niedere Kosten zu erreichen. Durch dieRealisierung des Multi-Chip-Moduls alsSchlüsselkomponente konnte auch erreichtwerden, die Funktionalität von Multifunkti-ons-Sensoren zu standardisieren, um dadurchdie Grundlage für größere Fertigungs-Stückzahlen zu erreichen. Beispiele von interessanten Entwicklungen in VIMP: • MikroelektronischerPositionssensor(Partner:Universität der Bundeswehr München) [6] Für die Bestimmung des Stellzustands (Öffnungswinkel, Kippwinkel) von Fenster und Türen konnten neue, planareWirbelstromsensoren (Bild 4) eingesetzt werden, die ex-trem kostengünstig zu fertigen sind (Fläche: ca. 40 mm2, Leiterbahnhöhe: 17µm). • Multi-Sensor-System zur Überwachung der Raumluft (Partner: Universität Bw München) [7]Das Sensorsystem soll mögliche Gefahrenereignisse imprivaten Lebensbereich bereits in der Entstehung erken-nen, den entsprechenden Alarm auslösen, und wennmöglich, selbsttätig geeignete Gegenmaßnahmen einlei-ten. Es können beispielsweise Lecks in der Erdgasver-sorgung, toxische Gase, wie z.B. CO, und überhöhteKonzentrationen des Gases CO2erfaßt werden. Bild 5zeigt den Aufbau des Sensor-Systems zur Überwachungder Raumluft in SMD-Technologie. Neben den fünfStandard-Sensoren für Aufnahme von Temperatur,Feuchte, Schall, Lichtstärke und Infrarot-Strahlung sollen Gassensoren die Konzentrationen der möglichenGefahrenquellen erfassen. Nach der analogen Signal-aufbereitung der Sensordaten werden diese in einemMikrocontroller ausgewertet. Die ausgewerteten Signalekönnen über EIB dem Gesamtsystem dezentral zur wei-teren Verarbeitung, z.B. zur Visualisierung oder zurAlarmierung bereitgestellt werden. • OFW-Sensoren (Partner: Siemens München) [8] Oberflächenwellen (OFW) – Sensoren sind elektroakustische Bauelemente, in denen ein hochfrequenteselektrisches Signal in eine mechanische Oberflächenwelle umgewandelt wird. Diese mechanische Wellewird durch die auf die Sensoroberfläche aufgebrachten leitfähigen Strukturen und die Umgebungsbedingun-gen beeinflußt und wieder in ein elektrisches Signal zurückgewandelt. In VIMP wurden ein Temperatursen-Bild 4 Prinzip des WirbelstromsensorsBild 3 Anwendungsbereiche für verteilte, intelligente Syste-me im HausBild 5 Multi-Sensor-Modul mit externen, optischenGassensoren in SMD-Technologie
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sor sowie verschiedene Schaltersensoren entwickelt. Diese funkabfragbaren Sensoren (Sendeleistung desAbfragegerätes: 10mW) können ohne Stromquelle (energieautark) die Meßwerte übermitteln. • Notrufsystem mit med. Sensoren (Partner: Universität Bw München; GS electronic, TU Berlin) [9] Speziell für alleinstehende, ältere oder hilfebedürftige Menschen wurde von den Verbundpartnern ein inte-griertes Hausnotrufsystem mit dezentralen Sprechstellen realisiert. Neben der manuellen Alarmierung überdie Taste eines miniaturisierten Handsenders in Form einer Armbanduhr (Bild 6) ist es auch möglich, denWählvorgang automatisch aufgrund eines definierten bzw. kritischen Gesundheitszustandes auszulösen. AmInstitut für Meß- und Automatisierungstechnik wurden geeignete Meßgrößenaufnehmer aus dem Bereich derMedizintechnik in das Notrufsystem integriert. So ist es möglich, daß medizinische Sensoren verschiedeneVitalparameter (z.B. Atmung, Herzfrequenz, Blutsauerstoff) einer hilfebedürftigen Person überwachen und bei Bedarf einen Notruf auslösen. Im Alarmfall können störende Geräte gezielt abgeschaltet werden (Bild 6). • Intelligente Steckdose (Partner: TU München, IFAM) [10] Ein eingebauter Mikrocontroller erlaubt eine beliebigeKonfiguration der Steckdose entsprechend den Wün-schen der Hausbewohner. Die Steckdose (Bild 7) kann mit ihrem Leistungssensor nicht nur Verbrauchsdaten(Wirk- und Blindleistung) und das Leistungsprofil derangeschlossenen Verbraucher messen, sondern erkenntüber ID-Tags, welche Verbraucher im Betrieb sind. • Bedien- und Anzeigesystem (Partner: TU Mün-chen, Indatec) [11]Das Softwarekonzept für VIMP Integriertes Manage-ment offener Systeme (IMOS-home), stellt ein