Aktie im Fokus
Solaraktien: Schlechte Solon-Zahlen sind kein Trend
von Michael Detering
Die Finanzkrise erreicht die Solarindustrie: Der Modulhersteller Solon hat seine Prognose für das laufende Jahr und für das nächste Jahr deutlich zusammengestrichen, der Aktienkurs ist im Sinkflug. Anlass zur Panik besteht aber nicht. Es gibt genügend Gründe, um für die meisten Solarkonzerne optimistisch zu bleiben.
FRANKFURT. Der Modulhersteller Solon hat trotz eines deutlichen Umsatz- und Ergebnissprungs seine Prognose für dieses und das nächste Jahr deutlich gesenkt. Das vierte Quartal wird deutlich schwächer ausfallen als bisher erwartet. Nachrichten, die an der Börse schlecht ankommen: Mit einem Minus von 13 Prozent auf 20,90 Euro ist die Solon-Aktie am Mittag schwächster Wert im TecDax. Auch andere Solarwerte werden in Mitleidenschaft gezogen: Solarworld verlieren mehr als zwei Prozent, Q-Cells rund vier Prozent und SMA Solar brechen um neun Prozent ein.
Die Prognosesenkung von Solon für das Jahr 2009 war von den meisten Analysten bereits erwartet worden. „Dass nun aber auch die Guidance für 2008 noch gesenkt wird, erschreckt mich“, sagt der Unicredit-Analyst Michael Tappeiner. Dies sei ein Anzeichen dafür, dass die Kreditklemme schneller als erwartet zur Realität geworden sei.
Solon macht den Auftakt für die Quartalsberichte mehrerer Solarunternehmen. Am Donnerstag berichten Phoenix Solar und Q-Cells, am Freitag Conergy und Solarworld. Analysten gehen allerdings davon aus, dass nicht alle Solarunternehmen so stark unter der Finanzkrise leiden werden wie Solon. Mittelfristig wagen sie für die Solarkonzerne sogar einen positiven Ausblick.
Q-Cells im Sog von Solon?
Solon ist nicht nur Modulproduzent, sondern auch Spezialist für solare Großkraftwerke. Gerade dieser Bereich bereitet Probleme. „Um große Solarprojekte zu stemmen, sind starke Finanzpartner nötig. Dieses Marktsegment ist daher von der Finanzmarktkrise besonders betroffen“, sagt Commerzbank-Analyst Robert Schramm. Im vierten Quartal werde sich der Markt abschwächen, ab dem ersten Quartal 2009 werde die Finanzierung dann richtig problematisch. Die Commerzbank hat Solon auf „reduzieren“ gestuft und das Kursziel auf 20 Euro abgesenkt.
Da Solon der größte Kunde des Solarzellenherstellers Q-Cells ist, befürchtet Schramm auch für das Unternehmen aus Thalheim negative Konsequenzen. Stephan Droxner, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), geht ebenfalls davon aus, dass Q-Cells schon für das dritte Quartal „keine spektakulär guten Zahlen“ vorlegen wird. Das liege aber vor allem daran, dass Q-Cells von seinem Vorlieferanten Renewable Energy Corporation (REC) zu wenig Solarwafer erhalten habe, die zur Solarzellenproduktion nötig sind. Die LBBW bleibt für Q-Cells mittelfristig optimistisch und setzt mit einem Kursziel von 100 Euro – das entspricht dem Vierfachen des aktuellen Aktienkurses – auf „kaufen“. Ganz anders schätzt die Commerzbank die Aussichten ein: Ihr Urteil für Q-Cells lautet „halten“, das Kursziel liegt bei gerade einmal 27 Euro.
Besser steht Phoenix Solar da. Der Fachgroßhändler für Solaranlagen wird nach Einschätzung von Commerzbank-Analyst Schramm sehr gut berichten und dürfte seine Prognose für das Gesamtjahr anheben.