umfas-sendes Werkzeug zur Inbetriebnahme, Visualisierungund Bedienung des Gesamtsystems dar. Im Forschungsprojekt VIMP stand der Vernetzungsaspekt übergreifend im Vordergrund. Hierbei fand dieVernetzung der dezentralen Einzelsysteme auf Basis des verfügbaren European Installation Bus statt. Durchlogische Verknüpfungen der verteilten intelligenten Mikrosysteme auf Basis des standardisierten Informati-onsübertragungssystems konnte ein optimiertes, aufwärtskompatibles und flexibles Gesamtsystem aufgebautwerden. Die realisierten Systeme konnten zum Abschlußseminar an der Universität der Bundeswehr Mün-•Doppelsteckdose•EIB-Bus - Anschluß•Mikrocontrollersteuerung•Geräteerkennung durch ID-Tags•Steckdose über Relais schaltbar•IrDA - Schnittstelle•Externer Sensoreingang•Externer AktorausgangBild 7 Intelligente SteckdoseBild 6 Links: Funksender in Mikrosystemtechnik , rechts: Konzept für das Notruf-System im Intelligenten Haus
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chen in Form eines Gesamt-Demonstrators präsentiert werden.Bild 8 zeigt eine von vier Instrumentierungseinheiten, in de-nen über 60 Komponenten miteinander vernetzt wurden. Das Projekt Intelligente Hausinstrumentierung IWO-BAY(Innovatives Wohnen in Bayern) ist ein Forschungsvorhabenmit 14 Industrie- und Hochschulpartnern, welches von derBayerischen Forschungsstiftung gefördert wird. Das Verbund-projekt startete im Januar 1999 mit einer Laufzeit von dreiJahren (Projektsprecher: Univ.-Prof. Dr. H.-R. Tränkler, Insti-tut für Meß- und Automatisierungstechnik, UniBwM). Grundlage des Forschungsvorhabens ist die Absicht, mit Hilfeintelligenter Hausinstrumentierung Energie einzusparen undgleichzeitig ein gesundes Wohnklima zu schaffen; dadurchwerden zugleich die energieverbrauchsbedingten Emissionengesenkt. Dieser Nutzen soll durch die Realisierung einer de-zentralen, anwesenheitsgesteuerten Heizungsregelung und Lüftungssteuerung erzielt werden. Neben der Entwicklunginnovativer Heizkörper-Thermostatköpfe sollen neue Stellglieder für die Lüftungsklappen in Wärmetau-schern entstehen. Besonders unter Beachtung der kostengünstigen Nachrüstbarkeit von Installationen wirddie drahtlose Signalübertragung im Haus den umfassenden Systemrahmen des Projekts bilden.Neben dem bereits aufgezeigten volkswirtschaftlichen Nutzen, bedeutet eine Energieeinsparung im Wohnbe-reich betriebswirtschaftlich betrachtet eine erhebliche Kostenersparnis für den Nutzer, da gegenwärtig mehr als 75 % des gesamten Energieverbrauchs privaterHaushalte in Deutschland für den Heizbedarf auf-gewandt werden. Der Einsatz moderner Haustechnik wird am kon-kreten Versuchshaus (Bild 9) erprobt. Das Ver-suchslabor für das Intelligente Haus soll einenmehrfachen Zweck erfüllen: • Untersuchung und Erprobung von Funktions-modellen und Prototypen • Demonstration des Standes der Technik• Einbindung in die Lehre (Studiengang Elektro-technik, Studiengang Informatik, evtl. Bauwe-sen)6 Kosten als Marktinstrument und Strategien zur MarktdurchdringungDie Kosten für ein ausschließlich drahtgebundenes Instrumentierungssystem betragen gegenwärtig nochmindestens 10 % der Gebäudekosten. Einer Umfrage zufolge, wollen jedoch 88 % aller potentiellen Bauher-ren nur 1,2 bis max. 7,0 % des Baupreises für intelligente Hausinstrumentierung investieren [12]. Für eineerfolgreiche Marktbearbeitung sind daher kostengünstige Systeme unbedingt erforderlich. Der Absatz anICs, ASICs, Sensoren und Aktoren hängt u.a. von den Stückkosten ab, die wiederum mit steigenden Stück-zahlen erheblich sinken. Die Stückkosten für eine Komponente oder ein System lassen sich nur dann redu-zieren, wenn es gelingt die Stückzahl zu erhöhen. In Bild 10 sind im doppelt logarithmischen Maßstab dieStückkosten k als Funktion der Stückzahl s aufgetragen, wobei die gestrichelt gezeichnete Asymptote einerPotenzfunktion entspricht [13]. Sinken z.B. bei zehnfacher Stückzahl die bezogenen Stückkosten auf die Hälfte, so beträgt die Konstante c = lg 2 ≈ 0,3. Bild 8 VIMP-Instrumentierungseinheit Bild 9 Bau des Versuchshauses an der UniBwM
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Bei Kosten ko= 1.000 DM für so= 1 Stück sinkendann die Stückkosten bei s = 1 Mio. Stück auf k = ko/26= 15,60 DM. Diese hohe Kostenreduktion wirddurch automatisierte Fertigung erreicht. Bei sehr ho-hen Stückzahlen sind die Stückkosten ausschließlichdurch die Materialkosten begrenzt. Um eine hohe Stückzahl bei den Instrumentierungs-komponenten zu erreichen, müssen die Systeme so gestaltet werden, daß auch Altbauten mit geringemAufwand nachgerüstet werden können. Zu diesemZweck müssen Sensoren energieautark betrieben undihre Meßsignale über Funk übertragen werden kön-nen. Um die Materialkosten niedrig zu halten, sindBatch-Technologien, wie man sie von der Mikroelektronikfertigung kennt, erforderlich. Mit den Methodender Mikrosystemtechnologie lassen sich z.B. auch Sensoren und kleine Aktoren auf einem gemeinsamen Substrat, zusammen mit der Mikroelektronik, integrieren [14]. Um mit intelligenter Haustechnik auf den gegenwärtigen Märkten Umsatzsteigerungen zu erreichen, ist einezielorientierte, intensive und koordinierte Marktbearbeitung aller wesentlichen Beeinflusser und Entscheidernotwendig. Dies sind neben dem Hersteller auch Handwerker, Dienstleistungsanbieter, Planer, Ingenieureund Architekten. Als Ansatzpunkte für eine Marktdurchdringung bieten sich folgende Zielrichtungen an: • Markteinführung über Designer-Modelle: Intelligente Hausinstrumentierungssysteme werden sich,wegen der Kostensituation bei niedrigen Stückzahlen, voraussichtlich nur dann am Markt einführen las-sen, wenn ein kapitalkräftiger Personenkreis sich aus Imagegründen ein derartiges „System“ anschafft.Die sichtbaren Elemente müssen den Charakter von Designer-Modellen haben [1].• Übergang zur Penetrationspreisstrategie: Das heute von vielen Anbietern gewählte Skimming-Pricing(Verkauf neuer Produkte mit hohem Preis, kleiner Menge und somit zu hohen Stückkosten) ist für diepreisempfindliche Nachfrage ungeeignet. Für eine schnelle Marktdurchdringung wäre eine aggressivePenetrationspreisstrategie geeigneter: Mit einem extrem niedrigen Preis schnell einen großen Marktanteilgewinnen. Entsprechend wird mit den ersten Systeminstallationen eine hohe Kundenbindung erreicht. • Anwerbung gegenwärtiger Nichtkäufer: Die Nutzenstiftung durch intelligente Hausinstrumentierungwird vom potentiellen Kunden noch nicht einprägsam wahrgenommen. Beim Endverbraucher bestehenInformationsdefizite und moralische Barrieren. Auch wird das Thema des Intelligenten Hauses derzeit mit einem zu geringem Prestigewert verbunden. Zudem ist die Distributionspolitik für bestehende Sy-steme nur unzureichend. • Bildung von De facto-Standards: Vergleichbar mit dem globalen Software-Markt wird sich die Durch-setzung von Systemen über die Etablierung von De facto-Standards vollziehen [15]. Besondere Bedeu-tung hat hierbei die Realisierung einer adaptiven Systemplattform und umfangreicher Anwendungsmo-dule, aber auch die Installation von Referenzhäusern. Eine dadurch gewonnene Pionierposition ermög-licht den Aufbau hoher Markteintrittsbarrieren für potentielle Wettbewerber, zum einen durch die Schaf-fung eines De facto-Standards und zum anderen durch den Aufbau strategischer Kontakte zu wesentli-chen Beeinflussern und Entscheidern (Installateure, Architekten, Absatzmittler) [12]. • Aufbau geeigneter Vermarktungsstrukturen: Die heutigen Systeme sind vom Endverbraucher meistnur über das Handwerk zu beziehen. Zwar entsteht hier für den Arbeitsmarkt ein erhebliches Potential,aber für eine schnelle Marktdurchdringung ist eine Vermarktung über die üblichen Absatzmittler (Groß-handel, Einzelhandel) wichtig. Eine Vermarktung ausschließlich über das Handwerk kanalisiert die Dis-tribution und nimmt dem neuen Markt die Dynamik. Administrative Betreiberfunktionen, Service undKundendienst geben dem Handwerk trotzdem Chancen, neue Geschäftsfelder und Berufsbilder zu er-schließen. Jedoch sollten consumer products auch für den Einzelhandel bestimmt sein. • Unternehmensübergreifende Kooperationen: Nur aus der Kooperation von Öffentlichen Einrichtun-gen, Forschungsinstituten und Wirtschaftsunternehmen unterschiedlicher Branchen, von Komponenten-herstellern und Herstellern von Netzen über Endgerätehersteller bis hin zu den Anwendungsdienstlei-stern, kann ein umfassendes Heimautomatisierungs-System entstehen. lg ( / )s s0lg ( / )k k0k0kS0slg( / ) = -c lg ( / )k ks s00MaterialkostenBild 10 Degression der fixen Stückkosten [13]