Ungeschlagener Favorit der Analysten ist allerdings Solarworld. Der Bonner Konzern bedient vom Rohstoff über den Wafer, die Zelle, das Modul bis hin zur fertigen Solaranlage die gesamte Lieferkette der Solarindustrie. Für das dritte Quartal hat Solarworld bereits vorläufige Zahlen genannt: Der Umsatz wuchs um 47 Prozent auf 238 Mio. Euro, der operative Gewinn um 67 Prozent auf 91 Mio. Euro. Die befragten Analysten sprechen von einem „bombastischen Ergebnis“ und einem „monstermäßigen Quartal“. Ein Großteil des Ergebnisses hat Solarworld im Wafer-Bereich generiert, also weit vorne in der Wertschöpfungskette. Der Druck auf die Marktpreise treffe Solarworld daher nicht so stark wie die meisten Konkurrenten, schätzt Unicredit-Analyst Tappeiner.
Der größte Vorteil von Solarworld sieht Tappeiner aber darin, dass das unternehmerische Wachstum in den nächsten Jahren bereits durchfinanziert sei. „Die Cash-Position und die angelegten Finanzmittel reichen, um bis 2010 eine Verdreifachung der Produktionskapazitäten für Wafer zu stemmen“, sagt der Analyst. Andere Solarunternehmen würden im Zuge der Finanzkrise ihre Ausbaupläne vielleicht nicht finanziert kriegen. „Unserer Meinung nach wird Solarworld daher Marktanteile gewinnen und als Sieger aus der Krise hervorgehen“, sagt Tappeiner. Wie die deutliche Mehrheit der Analysten rät er bei Solarworld zum Kauf, sein Kursziel liegt bei 21 Euro. Aktuell ist die Aktie gut 17 Euro wert.
Sorgendkind der Solarbranche ist und bleibt Conergy: „Die Zahlen werden schlecht wie immer sein“, sagt LBBW-Analyst Droxner. Doch die Zahlen seien eh nicht relevant, fügt er hinzu. „Wichtig ist nur die Frage: Schafft Conergy es, die weitere Finanzierung sicherzustellen oder geht es in Richtung Insolvenz?“ Conergy konnte im vergangenen Jahr nur durch einen Überbrückungskredit vor der Pleite gerettet werden. Der Unternehmensgründer hatte sich bei dem Versuch verhoben, einen Ökomischkonzern aufzubauen. Die neue Unternehmensführung will den Konzern gesundschrumpfen. Die Finanzmarktkrise dürfte das Überleben aber deutlich erschweren.
Positive Aussichten für die Branche
Mittel- und langfristig wagen die Analysten für die Solarbranche trotz der Finanzmarktkrise einen positiven Ausblick. Der Tenor: 2009 wird hart, doch spätestens ab 2010 werden positive Nachrichten die Turbulenzen am Finanzmarkt ausgleichen. Die Hoffnungen sind dabei vor allem auf die USA gerichtet. Der neue Präsident Barack Obama verspricht eine ambitioniertere Umweltpolitik, außerdem hat der US-Kongress kürzlich bereits die Steuererleichterungen für Solaranlagen stark ausgeweitet. Von der Neuregelung profitieren nicht nur Privathaushalte, sondern erstmals auch die Energieversorger. „Das ist eine komplett neue Situation“, sagt Unicredit-Analyst Tappeiner. „Wenn erst zwei oder drei Energieversorger in dem Markt einsteigen, wird es ein riesiges Wachstum geben.“ Die deutschen Solarunternehmen, die zu den Weltmarktführern gehören, dürften davon besonders profitieren. Solarworld rüstet beispielsweise schon auf und errichtet für 500. Mio Dollar eine neue Solarzellenfabrik im US-Bundesstaat Oregon.
Auch LBBW-Analyst Droxner ist optimistisch. Er verweist auf die staatliche Förderung: Solarprojekte blieben dadurch eine sichere Anlageform. Wenn es wirtschaftlich wieder bergauf ginge, werde die Solarbranche als eine der ersten Branchen dazugehören. Am Markt herrsche aktuell Panik. Droxners Überzeugung: „Gute Solarfirmen sind deutlich mehr wert, als der Markt derzeit vorgibt.“
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