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7 AusblickAuf dem Gebiet des Intelligenten Hauses hat die Zukunft erst begonnen. Insbesondere mittel- und langfristigkann mit einem breiten, derzeit nicht zu beziffernden Umsatz-Zuwachs gerechnet werden. Folgende Gründestehen hierfür an: Zu erwartende Kostendegression aufgrund höherer Stückzahlen; steigende Anforderungenan Sicherheit, Komfort und Energieeinsparung; zunehmende Anteile jüngerer, technikoffener Vertreter derComputergeneration sowohl in der Bauherrengruppe als auch in den verantwortlichen Ebenen bei den Her-stellern, Installateuren und Dienstleistungsanbietern. Während sich Elektronik und die notwendige Software vergleichsweise schnell an unterschiedliche Vernet-zungssysteme anpassen lassen, dauert die Entwicklung geeigneter Sensoren und Aktoren in der Regel deut-lich länger. So sollten in Zukunft die Entwicklung, Untersuchung und Anpassung von Sensoren einen ele-mentaren Forschungsschwerpunkt bilden. Beispiele: kostengünstige und zuverlässige CO2-Sensoren, Anwe-senheitssensoren für ruhende Personen, biometrische Sensoren und medizinische Meßgrößenaufnehmer.Die erfolgreiche Realisierung und Vermarktung von intelligenten Systemen für den privaten Lebensbereich ist eine große Herausforderung. Das gilt nicht nur für die auf diesem Markt vertretenen Unternehmungen, sondern auch für die Volkswirtschaft: Intelligente Hausinstrumentierung kann nicht nur die Lebensqualitätdes einzelnen fördern, sondern schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und unterstützt den Arbeitsmarkt. Literatur [1] H.-R. Tränkler: Zukunftsmarkt Intelligente Hausinstrumentierung, Abschlußseminar zum ProjektVIMP, Neubiberg, 1999, S. 10-15. [2] H.-R. Tränkler: Taschenbuch der Meßtechnik, München, 1996, S. 251. [3] T. Flaschke, M. Reischl, L. Schratt L, H.-R. Tränkler: Sensorsysteme für das intelligente Haus, Mikro-systemtechnik, Chemnitz, 1997, S. 177-183. [4] C. Heite, R. Rosch: Technology and current developments relating to the EIB-Powerline Medium, EIBScientific Conference, München, Oct 1998. [5] S. Herda: Funkwellen statt Kabelsalat, Süddt. Zeitung Nr. 56, 09.03.99, S. V2/16. [6] M. Reischl: Mikroelektronischer Positionssensor, Abschlußseminar des Verbundprojekts VIMP, Neubiberg, 1998, S. 86-91.[7] L. Schratt, F. Derbel, H.-R. Tränkler: Key sensor module and signal processing for Home Automation,Sensor99 Conference, Nurenberg, 1999. [8] F. Schmidt: Drahtlose Sensoren im privaten Haushalt, Abschlußseminar des Projekts VIMP, Neubi-berg, 1998, S. 76-85. [9] H.-R. Tränkler, T. Flaschke, L. Schratt: Emergency Call and Hazard Warning Systems, Intelligent Living, Hanover, 1997. [10] M. Meyer: Intelligente Steckdose - Aufbau und Einsatzmöglichkeiten, Abschlußseminar des Verbund-projekts VIMP, Neubiberg, 1998, S. 116-131. [11] T. Weinzierl: The software concept for Home Automation within VIMP, EIB Scientific Conference,Munich, 1998. [12] T. Flaschke: Schaffung einer Informationsbasis für die Entwicklung eines strategischen Marketing-konzepts für das Intelligente Haus im privaten Lebensbereich, Süddeutsche Hochschule für Berufstäti-ge, Lahr, 1998, S. 43-62. [13] H.-R. Tränkler, E. Obermeier: Sensortechnik, Springer-Verlag, 1. Auflage, S. 18, Berlin, 1998. [14] H. Reichl, J. Pelka, K.-D. Lang, J. Wolf: Visionäre Produkte durch Mikrosystemtechnik, Mikrosy-stemtechnik – Innovationen für das 21. Jahrhundert, Kongreß des VDI/VDE-IT, Bonn, 1999. [15] K. Howaldt: Einen Markt machen - aber wie?, Tagungsband Das Intelligente Haus, Bonn, 1995, S. 33.